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SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER. WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
ERSTER BAND.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFRS UND DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1848.
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DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
ERSTER BAND. Jaurcang 1848. Herr I —V.
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AUS DER ®. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
In COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
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SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
ERSTER BAND.
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SITZUNG VOM 25. NOVEMBER 1847.
IN: chdem, SR Geschäftsordnung gemäss, wegen Abwesenheit des Herrn Classen-Präsidenten das älteste Mitglied, Herr Regierungsrath Prechtl, den Vorsitz übernommen hatte, erklärte die Classe nun- mehr ihre Geschäfte beginnen und regelmässig fortsetzen zu wollen. Der Secretär legte hierauf die bereits zahlreich eingegangenen, in das Gebiet der Classe fallenden Druckschriften vor, deren Titel in dem diesen Berichten angehängten Verzeichnisse aufgeführt sind.
SITZUNG VOM 2. DECEMBER 184%.
Von dem Präsidium der k. k. Hofkammer im Münz- und Berg- wesen war ein Exemplar der, unter des Bergrathes W. Haidinger Leitung am Montanistischen Museum in Wien zusammengestellten „Geognostischen Übersichtskarte der Österreichischen Monarchie” an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften übersendet worden. Der Herr Bergrath sah sich hiedurch veranlasst, zur Erläuterung dieses Werkes Folgendes vorzutragen:
Die Karte wurde im Januar dieses Jahres in dem k. k. militä- risch - geographischen Institute unter der Direetion des k. k. Herrn General-Majors von Skribanek,, nach einer Arbeit von etwas über zwei Jahren, in Tonplattendruck vollendet. Als Grundlage war die Generalstab-Strassenkarte in neun Blättern gewählt, zusammen vier Fuss hoch und fünf Fuss sechs Zoll breit, ohne Terrain, im Mass- stabe von 1/gga000 der Natur, oder 12.000 Klafter auf den Wiener Zoll. Auf diese Karte sind die Gesteinsgrenzen aufgetragen, durch Umdruck auf neun Platten die neuen Steine gewonnen worden, auf welchen die einzelnen Farbentöne angelegt wurden, und von diesen
1*
A Haidinger’s geognostische
endlich zusammen die Exemplare der Karten gedruckt. Man weiss, wie schwierig und mühevoll die Vorbereitung und die Ausführung der bei einem solchen Unternehmen vorkommenden einzelnen Arbei- ten ist. Der Grad des hygroskopischen Zustandes während der vielen aufeinander folgenden Pressarbeiten muss genau beachtet wer- den, dann das Zusammenstimmen der Farbentöne, manche wurden durch übereinander fallende Lagen der Farben gewonnen, endlich das in der vorliegenden Karte wirklich meisterhaft beobachtete ge- naue Übereinstimmen der nach und nach erfolgenden Drucke, das man an den Farbengrenzen so leicht prüft. —
Nieht weniger als sechs und neunzig Tonplatten zu neunzehn verschiedenen Farbentönen waren in dem Verlaufe der Arbeit erfor- derlich. Die genaueste Untersuehung sämmtlicher neun Blätter der Karte wird als Beweis der Aufmerksamkeit gelten können , mit wel- cher die Arbeit vollendet wurde.
Die Karte, wie sie hier vollendet ist, wird immer ein Denkmal der Umsicht und der Anstrengung bleiben, welche der Sections-Chef der lithographischen Anstalt des Institutes, Herr J. Scheda, und in der Ausführung selbst der Chef der Pressen, Herr G. Prokop, un- ablässig bei der Vollendung der Karte bewiesen haben.
Schon vor sechs Jahren wurden die Vorarbeiten zur Karte be- gonnen; damals war es wohl unmöglich vorauszusehen , dass Berg- rath Haidinger, wie er nun erwähnte, den Genuss haben würde, die vollendete Karte der mathematisch-naturwissenschaftliehen Classe der kaiserlichen Ahademie der Wissenschaften in der ersten Sitzung vorzulegen, in welcher wissenschaftliehe Mittheilungen vorkommen sollten. Das erste Exemplar war am 27. November 1846 einer Ver- sammlung von Freunden der Naturwissenschaften 1) vorgezeigt wor- den, aber selbst jetzt sind die Exemplare noch nicht allgemein durch den Handel zu beziehen, sondern nur erst eine Anzahl derselben ist in verschiedenen Richtungen vertheilt worden.
Der verewigte Präsident der k. k. Hofkammer im Münz - und Bergwesen, Fürst August von Lobkowitz, hatte im Frühjahre 1841 die Anregung zur Zusammenstellung der Karte gegeben. Selbst früher war im nieder-österreichischen Gewerbsvereine, z. B. in der
?) Berichte u. s. w. II. S. 29.
Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. 5
allgemeinen Versammlung des Decembers 1840, durch Herrn Escher eine solche Arbeit als wünschenswerth bezeichnet worden. Bergrath Haidinger suchte nun zuvörderst die damals vorliegenden Hilfs- mittel zusammen zu bringen. Fürst Lobkowitz ordnete die Ein- sendung aller jenen Karten an, welche bereits auf den montanisti- sehen Ämtern in den Provinzen vorräthig waren, und die in Bezug auf die Genauigkeit der Grenzen der Gesteine, wo sie angegeben waren, als massgebend betrachtet werden konnten. Auch in der Bibliothek der k. k. Hofkammer im Münz - und Bergwesen waren mehrere Manuseript-Daten vorräthig. Endlich lag in der Literatur für die einzelnen Provinzen höchst schätzbares Material vor, denn bei dem grossen Interesse, das diese Länder der geologischen For- sehung darbieten, waren sie schon längst, vorzüglich von Auslän- dern, untersucht und die Resultate bekannt gemacht worden. Aber wenn auch dort die Namen Leopold von Buch, Buckland, Murchison, Keferstein, Studer, Bou&, Naumann, Cotta, Pusch, Zeuschner, Beudant die ersten und wichtigsten Bei- träge bezeichnen, so waren doch auch viele inländische Forscher mit dem gleichen Eifer der Sache der Wissenschaften hingegeben, ein Lill von Lilienbach, Partsch, v. Rosihorn, Reuss, Unger, Zippe, die Italiener Maraschini, Catullo, Pasini und Andere, der älteren und auch derer nicht zu erwähnen, die ihre Resultate vorzüglich erst nach dem Beginne der Arbeiten an der Karte mitgetheilt haben.
“ Die Übersichtskarte sollte nun zuerst mit den vorhandenen Mit- teln vollendet, und in einem zweiten Zeitabschnitte die nothwendige Verbesserung unternommen werden. Im Herbste 1842 trafen die für den ersten mineralogischen Lehr-Curs von Sr. Excellenz dem k. k. Herrn Hofkammer-Präsidenten, Freiherrn von Kübeck, einbe- rufenen k. k. Bergwesens-Practikanten am k. k. montanistischen Museo ein. Bergrath Haidinger benützte die zum Theil sehr genaue au- toptische Kenntniss dieser jungen eifrigen Männer in den Provinzen, in welchen sie früher den montanistischen Ämtern zugetheilt waren, um durch sie die vorliegenden Angaben in die Karte einzutragen. Es waren vornemlich folgende: Herr Karl Foith, von Deesakna in Siebenbürgen, gegenwärtig k. Salzamts-Controlor in Kolos; Franz von Koiösväry aus Rezbänya, gegenwärtig k. Einfahrer in Ora- vitza; Gustav Faller, von der Schürfung in Kroatien und dem
6 Haidinger’s geognostische
ungrischen Küstenlande, gegenwärtig Schichtmeister in Schemnitz Adolf Hrobony, von Borsa, nun k. k. Eisenwerks-Direetor in Kobolo-Pojana; Franz Weineck von Weyer, nun k. k. Schür- fungs-Commissär in Windisch-Feistriz; Theodor Karafiat, von Schemnitz , gegenwärtig k. Probirer in Offenbänya; Pasqual Rit- ter von Ferro, von Eisenerz, nun k. k. Hammer- und Kohlschaffer in Kleinboden; endlich Herr Franz Ritter von Hauer, gegenwär- tig Assistent am k. k. montanistischen Museum, der noch zuletzt die Revision aller Theile der Karte und die Vergleichung mit den im Ver- laufe der dreijährigen Arbeit neu hinzugekommenen Quellen besorgte.
Bergrath Haidinger glaube, dass der heute in der Classe ausgesprochene Dank für die Bemühungen und Leistungen dieser jungen Männer ihm als Pflicht obliege. Vorzüglich aber mache es ihm die grösste Freude, auf diese und andere wissenschaftliche Lei- stungen seines jungen Freundes, Herrn von Hauer, hinzuweisen; den er in nicht zu langer Zeit in nähere Beziehung zur Akademie gebracht zu sehen hoffe. Einen öffentlichen Dank müsse Bergrath Haidinger hier auch dem k. k. Herrn Hofrathe Grafen Breuner aussprechen, der ihm alle Resultate seiner vielen Untersuchungen mitgetheilt, und ihn. bei der Arbeit überhaupt, wesentlich durch Rath und That, unterstützte. -Näheres auch über die vielen Verbind- lichkeiten, die er noch an andere Personen habe, so wie überhaupt sämmtliche Quellen enthält der der Karte beigegebene Bericht.
Im Frühjahre 1844 konnte Bergrath Haidinger endlich die Karte Sr. Excellenz dem hochverehrten Präsidenten der k. k. allge- meinen und montanistischen Hoefkammer, Freiherrn von Kübeck, vorlegen, dessen nachdrucksvollen Beifalles sie sich erfreute.
Seine Majestät der Kaiser geruhten Allergnädigst zu genehmigen, dass die Karte auf Staatskosten herausgegeben werden solle, und zwar mit der Bestimmung einer ansehnlichen Anzahl von Exemplaren: zur Vertheilung an die k. k. montanisti- schen Ämter in der Hauptstadt und in den Provinzen, während eine andere Zahl für den Bedarf des Publikums übrig bleibt.
Herr Bergrath Haidinger suchte die Farben möglichst der geschmackvollen Auswahl in der schönen v. Deehen’schen Über- siehtskarte anzuschliessen. Die Farbentafel enthält die nachfolgen- den Töne, ausserdem noch durch Buchstaben bezeichnet, damit der Besitzer bei etwaigem Ausbleiechen der Farben oder wenn er
Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. 7
etwa vorziehen sollte, die Töne überhaupt stärker zu haben, das Nothwendige veranlassen könne. Zu diesem Zwecke sind auch die am vortheilhaftesten anzuwendenden Pigmente beigesetzt, wie sie der „Bericht’’ enthält.
Wiener Sandstein Serpentin
Blass röthlichgelb e Karminroth
(Indiangelb) (Karmin, dunkel) Muschelkalk Trachyt
Blassblau Tr Dunkel blaulichgrau (Berlinerblau) (Berlinerblau und Tusche)
Rother Sandstein Röthlich braun Dunkel seladongrün (Venetianerroth) (Grüner Lack)
@® Kohle. Schwarz. MW Salz. Roth. 0 Gyps. Roth.
Basalt
Alluvium, Diluyium Steinkohlengebirg Farblos Ss Dunkel aschgrau (Tusche) Tertıär Thonschiefer, Grauwacke Te Blass apfelgrün Th Blass rauchgrau (Grünspan und Gummigutt) (Bister) Leithakalk Übergangskalk L Berggrün U Hochblau (Chromgrün) (Kobaltblau) Kreide Gneiss, Glimmerschiefer K Blass berggrün Ga Blassroth ins Gelbe (Grünspan und Tusche) (Jodscharlach, sehr hell) Quadersandstein Granit Gelb Gr Blass rosa (Gummigutt) (Karmin, hell) Gosau-Sehichten . | Diorit, Dioritschiefer Go Bräunlich-orange Di Bräunlich grün L (Ochsengalle) (Gummigutt und Tusche) Dolomit Quarzporphyr Do | Perlgrau Hell bräunlich roth (Berlinerblau und Karmin) (Jodscharlach, hell) Alpenkalk Melaphyr Ka Blasshlau M Röthlich perlgrau (Berlinerblau) (Karmin und Tusche)
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Es wurde nun kürzlich auf die Verbreitung der einzelnen Gebirgsarten in den Formationen hingewiesen.
Die zwei Hauptgebirgssysteme, vor Allem das nördliche und das südliche. Jenes begreift Böhmen, und reicht mit seinen Graniten im Süden bis über die Donau hinüber, Mähren, Schlesien, und noch
8 Haidinger’s geognostische
weiter östlich die Ebene Galiziens; in den vielen Einschnitten der Thäler eröffnet. Alle einzelnen Gebirgsformationen schliessen sich genau an die in Norddeutschland, Frankreich, England durchforsch- ten, so wie an die Formationen Russlands an. — Die wichtigsten paläontologischen Arbeiten sind in Böhmen im Gange, die der Her- ren J. Barrande und A. Corda. Auch die grosse mährische Thon- schieferformation verspricht reiche Ausbeute, werth der besonderen Aufmerksamkeit der Akademie, so wie die ostgalizischen, devoni- schen und silurischen Schichten, die Herr Professor R. Kner zu untersuchen begann. “
Die Grenzen dieses Gebirgssystemes bilden ungefähr die nörd- lichen Ränder der Tertiärschiehten des Wiener Beckens, an der östlichen Seite fortgesetzt durch die südlichen Ränder der Alluvionen der grossen norddeutschen und polnischen Ebene.
Die Alpen- und Karpathen-Kette zusammen bilden mit ihren Veränderungen das zweite oder südliche grosse Gebirgssystem.
Die Central-Axe der Alpen besteht aus krystallinischen Schie- fern und wenigen Graniten. Sie gabelt sich an der Grenze von Salz- burg, Steiermark und Kärnten, fällt weiter östlich mehr an Höhe ab, ist sogar durch Tertiärschichten gänzlich bedeckt, und erhebt sich dann in den Karpathen und gegen Siebenbürgen sowohl als in der südlichen Fortsetzung in Slawonien nur in einzelnen Inseln. Das sie- benbürgische Hochland ist von krystallinischen Schiefern umschlos- sen. — Die krystallinischen Schiefer sind beiderseits, aber unter- brochen und ungleich breit, begleitet von wenig krystallinischen Thonschiefern; die obern silurischen Schichten neuerdings in Dien- ten durch Fossilien nachgewiesen. Die grauwackenähnlichen Gesteine von der Stangalpe, von Bleiberg gehören der Kohlenperiode. Hin und wieder rother Sandstein. Zu beiden Seiten folgt nun der mäch- tige südliche und nördliche Gürtel der Kalkalpen , mehr noch im Süden als im Norden, mehr in den Alpen als in den Karpathen entwickelt. Noch weiter von der Axe entfernt folgen nun die Sand- steine mit Fucoiden, schmal an der westlichen Grenze in Vorarlberg, immer breiter gegen Osten, wie vorzüglich in den Karpathen. Jen- seits folgen dann, so wie in den Becken — dem Wiener Becken, dem ungrischen Becken, dem siebenbürgischen Hochland — die Tertiärformationen und die Alluvionen.
Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. k 9
Der Kalkstein, Alpenkalk, ergreift den Muschelkalk, den Jura, die Kreide; der Sandstein, Wiener Sandstein, Karpathensandstein, Flysch, Högl-, Gurnigel-Sandstein u. s. w. begreift Schichten des Keuper, des Grünsandes und Neocomien, endlich der tertiären Molasse. Es war bei der Anlage der Karte so wenig möglich, alle Fundorte genau zu bezeichnen, als es selbst jetzt geschehen könnte, wenn eine schnelle Vollendung einer Karte beabsichtigt würde. Nach den in der Nähe von Wien angestellten Beobachtungen glaubte Bergrath Haidinger den Kalk über den Sandstein stellen zu müssen, den letztern auf die Beobachtungen der Calamiten, Pterophyllen u. s. w. von Wienerbrückel, Gaming, Hinterholz, Pechgraben u. s. w. dem Keuper anreihend. Unzweifelhaft lässt sich die Gosau-Formation mit den Schichten der unteren Kreide parallelisiren, aber es war auch dies nicht durchgängig anzugeben möglich. Überhaupt bleiben hier noch sehr viele Aufgaben zu lösen übrig.
Es wurde ferner noch die merkwürdige Austheilung der abnor- men Gebilde hervorgehoben, der rothen Porphyre im Süden der Alpenkette, der Trachyte im Süden der Karpathen, ‘endlich der Basalte im Süden des Erzgebirges, wo sie in einer Linie quer durch den östlichen Alpenbusen bis nach Siebenbürgen, auch südlich von den rothen Porphyren Tirols; so wie die Austheilung der Salzvor- kommen und der Steinkohlen, von den Schwarzkohlen durch die Alpenkohlen bis zu den Braunkohlen. Auch der Erzformationen und der Mineralwasser wurde gedacht.
Durch die Karte ist nun eine schöne Übersicht gewonnen, freilich wie bei ersten Übersichtskarten dieser Art eine solche, dass jeder Gebirgsforscher in der Regel gerade da, wo er genau bekannt ist, Verbesserungen anzubringen weiss. Um diese für künftige Arbeiten zu benützen, erging auch in dem Berichte die Bitte:
„ich lade alle Freunde der geologischen Kenntniss unseres Landes, welche für die eine oder die andere Art der Ausführun- gen und Verbesserungen (Bestimmung der Grenzen und der Art der Gesteine) Angaben zu liefern vermögen, auf das Angelegent- liehste ein, mir selbe mitzutheilen.”
Dabei erscheint die Karte als ein nothwendiger Schritt, der gemacht werden musste, um Arbeiten vorzubereiten, wie sie gegen- wärtig in allen eivilisirten Ländern theils vollendet, theils noch im Gange sind. So die wundervollen Leistungen der geologischen Landes-
10 Scehrötter. Anträge.
Aufnahme in England, wofür unter der Leitung des berühmten Geologen Sir Henry De la Beche bedeutende Summen verwendet werden, die von Greenough und andern, die schöne Karte von Frankreich von Elie de Beaumont und Dufr&noy, die Arbeiten in Sachsen, Preussen, Russland, den vereinigten Staaten von Nord- Amerika u. s. w. Wohl sei auch in unseren Ländern einiges vorbe- reitet, so wie in Tirol, wo schon die Karte durch den geognostisch- montanistischen Verein nach München in Druck gegeben wurde; in Inner-Österreich, wo der geognostisch-montanistische Verein Herrn von Morlot als Commissär gewonnen hat. In Ungern wurde diesen Sommer unter günstigen Auspicien ein Verein gegründet, und in Böhmen ein neuer Verein besprochen. Aber es sei allerdings noch so viel zu thun übrig, dass die Akademie selbst, deren mathema- tisch-naturwissenschaftlicher Classe hier die Übersichtskarte vorge- legt wird, mit kraftvoller Hand eingreifen muss um alle diese ver- einzelten Bestrebungen aus einem höheren Gesichtspunkte, dem der Wissenschaft, zu verknüpfen, und einem schönen Ziele ent- gegen zu führen.
Die Classe schloss sich der so eben ausgesprochenen Ansicht einstimmig an, und forderte die Herren Partsch und Haidinger ‚zu einem gemeinschaftlichen Vorschlage auf, wie die Akademie zur Förderung des angegebenen Zweckes thätig werden könne.
Professor Schrötter las eine Mittheilung des Professors Nendtvich über den Sand von Olähpian in Siebenbürgen, welcher Nikel, Eisen und Platin als Gemengtheile enthalten soll.
Auf die Einladung der Classe übernahm Herr Custos Partsch die Bericht-Erstattung über diese Mittheilung.
Professor Sehrötter stellte ferner den Antrag, die Classe möge sich bei der Gesammt- Akademie um Bewilligung zur Anschaffung eines genauen Goniometers zu krystallographischen Untersuchungen, wie solehe von den Mechanikern Bötticher und Halske zu Berlin nach Mitscherlich’s Angabe ausgeführt werden, verwenden,
Partsch und Haidinger. Bericht. 11
Derselbe sprach auch den Wunsch aus, dass eine bei dem Mineralien- Händler Dr. Baader vorräthige Quantität Honigsteine zum Behufe chemischer Arbeiten über Honigsteinsäure und deren Salze angekauft werde.
Die Classe genehmigte beide Anträge, und die angesprochenen Ausgaben wurden später von der Akademie bewilliget.
F
SITZUNG VOM 9. DECEMBER 1847.
Die Herren Partsch und Haidinger erstatten über die in der vorhergehenden Sitzung angeregte Unternehmung einer geolo- gischen Karte der Österreichischen Monarchie folgenden Bericht:
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der kais. Aka- demie der Wissenschaften hat uns in der Sitzung vom 2. December den ehrenvollen Auftrag ertheilt, die in Folge der Vorlage von W. Haidingers geognostischer Übersichtskarte der Österreichischen Monarchie gestellte Frage, ob es nun nicht zeitgemäss wäre, weitere Arbeiten in dieser Beziehung zu unternehmen , ausführlich zu besprechen, und sodann den Erfolg unserer Berathung in einem Berichte derselben vorzulegen, nebst den Anträgen, welche sich etwa darauf gründen lassen würden.
Der Gegenstand hat uns so lebhaft seit so vielen Jahren be- schäftigt, er erscheint uns von so ungemeiner Wichtigkeit für die Wissenschaft, aber auch von so allgemeiner Anwendung und Nütz- lichkeit, dass wir heute schon, in der ersten Sitzung nach der, in welcher wir jenen geehrten Auftrag erhielten, bereit sind, diejenigen Betrachtungen zu übergeben, welche unserer Überzeugung zum Grunde liegen, und daran diejenigen Anträge zu reihen, von welchen wir glauben, dass sie zu dem beabsichtigten Zwecke führen werden.
Wir bitten die Classe, ja nicht die Kürze der Zeit etwa als einen Mangel an gehöriger Aufmerksamkeit in der Überlegung der Sache zu erklären, sondern vielmehr aus dem Wunsche, möglichst _ die Arbeit zu fördern, und insbesondere Zeit zu den vielen Vorarbeiten zu gewinnen, welehe von einer so grossen Unternehmung unzer- trennlich sind. Möge es uns gelingen, ein günstiges Urtheil der Classe zu begründen. *
12 Partsch und Haidinger. Bericht über die
Schon die am 2. December vorgelegte Übersichtskarte enthält Arbeiten beider Mitglieder der Commission, deren Bericht hier erstattet wird. Aber die Arbeiten sämmtlicher Forscher konnten bisher nur in einer solchen allgemeinen Übersicht gesammelt werden, die noth- wendig ihrerseits den Wunsch nach weiterer Verfolgung der begon- nenen Arbeiten erregt, und als ein erster Schritt zur Vollendung eines grossen Ganzen gelten kann. So schön der Überblick der Gebirgsformationen in dem ganzen Umfange der Monarchie auf der Karte zum Auge spricht, so ist es doch eben so deutlich, dass die Resultate, wozu die geologische Forschung in so manchen andern Ländern gelangt ist, bereits als ein viel vorgerückterer Zustand der Entwiekelung wissenschaftlicher Kenntniss betrachtet werden muss.
Wir ersuchen die Classe, einen Blick auf die vorliegenden schönen Leistungen von Frankreich und England zu werfen, oder vielmehr nicht bloss Einen Blick, denn es ist unmöglich, hat man sie erst ins Auge gefasst, sich den Genuss längerer Betrachtung zu versagen; die Karte von Frankreich, unter Brochants Leitung begonnen, von Elie de Beaumont und Dufrenoy vollendet; die ersten Blätter der, nach einem noch grossartigeren Plane unter Leitung von Sir Henry De la Beche unternommenen geologischen Landes-Aufnahme von England. Die Schönheit der Blätter wird nur durch den Werth der wissenschaftlichen Resultate übertroffen, welche man ihnen verdankt.
Das Schönste, was geleistet worden, muss stets da als Muster gelten, wo man Arbeiten gleicher Art unternimmt; auch dürfen wir wohl bei der grossen Ausdehnung der Länder unserer schönen Monarehie unser Augenmerk nur auf die Lösung gleich ausgedehnter Arbeiten richten, wie diejenige ist, welche uns selbst vorliegt; daher auch hier die elassischen Arbeiten in Schönheit und Genauigkeit mancher kleineren Länder, wie die von Naumann und Cottain Sachsen, der Vergleichung weniger angemessen erscheinen.
Die Aufgabe besteht eigentlich darin, eine mit Gebirgszeiehnung versehene Karte mit der Angabe der geologischen Gesteinsvorkommen zu verbinden, und sie in einem solchen Massstabe auszuführen, dass sie gleicherweise den Anforderungen der Wissenschaft und der
möglichsten Anwendbarkeit in der Beurtheilung der Beschaffenheit
des Landes entspricht. Sie verbindet die Ergebnisse der Forschungen
in zwei Wissenschaften* der Geographie und Geologie. Eine gute
Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 13
geographische Grundlage bringt mit den geologischen Daten ver- bunden erst das Ganze hervor. Auch die erklärenden Gebirgsdurch- sehnitte dürfen nicht fehlen.
Es würde hier wohl nieht der Ort sein, mit vielen Worten erst den praktischen Nutzen des Unternehmens zu erörtern. Er ist zu handgreiflich und vielfältig besprochen worden und zu allgemein angenommen, als dass es hier auch nur schicklich wäre. Auch liegt eine einfache praktische Richtung für die Anwendung der Wissen- schaft nicht in der Stellung der kais. Akademie. Ihr ist dagegen das Interesse der Wissenschaft selbst überwiesen, die Erweiterung derselben, die wir insbesondere noch hier in unserer Arbeit der Vorsehung schuldig sind, die uns diese schöne grosse Monarchie zum Vaterlande gegeben.
Das Bedürfniss einer geologischen Kenntniss des Landes ist jedem Bewohner angeboren. Das Eigene wird untersucht, das Fremde bereist. Wenn aber dem Menschen überhaupt die Kenntniss des Erdkörpers als unabweisliche Pflicht der Forschung erscheint, wie vielmehr noch jenen einzelnen Abtheilungen der menschlichen Gesell- schaft, wie sie zusammen Ein Land bewohnen. Bei den eigenthüm- lichen Verhältnissen der verschiedenen Provinzen des Österreichi- schen Kaiserstaates war auch die Entwiekelung dieser Forschungen provinziell. Den Ständen von Nieder-Österreieh gebührt die Ehre, zuerst, und zwar bereits vor 24 Jahren, die Nothwendig- keit einer geognostischen Landesdurchforschung erkannt zu haben, und dass sie es waren, welche die ersten dahin zielenden Unter- suchungsreisen von einem der Berichterstatter vornehmen liessen. Drei Jahre später wurde demselben von Seite der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen, der damals als Vice-Präsident der Frei- herr von Pillersdorff vorstand, auch eine Mission zur geogno- stischen Erforschung Siebenbürgens zu Theil. Diese Reisen lieferten zahlreiche Materialien, wovon einige der Öffentlichkeit übergeben worden sind, andere aber wegen Unzulänglichkeit der zu diesen Untersuehungsreisen verwendeten Zeit und der Geldmittel, die der Ausführung zugestanden waren, zwar nicht zum Abschlusse kamen, aber weiterer Anwendung offen stehen, und zum Theil auch bereits im Privatwege vielfältig benützt worden sind.
Die geognostische Übersichtskarte der Monarchie war die Folge einer Central-Anstalt, des k. k. montanistischen Museums. Mehrere
14 Partsch und Haidinger. Bericht über die
Privatgesellschaften, denen aber die ersten Männer der Monarchie angehören, sind seit einigen Jahren ins Leben getreten, um das oben erwähnte Bedürfniss zu befriedigen. Wir dürfen es uns nicht versagen, hier dankend zu erwähnen, dass es unser eigener hoher Curator war, der den Verein zur geognostisch-monta- nistischen Durchforschung von Tirol und Vorarlberg gegründet. Ein ähnlicher ist nun in Inner-Österreiech thätig. Zu einem dritten wurde vor ein Paar Jahren in Böhmen der Grund gelegt. Der vierte Verein dieser Art verdankt seinen Anfang der diesjährigen Versammlung der ungrischen Naturforscher und Ärzte in Ödenburg.
Das einem jeden dieser Vereine als Aufgabe vorliegende Gebiet begreift nur einen Theil der Monarchie, manche Theile derselben gehen ganz leer aus. Vieles wurde wohl auch von einzelnen Forschern untersucht, aber die Kraft, die Alles aus einem höheren Standpunkte vereinigt, und wie aus einem Gusse vollendet, kann man von keinem Einzelnen, von keinem Theilvereine erwarten. Ein schönes, geregeltes Zusammenwirken ist dazu erforderlich, dessen Vermittelung gewiss der hohen Stellung der k. k. Akademie der Wissenschaften würdig ist. Die Zusammenstellung, Sichtung, Fortsetzung aller dieser Anfänge muss eigenen Individuen anvertraut werden, deren Sorge die Gegenstände selbst überlassen bleiben. Hier würde die Akademie durch Veranlassung unmittelbarer Arbeit wirken, so wie sie durch Anerkennung, Förderung und Benützung der bereits geleisteten Arbeiten die Stellung einer Beschützerinn des bestehenden Werthes einnimmt. Eine weit verzweigte Vermittelung würde ihr aber erst das vollständige Gelingen des Unternehmens sichern.
Förderung fremder Arbeit, Unternehmung eigener Vorarbeiten, und Veranlassung und Vollendung der Karten selbst, sind also die drei Abtheilungen, innerhalb welcher wir die Classe bitten, uns in der Ordnung derselben ihre geneigte Aufmerksamkeit zu schenken, um darauf die Anträge zu begründen, die überall unmittelbar ange- reiht werden sollen.
1. Förderung fremder Arbeit. Die kais. Akademie der Wissenschaften tritt mit ihrem ersten Einwirken in das Leben ein. Es ist nicht unwichtig, dass sie sogleich durch thatkräftige Zeichen beurkunde, dass sie einen warmen freundlichen Antheil auch an jenen Leistungen in der Wissenschaft nimmt, die vor ihrem Beste-
Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 15
hen begonnen, ohne ihre Einwirkung fortgeführt werden würden, aber gewiss nicht ohne den Wunsch, dass sie zu besserem Gedeihen behilflich gewesen wäre. Es bezieht sich dies vorzüglich auf die im Vorhergehenden erwähnten geologischen Vereine. Eine kleine Bewilligung etwa von 100 fl. jährlich für jeden würde ohne Zweifel die gewünschte Wirkung hervorbringen.
2. Eigene Vorarbeiten. Unter diese Abtheilung glauben wir diejenige Art der Wirksamkeit der Akademie stellen zu müssen, welche die Verbindung aller speciellen Arbeiten vom Anfange bis zur Vollendung des Unternehmens sichert, nämlich die Leitung des Gan- zen durch Individuen, welche die dazu nothwendigen Kenntnisse besitzen, und sonst die wünschenswerthen Bürgschaften für eine künftige Durchführung des Unternehmens bieten. Alle Umstände vereinigen sich, um hier insbesondere zwei junge Männer zu nennen, die durch bereits geleistete Arbeiten und genaue Bekanntschaft mit den allgemeinen geologischen Verhältnissen der Monarchie, bei der wünschenswerthen Jugendkraft und längst erprobter Hin- gebung für die Wissenschaft und die Pflichten ihres Amtes, vor- zugsweise der Aufgabe gewachsen erscheinen, nämlich die Herren Dr. Moriz Hörnes, Assistent am k. k. Hof - Mineralien - Cabi- nete und Franz Ritter von Hauer, Assistent am k. k. montani- stischen Museo.
Eine sehr wünschenswerthe Vorbildung zu dem in Aussicht gestellten Zwecke für beide Herren ist jedoch die, dass sie selbst mit eigenen Augen diejenigen Gebirgsformationen in ihren Lagerstätten gesehen haben sollten, welche mit den in der Monarchie vorkommen- den gleichartig, aber anderwärts vorzüglich in Frankreich und Eng- land, bereits genauer untersucht und besser bekannt sind. Eine wohl durchdachte und vorbereitete Reise von einem Sommer würde zu diesem Zwecke genügen. Wir würden gerne nicht nur die vortheil- hafteste Reiseroute auswählen und mittheilen, sondern auch durch unsere Verbindungen die freundliche Aufnahme von den Geologen Frankreichs und Englands erleichtern. f
Eine zweite Reise-Aufgabe wäre, genau die mannigfaltigen An- stalten kennen zu lernen, welche in jenen Ländern zu dem Zwecke eingerichtet sind, und die Erfahrungen zu sammeln, die bei den jahrelang dauernden Fortschritten der Arbeiten gemacht wurden. Eine gedruckte Nachricht über die Arbeiten in England von Herrn
16 Partsch und Haidinger. Bericht über die
Professor Favre) liegt hier vor; eine kurze Darstellung des Ver- fahrens in Frankreich ist in dem Berichte zur geognostischen Über- sichtskarte der österreichischen Monarchie enthalten. Aber keine der Bekanntmachungen durch die Presse, keine brieflichen Mitthei- lungen können die Nachrichten ersetzen, welche der Reisende durch Nachfragen an Ort und Stelle gewinnt. Das Verfahren der Arbeit im Felde verdient in England insbesondere die grösste Aufmerksamkeit.
In den französischen Arbeiten finden wir übrigens als ersten Schritt zum ernstlichen Beginn der Arbeit, dass Brochant selbst, in Begleitung der beiden späteren Hauptarbeiter, Elie de Beau- mont und Dufr&noy nach England gesandt wurde, um dort die Vergleichungspunkte für die ferneren Aufgaben zu studiren. Weit mehreres ist gegenwärtig, seit zwanzig Jahren, in den beiden Län- dern geleistet, dem wir uns nun anschliessen können.
Es wird keine Lust- oder Erholungs-Reise sein, sondern eine Reise voll geistiger und körperlieher Anstrengung, voll von Erfolgen in der spätern Anwendung auf die Arbeiten an der Karte. Die Kosten für jeden der beiden Theilnehmer dürften auf 1000 fl. Conv. Münze angeschlagen werden, also zusammen auf 2000 fl. Der beste Zeit- punkt der Abreise wäre der Anfang des Monats Mai. In der Bewilli- gung dieser Summe würde die wichtigste der eigenen Vorarbeiten der Akademie bestehen.
3. Arbeiten für dieKarte. Einen kurzen Abriss des Pla- nes, wenn auch nur ganz im Allgemeinen, ist es uns jetzt schon möglich, der Classe darzulegen. Er besteht in Folgendem:
1. Der Massstab der Karte wird bestimmt. Die Unkosten für die den geologischen Untersuchungen und den Bekanntmachungen bestimmten Blätter werden berechnet. Daraus ergibt sich die Fest- stellung der geographischen Grundlage.
2. Die Landesuntersuchung beginnt mit der Würdigung des bereits vorhandenen wissenschaftlichen Materiales und der Verknü- | pfung desselben zur Herausstellung gewisser leitender Fragen, die , bei der ferneren Bearbeitung berücksichtigt werden müssen.
3. Übersichtsreisen zur Verfolgung einzelner zusammengehöri- | gen Gebilde reihen sich an. y
1) Aus den Berichten über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissen- i schaften. Von W. Haidinger, III, p. 29.
Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 17
4. Die eigentliche Begehung im grössten Detail wird nach der gewonnenen Übersicht in grösseren und kleineren, bereits wissen- sehaftlich begrenzten Bezirken der Reihe nach vorgenommen.
5. Die mineralogische und chemische Untersuchung der Ge- birgsarten, die paläontologische der Fossilreste hält gleichen Schritt mit der geologischen Untersuchung der Vorkommen in der Natur.
6. Während dieser Arbeiten wird dafür gesorgt, dass die Mo- nographien der erhaltenen Ergebnisse fortwährend durch den Druck bekannt gemacht werden.
Es ist wohl aus den hier verzeichneten einzelnen Aufgaben augenscheinlich, dass die Arbeit nicht sämmtlich von den zwei oben- genannten Individuen vollendet werden kann. Wir werden selbst gerne in der Leitung der Arbeiten thätig sein, aber es wird sich auch das Bedürfniss herausstellen, zahlreiche Theilnehmer in allen Gegenden des Landes heranzubilden und zu benützen. Jüngere Kräfte werden dann in Anspruch zu nehmen sein, die selbst wieder vielleicht in späteren Zeiten der besonderen Aufmerksamkeit der Aka- demie sich würdig zeigen werden. Die Arbeit muss überhaupt mög- lichst auf eine solehe Art fortgeführt werden, dass sie auch da anre- gend wirkt, wo man sonst nur Theilnahmslosigkeit gefunden hätte. Man soll nicht nur die Arbeit leisten, sondern auch den Geist der Forschung anregen.
4. Benützung der Arbeitskräfte des Landes zur Vollendung der Karte. Die Aufzählung der Arbeiten, die Ver- gleichung mit den Anstrengungen anderer Länder zeigt wohl hinläng- lich, dass die kais. Akademie der Wissenschaften, nebst der Über- nahme eines Theiles der Arbeiten für sich selbst, doch auch noch des freundlichen Zusammenwirkens mächtiger Kräfte bedarf, um die grosse Aufgabe der Vollendung entgegen zu führen. Aber hier zeigt sich eben der schöne Zweck des Zusammenlebens einer grossen Staatsgesellschaft, wo, würdig der Vorreehte des menschlichen Ge- schlechtes, jeder Einzelne, jede Theilverbindung nach ihren Kräften das Gute fördert.
Es ist natürlich, dass in der Ausführung der Arbeiten und der Möglichkeit der Benützung vieler Individuen das k. k. Montani- stieum vielfach unterstützend und fördernd eintreten kann. Wir glauben nicht erst nöthig zu haben, viele Worte darüber zu machen, dass dasjenige auch bei einer Einladung der kais. Akademie der
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. T. Bd. 2
18 Partsch und Haidinger. Bericht über die
Wissenschaften geschehen wird, was man bereits den geologischen Privat-Vereinen angedeihen liess. Hat doch durch die Sorgfalt des Chefs der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen, Sr. Excellenz des Freiherrn von Kübeck, die wissenschaftliche Central-Anstalt dieser hohen Stelle, das k. k. montanistische Museum, denjenigen Auf- schwung genommen, der es möglich machte, dass von ihr die wich- tige Vorarbeit der geognostischen Übersichtskarte der österreichi- schen Monarchie ausgehen konnte.
Aber gerade bei dieser Karte hat sich auch die Bereitwillig- keit des k. k. Hofkriegsrathes unter der Leitung Sr. Excellenz des Herrn Grafen von Hardegg bewährt, zur Ausführung des Nützlichen freundlich die Hand zu bieten. Die Frage der Karten würde auch hier wieder viele Beihilfe wünschenswerth machen.
Während die zwei Reisenden von der kais. Akademie ausgesen- det werden, um die genauesten Daten über die Vollendung jener sehönen französischen und englischen Karten zu sammeln, würden wir beide gerne thätig sein, durch Verständigung und Berathung mit Geographen , Geologen und Montanistikern des Inlandes die grösste Masse des positiven Wissens , der Theilnahme an der Aufgabe und der sachgemässen Rathschläge für die Erleichterung der Arbeiten zu vereinigen. Wir zählen zu diesen vornehmlich, obwohl nicht in Wien, unsere verehrten Collegen, die Professoren Zippe und Un- ger, in Wien selbst die k. k. Herren Hofräthe, den Grafen August Breuner und den Central-Bergbau-Direetor M. Layer, den k.k. Herrn General-Major von Skribanek und den k. k. Herrn Obersten von Hauslab. Wir haben den trefflichen Dr. A. Boue, den ge- nauen Kenner, dem wir die erste Beschreibung und Bekanntmachung so vieler Beobachtungen in unserer Monarchie verdanken, der den ersten Versuch einer geologischen Erdkarte gemacht hat. Die italieni- schen Forscher, de Zigno, Pasini, Curioni, würden wir zur Theilnahme einladen, und auch nieht versäumen, die wünschens- werthe Verbindung mit den wirkenden Männern der Privatvereine, Dr. Stotter für Tirol und Vorarlberg, insbesondere Herrn von Morlot für Inner-Österreich u. s/ w. herzustellen. |
Es lässt sich vorhersehen, dass am Schlusse des Jahres 1848 der ausführliche Plan der Unternehmung selbst vorgelegt werden könnte, dann erst wird es möglich sein, über die wahrscheinlichen Kosten des ganzen Unternehmens, so wie über die Vertheilung |
Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 19
derselben auf eine Reihe von Jahren zu berichten, aber auch in dem Antrage derselben sich den Verhältnissen zu bequemen, die als massgebend angenommen werden müssen.
Anträge. Wir bitten die Classe,, die vorhergehende Entwicke- lung des wahren Bedürfnisses sowohl, als auch die Mittel und das Verfahren zur Befriedigung desselben, einer freundlichen nähern Be- trachtung zu unterziehen. Für günstige Entscheidung schliessen wir die zur Schlussfrage zu stellenden Anträge an, auf deren Bewilligung wir einrathen.
1. Die kais. Akademie der Wissenschaften bewilligt jedem der vier geologischen Vereine in der österreichischen Monarchie einen jährlichen Beitrag von 100 fl. €. M.. nämlich: dem Vereine zur geognostisch - montanistischen Durchforschung von
Nirol»und: Vorarlberg‘, Jährlich... 2.” +4%....-,24100- 2. » geognostisch - montanistischen Vereine für Inner-
Österreich und das Land ob der Enns, jährlich . 100 . » geologischen Vereine in Böhmen, jährlich EERERE RE 100 , » geologischen Vereine in Ungern, jährlich I RER IR
Summe 400 ll. 2. Die kais. Akademie der Wissenschaften trägt dem Assisten- ten am k. k. Hof-Mineralien-Cabinete, Doctor Moriz Hörnes und dem Assistenten am k. k. montanistischen Museo, Franz Ritter von Hauer, die Unternehmung einer wissenschaftlichen Reise nach den Instruetionen der kais. Akademiker P. Partsch und W. Hai- dinger auf, und bewilligt an Reisebeitrag Besen Woctor M. Hörnes. . . .„ .....9,.9.7 10001. Herrn Franz Ritter von Hauer . . . ....1000
Ei]
Summe . 2000 fl. C.M.
Die kais. Akademie der Wissenschaften wendet sich wegen Be- willigsung eines halbjährigen Urlaubs , vom 1. Mai 1848 an, an die eompetenten hohen Behörden.
3. Die kais. Akademie der Wissenschaften überträgt an die Akademiker P. Partsch und W. Haidinger die Abfassung eines Berichtes über die vortheilhafteste Ausführung einer geologischen Karte der österreichischen Monarchie, in einer dem Stande der Wissenschaft entsprechenden und der österreichischen Monarchie würdigen Gestalt, welcher mit den darauf bezüglichen Anträgen im
p2 =
20 Hyrtl. Beitrag zur vergleichenden Angiologie.
Winter 1848—1849 der kais. Akademie der Wissenschaften vorzu- legen ist. |
Die kais. Akademie ermächtigt die beiden Akademiker, die noth- wendigen Vorberathungen mit den obengenannten oder anderen Per- sonen in ihrem Namen zu pflegen.
Sämmtliche Anträge wurden von der Classe genehmigt, und später von der Gesammt-Akademie gutgeheisen.
Professor Doetor Hyrtl legte eine Abhandlung vor, welche den ersten Beitrag zur vergleichenden Angiologie ausmacht, worüber derselbe eine ausgedehnte Arbeit, deren Resultate in Fortsetzungen nachfolgen werden, unternommen hat.
Der Inhalt dieser ersten Abhandlung betrifft die von dem Herrn Professor aufgefundenen Nasalwundernetze der Wiederkäuer und Pachydermen. Sie gehören jenen Wänden der Nasenhöhle an, in welchen sich die Tastnerven des Quintus verästeln: Unterer Theil . der Nasenscheidewand, Boden und Seitenwand der Nasenhöhle, so wie untere Nasenmuschel. Das Siebbeinlabyrinth bleibt von Wunder- netzbildungen frei. Die Nasalwundernetze sind Erzeugnisse der Art.
sphenopalatina, welche bei den genannten Thiergattungen auffal-
lend stark gefunden wird. Die Arten, bei welchen die Wundernetze beobachtet wurden, sind: Ovis aries, Capra hircus, Cervus elaphus, dama und capreolus , Antilope rupicapra, Bos tau- rus, Sus scrofa domestica. Nach den Spuren zu urtheilen , wel- che die Wundernetze auf den von ihnen bedeekten Knochen zurück- lassen, dürfte ihr Vorkommen eine allgemeine Regel in der Ordnung der Wiederkäuer sein.
Die Classe beschloss den Druck der Abbandlung für die Denk- schriften.
Herr Custos Partsch erstattet folgenden Bericht über die
S. 114 erwähnte Mittheilung des Herrn Professors Nendtvich.
In der Sitzung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe | am 2. December las das Mitglied derselben, Herr Prof. Schrötter |
Partsch. Bericht über den goldführenden Sand von Olähpian, 21
einen Aufsatz vor, den ihm der gegenwärtig in Wien verweilende Doctor Nendtvich, Professor der Chemie am technischen Insti- tute in Pesth, der wissenschaftliehen Welt dureh mehrere chemi- sche Untersuehungen vortheilhaft bekannt, zur Mittheilung an die kaiserliche Akademie übergeben hatte, Dieser Aufsatz führt die Auf- sehrift: „Über die Wichtigkeit des Olähpianer Sandes in Siebenbür- gen,” und macht vorzugsweise auf die angebliche Auffindung von gediegenem Eisen und Platin in diesem Sande aufmerksam. Da der Berichterstatter die Olähpianer Gegend aus eigener Anschauung kennt, hat die Classe ihm aufgetragen, ihr seine Ansicht über den vorgelesenen Aufsatz mitzutheilen.
Der Aufsatz des Professors Nendtvich bespricht zuerst den Um- stand, dass in dem Schliche, oder den schweren Rückständen des goldführenden Sandes von Olähpian mit den Granaten, dem Titan- Eisen u. s. w. häufig auch kleine Splitter von regulinischem Eisen gefunden werden, von denen man glaubte, dass sie von den eiser- nen Instrumenten herrühren, deren man sich zum Graben und Wa- schen des Sandes bedient. Doctor Karl Böor, Apotheker in Pesth, unterzog, von einigen Freunden der Naturgeschichte daselbst darauf
aufmerksam gemacht, diese Eisensplitter vor zwei Jahren einer ge- naueren Untersuchung, in Folge deren er zuerst die Vermuthung aus- sprach , dass sie dem Sande ursprünglich angehören. — Kürzlich wurde der Gegenstand in der Gesellschaft ungrischer Naturforscher zu Pesth von Neuem angeregt und Apotheker Molnär daselbst be- auftragt, den Sand von Olähpiän einer genauen Prüfung zu unter- werfen. — Die Resultate dieser Untersuchung hat Herr Molnär im verflossenen Monate October der obengenannten Gesellschaft mit- getheilt. — Herr Nendtvich, ebenfalls ein Mitglied dieser Gesell- schaft, machte sie der mathematisch - naturwissenschaftlichen Classe: der k. Akademie bekannt. Diese Resultate bestehen wesentlich in Folgendem :
1. Die Splitter und Stückchen regulinischen Eisens im Sande von Olähpian sind keineswegs Bruchstücke von Eisengeräthschaften sondern selbstständige dem Sande ursprünglich angehörige Körper. Als Beweis für diese Behauptung wird in dem Aufsatze des Herrn Nendtvich die unter dem Mikroskope angeblich zum Vorschein kom- mende krystallinische Form, verbunden mit krystallinischem Gefüge, angeführt. Herr Nendtvich fügt diesem aus eigener Beobachtung
22 Partsch. Bericht über den
noch den Umstand bei, dass die Eisensplitter an ihrer Oberfläche jene flimmernden Blättehen tragen, die das gediegene Eisen von Arva auszeichnen.
2. Die chemische Untersuchung lieferte Herrn Molnär das über- raschende Resultat, dass in diesem Eisen Nikel enthalten ist, also jener Bestandtheil, welchen wir, wie sich Herr Nendtyich ausdrückt, als charakteristisches Merkmal des Meteor-Eisens anzusehen gewohnt sind. Herr Nendtvich hält diesen Umstand (den Nikelgehalt des Eisens) für sehr wichtig und von grossem Interesse für die Wissen- schaft. Er folgert nun: da das Eisen von Olähpian unzweifelhaft tel- lurischen Ursprungs ist, dasselbe aber Nikel enthält, so wird das Criterium des kosmischen Ursprungs der auf der Oberfläche unserer Erde gefundenen Gediegen-Eisen-Massen aufgehoben, und es dürfte daher vieles Eisen, welches bisher für meteorisch gehalten wurde, namentlich das bei Arva in Ungern gefundene, kein solches sein.
3. Der Olähpianer Sand ist noch in einer anderen Beziehung von hohem Interesse. Herr Molnär hat nämlich darin Blättehen und kleine Flimmer gefunden, die nach der chemischen Reaction alle charakteristischen Merkmale von Platin an sich trugen. Es sei dadurch die alte Vermuthung, dass Siebenbürgen Platin besitze, zur. Wahrheit geworden.
Am Schlusse seines Aufsatzes fügt Herr Nendtvich noch die Äusserung bei, dass es interessant wäre, die Beziehungen auszumit- teln, in welchen der Sand von Olähpian zu dem der Seifenwerke des Urals steht; in beiden habe man nun Gold, Platin und Eisen gefunden.
Auch wäre es, wie er meint, wünschenswerth, das gediegene Eisen zu untersuchen, das in Gesellschaft mit dem Platin im Ural gefunden wird, indem zu vermuthen ist, dass es, gleich dem von Olähpian, Nikel enthalte.
Ihr Berichterstatter hat nun die Pflicht, seine Ansicht über diese scheinbar sehr interessanten Mittheilungen anzusprechen. Vor allem muss er bemerken, dass es nicht möglich ist, über Unter- suchungen abzuurtheilen , deren materielle Ergebnisse, hier das gediegene Eisen und Platin, der Beurtheilung nicht vorliegen. Das erstere, nämlich das gediegene Eisen. betreffend, hält man sowohl in Olähpian als auch am Ural, das in dem 'gewaschenen Goldsande vorkommende metallische Eisen für künstliches.. GustavRose sagt darüber in seiner Reise nach dem Ural (Bd. 1. S. 161): „Wer
goldführenden Sand von Olahpian. 23
die Art gesehen, wie am Ural der gold- und ebenso der platinhaltige Sand gewaschen wird, kann über den Ursprung der Schüppchen metallischen Eisens, die man in diesem Sande gefunden hat, nicht zweifelhaft sein. Man kann wohl ohne Bedenken annehmen, dass es Stückchen Eisen sind, die sich von den Krücken beim Wa- schen des Goldes abgestossen haben.”’— In dem über meine Reise nach Siebenbürgen geführten Tagebuche finde ich angemerkt, dass man in den Olähpianer Seifen beim Waschen zuweilen Fragmente eiserner Instrumente, Münzen, Menschen- und Thierknochen findet. Die früher aufgeführte Untersuchung der Eisensplitter aus dem Olähpianer Sande unter dem Mikroskope, an welchen man Krystall- gestalt und Theilbarkeit, ja sogar die dem Arväer Eisen eingemeng- ten flimmernden Blättehen, nämlich den Schreibersit, nach Herrn Patera’s Untersuchung eine Verbindung von Eisen und Nikel mit Phosphor, entdecken wollte, scheint wohl nur eine täuschende, wie eine solche bei Splitterehen undurchsichtiger Mineralien leicht mög- lich ist, gewesen zu sein. Zur Bestimmung einer mineralogischen Species sind noch andere Untersuchungen nöthig.
Was den angeblichen Nikelgehalt des im Olähpianer Sande gefundenen Eisens betrifft, wo würde dieser Umstand, wenn er sich bestätigte, grosse Aufmerksamkeit verdienen. Es darf hier wohl angeführt werden, dass Herr Patera einer Gesellschaft von Freun- den der Naturwissenschaft in Wien die Mittheilung machte, dass er in einer Partie ausgewaschenen Sandes von Olähpian im k. k. montanistischen Museum zwar Eisensplitter, in diesen aber kein Nikel fand. Dieses Ergebniss bestreitet übrigens nicht die Richtig-
‚keit der Untersuchung mit einer anderen Partie Olähpianer Sandes.
Die Schlussfolgerungen aber, die Herr Nendtvich aus dem angeb- lichen Nikelgehelt des Olähpianer Eisens zieht, sind ganz unrichtig. Die Identität des unzweifelbar auf unsere Erde niedergefallenen Meteoreisens von Agram in Croatien, mit anderen auf der Ober- fläche der Erde gefundenen nikelhältigen Eisenmassen, ist erwiesen. Dass solche Eisenmassen zuweilen, wie bei Arva in Ungern und bei Petropawlowsk in Sibirien, in letzterer Gegend namentlich in einer Goldseife in einer Tiefe von 31 englischen Fussen gefunden worden sind, beweiset weiter nichts, als dass das Niederfallen dieser Eisen- massen in der Diluvial- oder in einer vordiluvianischen Periode statt- gefunden hat. Das sibirische von Petropawlowsk (siehe Erman’s
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2A Partsch. Bericht über den goldführenden Sand von Olahpian.
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, Bd. 1, S. 314) ent- hält wie das Arväer Eisen-Nickel, und gleicht, wie man an dem im k. k. Mineralien-Cabinete davon befindlichen Stücke sehen kann, in allen Kennzeichen, namentlich den Widmannstättischen Figuren dem unzweifelhaften Meteor-Eisen von Agram. Man kann hier fragen: „Wie ist das unzweifelhafte tellurische gediegene Eisen beschaffen ?” Wo ist aber ein solches zu sehen? Welche Sammlung besitzt eines? „In allen alten Lehr- und Handbüchern der Mineralogie, ja selbst auch in einigen neueren spukt es herum, und zwar in desto srösserer Anzahl, je älter diese Bücher sind; da findet es sich zu Allemont in Frankreich, zu Platten in Böhmen, zu Grosskamsdorf in Sachsen, in Schlesien, Steiermark, Salzburg, Bayern, im Jüli- chischen und Hackenburgischen, in Norwegen, auf Island u. s. w. Einiges davon, wie das, schon in Marggraf’s Besitz gewesene Eisen von Steinbach bei Eibenstock in Sachsen, das Eisen von Guildfort in Nord-Amerika ist später, auf unabweisbare Analogien gestützt, als Meteor-Eisen erkannt worden. Das tellurische Gediegen-Eisen von Canaan im nordamerikanisehen State Connectieut, das zwischen Glimmerschiefer vorkommen soll, ist nicht reines gediegenes, mit dem speeifischen Gewichte von 7,4 bis 7,9, sondern eine Verbindung von Eisen und Kohle, mit einem specifischen Gewichte von 6,7; es constituirt daher, wenn sein Vorkommen ausser Zweifel gestellt wird, wohl eine eigene Species, ebenso wie das von Berzelius erwähnte eisenreiche Platin vom Ural, Breithaupt’s Eisen-Platin, mit einem speeifischen Gewichte von 14,6 bis 15,7. Das tellurische gediegene Eisen, das in kleinen Flimmerchen im schwedischen Cerinstein und in Schwefelmetallen in Amerika eingesprengt vor- kommen soll, ist von einzelnen Chemikern nur durch chemische Reaction, nicht aber durch eine naturhistorische Untersuchung als solehes erkannt worden, bedarf daher noch weiterer Bestätigung. In dieser Art des Vorkommens, in festen, den äusseren Einflüssen unzugänglichen, die Schuppen oder Flimmer umhüllenden Gesteinen ist übrigens die Erhaltung des Eisens in kleinen Parcellen leicht denkbar; dagegen in hohem Grade unwahrscheinlich, dass sich solche in dem so leicht durehdringlichen Sand- und Schuttlande seit der vorhistorischen Zeit erhalten haben sollten; eine Schwierigkeit,
die selbst Herr Nendtvich in seinem Aufsatze erwähnen zu müssen glaubte.
Sehrötter. Allotropischer Zustand des Phosphors. 5
Was endlich des Letzte der oben angeführten Resultate betrifft, zu denen Herr Molnär gelangt zu sein vorgibt, nämlich das über- raschende Aufünden von Platin in dem Olähpianer Sande, so lässt sieh nur der Wunsch ausdrücken, dass das Produet dieser glückli- chen Scehlemmung (eine andere am montanistischen Museum durch Herrn Kopetzki mit dem Olähpianer Sande vorgenommene Schlemm- probe gab keinen Erfolg) zur Ansicht und Untersuchung vorgelegt werden möge. Einleitungen dazu hat Herr Nendtvich selbst getroffen. Erst wenn die Gegenstände der Frage angelangt sein sollten, wird man darin weiter gehen können.
Der Berichterstatter macht den Antrag, die Sache bis dahin ruhen zu lassen. Hinsichtlich der am Schlusse des Nendtvich’schen Aufsatzes berührten wünschenswerthen Ausmittelung der geologi- schen Beziehungen des goldführenden Sandes von Olähpian zu den Seifenwerken des Urals behält der Berichterstatter sich vor, über die siebenbürgische Lagerstätte, da diese in geologischer Hinsicht fast unbekannt ist, der Akademie in einer der nächsten Sitzungen einen besonderen Bericht abzustatten. Aus diesem wird die Verschieden- heit ersichtlich werden, die auch in geologischer Beziehung zwischen beiden Lagerstätten stattfindet.
Professor Schrötter liest folgenden Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Arbeit: „Über einen neuen allotro- pischen Zustand des Phosphors.”
Es ist eine seit langer Zeit bekannte Thatsache, dass der Phosphor, der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt, eine rothe Farbe annimmt. Die Ursache dieser Veränderung wurde bisher eben so wenig untersucht, als die näheren Umstände, unter welehen sie vor sich geht. Berzelius schreibt dieselbe einem Übergange des Phosphors in einen andern allotropischen Zustand zu, während viele andere Chemiker den rothen Körper für Phosphoroxyd halten.
Ich wurde im Juni des Jahres 1845 veranlasst, diese Verhält- nisse näher zu studiren, und fing damit an, zu untersuchen, ob die durch das Licht bewirkte Veränderung in verschiedenen gegen den Phosphor indifferenten ganz trockenen Gasen, also bei vollkomme- nem Ausschluss des Wassers, auf ganz gleiche Weise vor sich gehe. Derselbe wurde zu diesem Behufe in Kugelröhren eingeschmolzen,
26 Sehrötter. Über einen neuen
welche verschiedene mit allen möglichen Vorsiehten gereinigte und getrocknete Gasarten, wie Kohlensäure, Wasserstoffgas oder Stickgas enthielten. Um die dem Phosphor hartnäckig anhängende geringe Menge von Feuchtigkeit zu entfernen, wurde derselbe vor dem Zu- schmelzen der Röhren zuerst erwärmt, und aus der ersten Kugel in die zweite überdestillirt. Die so vorgeriehteten Röhren wurden nun der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt, und es fand sich, dass die Veränderung des Phosphors in allem auf gleiche Art vor sich ging. Beim Aufbrechen der Röhren war weder durch den Geruch, noch sonst auf eine Weise, das Vorhandensein eines fremden Gases zu bemerken, und dies war auch dann nicht der Fall, als der Phosphor in feuchtem Zustande angewendet wurde. Hieraus muss geschlossen werden, dass die Veränderung, welche der Phosphor durch das Licht erleidet, von der Gegenwart des Sauerstoffes ganz unabhängig ist, also von keiner Oxydation bedingt sein kann.
Bei einer aufmerksamen Betrachtung des roth gewordenen Phos- phors zeigte sich, dass derselbe nicht durch seine ganze Masse gleiehförmig gefärbt war, sondern dass sich feine rothe Theilchen in demselben abgesondert hatten. Diese rothen Theilchen sind in Kohlensulfid unlöslich, sie lassen sich daher durch dasselbe von dem übrigen Phosphor trennen, und ich werde weiter unten durch die unzweideutigsten Versuche zeigen, dass sie wirklich nichts anderes als reiner Phosphor sind, der sich in einem anderen allotropischen Zustande, und zwar in dem amorphen, befindet.
Sowohl die Erscheinungen , welche ich bei dem Behandeln des Phosphors in den verschiedenen Gasen zu beobachten Gelegenheit hatte, als auch die Betrachtung, dass die chemischen Wirkungen der Wärme denen des Lichtes meistens analog sind, veranlassten mich, zu untersuchen, ob dies auch hier der Fall sein werde.
Ich erwärmte zu diesem Behufe Phosphor in einer Atmosphäre von Stickgas, Kohlensäure oder Wasserstoffgas nach und nach bis zu 226° ©. und erhielt diese Temperatur durch einige Zeit constant. Es traten bald Erscheinungen ein, die gewiss längst vor mir von Anderen oft gesehen, aber nicht beobachtet und bisher von Niemandem richtig gedeutet wurden. Auch ich hätte dieselben vielleicht unbeachtet gelassen, wenn ich nieht durch die vorher an- gegebenen Thatsachen darauf vorbereitet gewesen wäre. Der Phos- phor nahm nämlich bald die schöne fast earmoisinrothe Farbe an,
allotropischen Zustand des Phosphors. 2%
welche er durch die Einwirkung des Lichtes erhält. Behandelt man die erkaltete Masse mit Kohlensulfid, so bleibt derselbe rothe Körper zurück, der bei einer gleichen Behandlung des durch die Einwirkung des Lichtes modifieirten Phosphors erhalten wird. Da diese Ver- suche unter Umständen angestellt wurden, bei welchen jede Berüh- rung mit Sauerstoff oder mit einem anderen Körper, der direet auf den Phosphor hätte einwirken können, auf das Sorgfältigste vermieden war, und bei der Einrichtung des Apparates auch jede Abscheidung eines fremden Körpers hätte wahrgenommen werden müssen, so ist hiedurch bewiesen, dass die Umwandlung des Phosphors durch länger fortdauernde Einwirkung der Wärme weder von der Aufnahme noch von der Abscheidung eines fremden Körpers herrühren könne, sondern nur in einer Moleeularveränderung desselben liegen müsse. In Bezug auf die besondere Anordnung der Versuche und die getrof- fenen minutiösen Vorsichten und Abänderungen derselben, welche zum Zwecke hatten, jedem Einwurfe gegen die Richtigkeit des obigen Schlusses zu begegnen, muss ich auf die Abhandlung selbst ver- weisen, will jedoch hier einen Versuch beschreiben, der ganz scharf beweisend, und dennoch so leicht auszuführen ist, dass er im Colle- gium gemacht werden kann. Man lässt an das Ende einer etwa 40 Zoll langen, ungefähr 4 Linien weiten Röhre eine Kugel, und in Entfernungen von 2 zu 2 Zoll von derselben noch 3 oder 4 andere anblasen, füllt die am Ende der Röhre befindliche Kugel zur Hälfte mit Phosphor, biegt dann die Röhre hinter der letzten rechtwinkelig um, und bringt sie in eine solche Lage, dass der etwa 16 Zoll lange Schenkel mit den Kugeln horizontal, der andere hingegen vertical steht, und lässt ihn in Quecksilber tauchen. Erwärmt man nun den Phosphor in der ersten Kugel, so entzündet er sich bald, verzehrt allen in der Röhre befindlichen Sauerstoff, und befindet sich nun, wenn auch nicht in einer vollkommen reinen Atmosphäre von Stick- gas, so doch in einer solchen, die nicht im Stande ist, weiter auf denselben einzuwirken. Wird nun der Phosphor aus der ersten Kugel in die zweite überdestillirt, so sammelt sich derselbe darin als eine fast wasserhelle, das Licht stark zerstreuende Flüssigkeit, die durch einige Zeit bei einer Temperatur erhalten, bei welcher sie eben langsam verdunstet, ohne jedoch zu sieden, bald roth und undurchsichtig wird. Erhitzt man nun stärker, so destillirt der unver- ändert gebliebene Antheil des Phosphors über, während der modi-
28 Schrötter. Über einen neuen
fieirte in Form einer rothen Kruste zurückbleibt. Auf gleiche Weise in der dritten Kugel behandelt, erhält man dasselbe Resultat. Wird nun der in der zweiten und dritten Kugel gebliebene Rückstand stark genug erhitzt, so fängt derselbe sehr bald an zu verschwinden, während sich in den kälteren Theilen der Röhre wieder wasserhelle Tropfen von gewöhnlichem Phosphor ansammeln. Man kann auf diese Weise den Phosphor beliebig aus der einen Modification in die andere überführen, und ihn fast gänzlich in der letzten Kugel als wasserhelle Flüssigkeit sammeln, in welchem Zustande er zuweilen durch längere Zeit bleibt. In einem Falle sah ich ihn durch 36 Tage bei einer Temperatur, die während dieser Zeit einigemal — 5° betrug, vollkommen flüssig bleiben. Es ist kein Fall bekannt, wo das Vorhandensein verschiedener allotropischer Zustände auffallender und bestimmter den Augen der Schüler vorgeführt werden könnte, als eben dieser. Übrigens lässt sich die Umwandlung in den amor- phen, und aus diesem wieder in den gewöhnlichen, d. i. krystal- lisirten Zustand, auch in einer ganz zugeschmolzenen, mit einer indifferenten Gasart gefüllten Röhre, obwohl nieht ganz ohne Gefahr, anstellen. R
Als ieh versuchte den Phosphor in einem Raume, der nur sehr verdünnte Luft enthielt, durch Erwärmung in den amorphen Zustand überzuführen, zeigte es sich, dass dies nicht zu bewirken war, man mochte denselben noch so lange erwärmen. Die Ursache hievon liegt aber nur in dem verminderten Drucke, welcher bewirkt, dass der Phosphor nicht die Temperatur erreichen kann, die zur Umwand- lung nothwendig ist. Obwohl ich, was das Nähere der hierüber angestellten Versuche betrifft, auf die Abhandlung selbst verweisen muss, so will ich hier nur anführen, dass der Siedepunkt des Phos- phors unter einem Drucke von 120”” bei 165° liegt, während, wenn der Druck 514”” beträgt, das Sieden erst bei 230° eintritt.
Die Temperatur, bei welcher der gewöhnliche Phosphor in den amorphen übergeht, lässt sich nicht mit Genauigkeit bestimmen, denn innerhalb gewisser Grenzen bewirkt eine niedere Temperatur dasselbe in längerer Zeit, was bei einer höheren schon in kürzerer geschieht. Ich sah die Umwandlung bei 215° C. eintreten, wenn der Phosphor lange genug dieser Temperatur ausgesetzt wurde; am raschesten geht sie indess zwischen 240 und 250° C. vor sich. Als ich den Versuch so anstellte, dass der Phosphor beim Erwärmen
allotropischen Zustand des Phosphors. 29
zugleich vom Lichte getroffen wurde, sah ich deutlich, dass die Wirkung des Lichtes und die der Wärme sich gegenseitig unter- stützen, so dass man sagen kann: erwärmter Phosphor wird durch das Licht viel schneller geröthet, als kalter; oder, vom Lichte getroffener Phosphor bedarf einer geringeren Erhöhung der Tem- peratur, um auf die eben angegebene Art verändert zu werden, als im Dunkeln befindlicher.
Hieraus geht hervor, dass die Einwirkung der Wärme und die des Lichtes von gleicher Art sein müssen.
Die einfachste Art, den amorphen Phosphor zu bereiten, ist fol- gende: Man bringt reinen, möglichst trockenen Phosphor in einen Kolben mit flachem Boden, und verschliesst diesen mittelst eines guten, doppelt durehbohrten Korkes. In der einen Bohrung befindet sich ein bis in den Phosphor reichendes Thermometer, in dem anderen eine rechtwinkelig gebogene Röhre, in deren horizontalem Theile eine zur Aufnahme von etwas Phosphor bestimmte Kugel aufgeblasen ist. Die Länge des im Korke befestigten Schenkels beträgt nur wenige Zolle, während der verticale, in Quecksilber tauchende Schenkel, 28 Zoll lang ist. Man stelit den Kolben auf eine ebene Blechplatte, welehe durch eine Weingeist- oder besser Gasflamme erhitzt wird. Ehe dies geschieht, muss man indess den Phosphor in der Kugel bis zum Entzünden erwärmen, um so allen Sauerstoff aus dem Apparate zu entfernen. Ich habe auf diese Weise aus ungefähr 18 Loth Phosphor nach 50stündigem Erhitzen 12 Loth amorphen Phosphors erhalten, der in diesem Falle eine feste, dem geschmolzenen Selen sehr ähnliche Masse bildete. Dauert die Erhitzung weniger lang, und ist die Tem- peratur nicht so hoch, so backt die Masse nicht zusammen, und erscheint nach der Behandlung mit Kohlensulfid als ein sehr zartes Pulver. Die grosse Menge des bei diesem Versuche erhaltenen Pro- duetes ist zugleich ein schlagender Beweis dafür, dass kein fremder Körper bei Bildung desselben mitwirken konnte, da der Stand des Quecksilbers zugleich zeigt, ob der Apparat luftdicht hält oder nicht. Bei einiger Aufmerksamkeit kann man auch das Thermometer ganz weglassen, indem die Flamme nur so regulirt zu werden braucht, dass der Phosphor nicht kocht, aber eben anfängt langsam zu subli- miren. Nachdem der Phosphor wieder erkaltet ist, giesst man Wasser auf das Quecksilber und senkt das Gefäss langsam, so dass
30 Schrötter. Über einen neuen
die Röhre etwas über das Quecksilber zu stehen kömmt. Der Appa- rat füllt sich so mit Wasser, man entfernt nun den Kork, und behan- delt die dunkelrothe Masse mit Kohlensulfid, in welchem sich, wie bereits oben angeführt wurde, nur der gewöhnliche, nicht aber der amorphe Phosphor löst. Dieser wird nun ohne Unterbrechung auf dem Filter mit Kohlensulfid vollkommen gut ausgewaschen. Hiebei muss man darauf achten, dass das Pulver immer von Kohlensulfid gehörig benetzt ist, indem sich sonst der. darin gelöste, beim Ver- dunsten des Kohlensulfides feinvertheilt zurückbleibende Phosphor von selbst entzündet. Den auf diese Art behandelten Phosphor bringt man in eine Porzellanschale, und trocknet ihn bei 70—80°. Um demselben die letzten Spuren von Kohlensulfid zu entziehen, muss man ihn entweder mit einer schwachen Kalilauge kochen, oder in einem Strom von Kohlensäure bis 150 oder 160° erhitzen. Auch ‚darf das Filter nicht vom Wasser benetzt werden, ehe die Phos- phorlösung darauf kömmt, weil diese sonst nur sehr langsam durch- geht. Hat sich der Phosphor zu einer festen Masse vereiniget, so muss diese unter Wasser fein zerrieben und dann erst mit Kohlen- sulfid behandelt werden.
Der amorphe Phosphor erscheint nach dem Trocknen als ein glanzloses Pulver, dessen Farbe vom Scharlachrothen ins Dunkel- carmoisinrothe, ja unter gewissen Umständen bis ins Bräunlich- schwarze übergehen kann.
Beim jedesmaligem Erwärmen erscheint die Farbe dunkler.
Die Dichte desselben beträgt bei 10°C. 1,964. Jedenfalls ist derselbe dichter als der geschmolzene Phosphor, weil er darin unter- sinkt.
Der Phosphor zeichnet sich in seiner amorphen Modification durch seine grosse Indifferenz aus. Er leuchtet im Dunkeln erst dann, wenn er bis nahe zu der Temperatur erhitzt wird, bei der er sich entzündet, was sowohl in Sauerstoff als in atmosphärischer Luft erst bei 260° eintritt. An der Luft bleibt derselbe vollkommen unver- ändert, und von den Körpern, die den gewöhnlichen Phosphor lösen, wird er fast gar nicht, oder nur in höchst unbedeutender Menge auf- genommen. Chlor wirkt auf denselben zwar schon bei gewöhnlicher Temperatur, aber die Bildung der beiden Chloride geht ohne alle Feuer-Erscheinung und ohne einen Rückstand zu lassen vor sich. Nur wenn man den amorphen Phosphor bis zu der Temperatur
allotropischen Zustand des Phosphors. 31
erwärmt, wo er in den gewöhnlichen übergeht, tritt wie sonst die Feuer-Erscheinung ein. Die Einwirkung des Broms hingegen ist von Feuer-Erscheinung begleitet. Jod wirkt bei gewöhnlicher Tem- peratur zwar nicht auf den amorphen Phosphor, beim Erwärmen erfolgt die Verbindung jedoch ohne alle Feuer-Erscheinung. Man kann überhaupt sagen, dass dem amorphen Phosphor die Fähigkeit, sich unter Licht-Erscheinung mit anderen Körpern zu verbinden, in einem weit geringeren Grade zukommt, als dem gewöhnlichen. Nur in wenigen Fällen wird durch die grössere Anzahl von Berührungs- punkten, welche der fein vertheilte amorphe Phosphor, im Vergleiche mit dem gewöhnlichen, den Körpern darbietet, eine raschere Ein- wirkung auf ersteren bedingt. Dies geschieht z. B. beim Chlor- wasser und namentlich bei der Salpetersäure, welche letztere den- selben unter Aufbrausen auflöst. Verdünnte Kalilauge wirkt auch beim Kochen nur höchst unbedeutend auf den amorphen Phosphor, eoncentrirte hingegen löst denselben unter Entwickelung von reinem, nicht selbst entzündlichen Phosphor — Wasserstoffgas. Die Wirkung der Kalilauge auf den amorphen Phosphor ist aber noch eine andere. Lässt man denselben nämlich durch einige Zeit mit sehr eoneentrirter Kalilauge in Berührung, oder kocht man ihn einige Augenblicke mit einer weniger concentrirten Lauge, so nimmt derselbe eine dunkel- cehocoladebraune, fast schwarze Farbe an, und zwar eine um so dunklere, je feiner er vertheilt ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Thenard’sche schwarze Phosphor nichts anderes ist, als gewöhnlicher Phosphor, dem dieser dunkle amorphe Phosphor beige- mengt ist, und der dann gleichförmig schwarz erscheint, wie er durch Beimengung des rothen diese Farbe annimmt.
In technischer Hinsicht wichtig ist das Verhalten des amorphen Phosphors gegen solche Oxyde, die ihren Sauerstoff nicht zu fest halten, oder gegen Superoxyde, die einen Theil desselben leicht an andere Körper abgeben, oder endlich gegen Salze, welche von sauerstoffreichen, leicht zerlegbaren Säuren gebildet werden. Wird derselbe nämlich mit diesen Körpern zusammen gerieben, so erfolgt die Entzündung des Phosphors bei einigen unter Verpuffung, bei anderen unter ruhigem Abbrennen. Beim Erwärmen mit diesen Kör- pern finden ähnliche Erscheinungen Statt. Gelingt es, ein im Grossen leicht ausführbares Bereitungsverfahren des amorphen Phosphors zu finden, was nach den eben mitgetheilten Daten wahrscheinlich bald
3 2 Schrötter. Allotropischer Zustand des Phosphors.
geschehen dürfte, so wird derselbe den gewöhnlichen bei allen Zündpräparaten mit grossem Vortheile ersetzen, und vielleicht auch dort Anwendung finden, wo jetzt andere explodirende Körper gebraucht werden. Die Substanzen, welche sieh insbesondere zu derlei Gemengen eignen, sind: Mennige, braunes Bleisuperoxyd und chlorsaures Kali.
In Betreff des speeiellen Verhaltens des amorphen Phosphors gegen andere Körper muss ich auf meine Abhandlung verweisen.
Schlüsslieh will ich nur noch erwähnen, dass wohl manche Körper, die sich jetzt als Phosphoroxyd in den Händen der Chemiker befinden, nichts als amorpher Phosphor sein mögen; auch halte ich die Substanz, welche Berzelius im Band I, S. 300, seines Lehr- buches als Phosphorkohlenstoff anführt, für nichts als ein Gemenge von Kohle und amorphem Phosphor, dessen Bildung unter den bei der Bereitung des Phosphors stattfindenden Umständen leicht erklär- lieh ist. Ich hoffe bald in der Lage zu sein, der Akademie die Resultate der Untersuchungen vorzulegen, welehe zum Zwecke haben, sowohl die Lücken in der anliegenden Arbeit auszufüllen, als die Frage zu beantworten, ob nieht noch andere Grundstoffe, insbeson- dere Schwefel, Selen, Tellur und Arsen auf ähnliche Art wie der Phosphor modifieirt werden können.
Professor Dr. Hyrtl legte ein Gesuch an die Akademie vor, worin er den Wunsch ausspricht, dass seine anatomischen Untersu- chungen durch einen Beitrag von drei Hundert Gulden zum Ankaufe von Thieren zu Präparaten, und durch Bezahlung eines Zeichners mit monatlichen 20 fl. für ein Jahr unterstützt werden möchten. —
Die Classe erklärte einstimmig, sieh für dieses Ansuchen bei der Gesammt-Akademie verwenden zu wollen, welche dasselbe auch genehmiget hat.
Haidinger. Überreicht zwei Mittheilungen, 33 SITZUNG VOM 23. DECEMBER 1841.
Der Seeretär legte die eingegangenen Druckschriften vor. (Man sehe das Verzeichniss am Ende.)
Der Mechaniker Kappeller unterzieht der Ansicht der Classe ein von ihm verfertigtes Normal-Barometer, dessen Eigenthümlich- keiten er in einer Eingabe hervorhebt.
Die Herren Schrötter und v. Ettingshausen werden zur Berichterstattung darüber aufgefordert.
Herr Bergrath Haidinger legte Separat-Abdrücke aus dem letzten Bande der Abhandlungen der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften (V. Folge, Band 4) vor: „Der rothe Glaskopf, eine Pseudomorphose nach braunem, nebst Bemerkungen über das Vorkommen der wichtigsten eisenhaltigen Mineral-Species in der Natur” und „Über das Eisenstein - Vorkommen von Pitten in Österreich.”
Er bemerkte, dass diese beiden Mittheilungen eigentlich die Einleitung zu der interessanten Thatsache bilden, über welche er heute der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe eine kurze Mittheilung zu machen beabsichtige, nämlich über eine vollstän- dige, nicht zerdrückte Geode von rothem Glaskopf. Mehrere Eisensteine von dem Bergbau des Herrn Daniel Fischer am Eibelkogel bei Turnau in Steiermark wurden vorgelegt, die Bergrath Haidinger im vorigen Jahre in Gesellschaft der Herren von Hauer und von Morlot an der Stelle gesammelt, und die Herr Fiseher, Besitzer des Hochofens in Thörl, freundlichst an das k. k. montanistische Museum eingeschickt hatte.
Der Oxydations- oder Schwefelungs-Zustand des Eisens lie- fert für sich schon die wichtigsten Daten für die Beurtheilung der verschiedenen Epochen, durch welche die Gebirgsgesteine ge- bildet und verändert wurden, und selbst an jenen Orten hat man noch hinlänglich Gelegenheit, Studien darüber zu machen, wo die eisenhaltigen Mineralien reich und häufig genug vorkommen, um als Eisenerze zu Bergbau-Unternehmungen Veranlassung zu geben.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 3
34 Göppert. Meteoreisen von Seeläsgen.
Am Eibelkogel nun wurde das merkwürdige Vorkommen einer ganzen, nicht zerdrückten Geode von rothem Glaskopf gefunden. Bergrath Haidinger hatte in jener ersten Abhandlung über den rothen Glaskopf darauf aufmerksam gemacht, dass dergleichen von den Mineralogen noch nie beschrieben worden wären. Dies ist nun der erste Fall, wo ein soleher beobachtet wird, aber auch unter ganz eigenthümlichen Verhältnissen.
Die Eisenerz-Lagerstätte selbst ist ein im Durchschnitte vier Fuss mächtiges Lager, dessen Hangendes Kalkstein, das Liegende Thonschiefer, aber mit beiden dergestalt durch Schichtenstörung aufgerichtet, dass es nur an dem mittägigen Bergabhange enthlösst, in senkrechter Lage gegen den Berg hinein, einem Gange ähnlich, aufsetzt. Die Lagermasse war ursprünglich Spatheisenstein, ist aber an dem Ausgehenden viele Klafter tief durch Hydro-Oxydation verändert. Der Brauneisenstein zeigt noch hin und wieder die Spuren der früheren Spatheisenstein-Structur. Unmittelbar unter der Oberfläche nun wurden die rothen Glasköpfe in Geoden ange- troffen. In der vorgewiesenen Skizze ist auch der Ort angedeu- tet, wo sich Psilomelan fand, so wie das Zusammentreffen des rothen und des braunen Glaskopfes. Der Psilomelan enthält Man- gan und Baryt, die beide, der erstere im Spatheisenstein, der andere als Schwerspath, in der ursprünglichen nun verwitterten Lagermasse enthalten waren.
Eine erhöhte Temperatur an der Oberfläche kann nicht wohl als Erklärung dieser Veränderung und der Bildung des rothen Glaskopfes angenommen werden. Aber die beständige Abwechslung der Temperatur, die Bewegung von Feuchtigkeit an der Oberfläche kann leicht Veranlassung gewesen sein, in dem braunen Glaskopf die in demselben in niehtehemisch verbundenem Zustande enthal- tene Kieselerde aufzulösen, und dadurch bei dem nun reineren Eisenoxyd-Hydrate den Verlust des Wassers vorzubereiten.
Herr Professor Göppert zu Breslau übersendet ein Stück- chen des bei Seeläsgen unweit Frankfurt an der Oder gefundenen Meteoreisens und die darüber in der Breslauer Zeitung bekannt gemachte Notiz.
Partsch. Über die geognostischen Verhältnisse von Olahpiän. 35
Das Fragment Meteoreisen wurde Herrn Custos Partsch für die kaiserliche Sammlung eingehändigt, und derselbe zu einem Berichte darüber aufgefordert.
SITZUNG VOM 8. JÄNNER 1848.
Herr Custos Partsch hält über die geognostischen Verhält- nisse der Umgegend von Olähpiän in Siebenbürgen, die Beschaffen- heit, den Betrieb und die Wichtigkeit der dortigen Goldseifen nach - stehenden Vortrag:
In der Sitzung vom 16. December des verflossenen Jahres habe ich der Akademie Bericht über die vorgebliche Auffindung von Platin und tellurischem Gediegen-Eisen im Olähpiäner Sande, die der Akademie durch Professor Nendtvich aus Pesth angezeigt wurde, erstattet, und bei dieser Gelegenheit versprochen, einen weiteren Bericht über die Olähpiäner Goldseifen folgen zu lassen. Dieses Versprechen erfülle ich mit dem nachstehenden Aufsatze. Er enthält Nachrichten über Gegenstände, von welchen, mit Aus- nahme von ganz kurzen und oberflächlichen Andeutungen in älteren Werken, namentlich von Born („Briefe über mineralogische Ge- _ genstände.”” Frankfurt und Leipzig 1774, Seite 133) und Esmark („Kurze Beschreibung einer mineralogischen Reise durch Ungern, Siebenbürgen und das Banat.’ Freiberg 1798, Seite 116) noch niehts der Öffentlichkeit übermacht worden ist.
Das Dorf Olähpiäan (oder Wallachisch-Piän, im Gegensatze zu dem nahen Szäsz-Piän oder Sächsisch-Piän) liegt am nördlichen Rande der hohen Gebirgskette, die Siebenbürgen von der Wallachei trennt, wo diese am weitesten nach Norden vorspringt, gleichsam an einem Vorgebirge, 21/, Meilen südwestlich von Mühlenbach (Ungrisch-Szäsz-Sebes), dem Hauptorte des gleichnamigen säch- sischen Stuhles, an dem Sztrugarer oder Olähpiäner Bache, der 3 Meilen von da bei Alvinez in die Marosch fällt. Das die südliche Gebirgskette umgebende Hügelland von Olähpiän grenzt nördlich an die Thal-Ebene des genannten Flusses.
Die von Olähpiän südlich liegende, Siebenbürgen von der Wal- lachei scheidende Gebirgskette besteht vorherrschend aus krystalli- nischen Schiefergesteinen, ehemals sogenannten primitiven oder
,3*
36 Partsch.
Ur-Felsarten. Unter diesen sind Gneiss, Clmerehrker und Horn- blendegestein die vorherrschenden. Sie werden von Granit- und Quarzgängen durchsetzt. An mehreren Orten ist ihnen ein grob- oder feinkörniger, manchmal fast dichter Kalkstein ein- oder auf- gelagert. In grösserer Entfernung von Olähpiän, wie am Vulcan- Passe, oberhalb des in die Wallachei hinausströmenden Schyl- Flusses, bei Czod und Resinär, südlich von Hermannstadt, treten auch massige oder Eruptivgesteine, Serpentin und Gabbro auf. Übrigens ist diese menschenleere, nur den Sommer über von zahl- reichen Alpenwirthschaften bedeckte waldige Gebirgskette, die am Durchbruche des Schyl-Flusses zu hohen, von Gemsen bewohnten Felsenkegeln aufsteigt, sowohl in geologischer als geographischer Beziehung fast noch unbekannt.
Das Hügelland, das sich nördlich an dieses Gebirge in der Olähpiäner Gegend anlegt, ist ziemlich hoch, und von den nach Norden allmählich an Höhe abnehmenden Bergen am Rande der wallachisch-siebenbürgischen Gebirgskette im Äussern und der Phy- siognomie nach nicht scharf getrennt. Es dehnt sich nördlich bis an die Marosch aus, und ist da durch eine mässig breite Thal-Ebene von dem jenseitigen Binnenlande getrennt, das wir von der Betrach- tung ausschliessen müssen. Die geologische Beschaffenheit dieses Hügellandes südlich von der Marosch, oder, da wir uns beschrän- ken müssen, des Hügellandes zwischen Mühlenbach und dem Rande der wallachisch-siebenbürgischen Gebirgskette in den Umgebungen von Olähpiän, Rekite, Szäszesor, Sebeshely u. s. w. ist eine von dem Felsbaue dieses Gebirges gänzlich verschiedene. Die Bildung dieser Hügel fällt in die Perioden der Tertiär- und Diluvial-Zeit. Der Hauptmasse nach bestehen sie aus miteinander alternirenden Schichten von quarzigem weissen und geiben Sandstein, von verschie- denfärbigem Quarzsand, von Thon und Mergel. Die zwei letzteren Ge- steine sind meist von blaulichgrauen und röthlichen Farben-Nuancen. Auch Bänke von Conglomeraten und Breccien treten hie und da da- zwischen in untereinander abwechselnden Schichten. Alle diese Gebilde verleihen der Gegend, dort wo sie entblösst sind oder wo die Boden- krumme die Unterlage verräth, eine sonderbare nicht gewöhnliche bunte Färbung. Hie und da finden sich in diesen Schichten Braunkoh- len, meist in einzelnen Stamm- oder Aststücken, wohl nur selten in Flötzen. Das ganze Gebilde wird den unteren Tertiärschichten
Über die geognostischen Verhältnisse von Olähpiän, 3
zuzuzählen sein. Hinsichtlich des paläontologischen Charakters des- selben hat mir in der Olähpiäner Gegend die Umgebung des Dorfes Szäszesor überraschenden Aufschluss gegeben. In den untersten allda durch Wasserrisse entblössten Schichten von Sand und Sand- stein, die aber mit den oberen parallele Lagerung haben, erscheint jene grosse Art von Tornatella ( Tornatella gigantea Sow, Acteo- nella gigantea d’Orb.), die an der Wand bei Wiener Neustadt, bei Lunz, in der Gams, bei Hieflau, bei Windischgarsten und an anderen Orten in den österreichischen und steiermärkischen Alpen die sogenannten Gosauschichten charakterisirt. Diese wurden be- kanntlich zuerst von den Herren Murchison und Sedgwick als eine intermediäre Formation zwischen der Kreide- und der Tertiär- Periode aufgestellt, später aber fast allgemein der ersteren, nämlich der Kreide-Periode, zugewiesen. Bei Szäszesor sind diese Gosau- Petrefacten für die Tertiär-Zeit in Anspruch zu nehmen, und die Gliederung der siebenbürgischen, auch durch ihren Reiehthum an Steinsalz so merkwürdigen Tertiär - Formation enthält durch sie erhöhtes Interesse. Andere organische Reste sind mir in der Oläh- piäner Gegend nicht bekannt geworden. In den Umgebungen von Hermannstadt bei Szakadat finden sich aber in diesen unteren Ter- tiär-Schichten Fische und Seetange. Die letzteren sind durch den verstorbenen Grafen Sternberg, dem ich sie mittheilte, in der Flora der Vorwelt, irrthümlich als einer früheren geologischen Pe- riode angehörig, beschrieben worden. Es heisst nämlich da (Band II, S. 35) bei Beschreibung von zwei neuen Cystoseirites-Arten: in formatione inter schistum jurassicum et cretam_ inter- posita (dies müsste also die Wealden- oder die Neocomien-Bil- dung sein) « Partsch Molasse dicta. Die reichen Lager von Tertiär-Versteinerungen von Ober- und Unter-Pestes oder Bujtur, von Rakosd und anderen Orten der von Olähpiän westlich lie- genden Hunyader Gespannschaft, die mit denen des Wiener Beckens so viel Analogie zeigen, gehören den oberen Tertiär-Schichten an. ‘Die Basis der ganzen siebenbürgischen Tertiär-Ablagerung dürften, neueren Ansichten zu Folge, die Nummuliten-Kalke machen. Diese treffen an mehreren Stellen des, das siebenbürgische Becken umge- benden Gebirgsrandes, auf und lose Nummuliten sind zuweilen in soleher Menge über dem Boden verbreitet, dass sie, wie in Ägypten und anderen Ländern, zu Volkssagen Veranlassung gaben.
38 Partsch
Das tertiäre Hügelland von Olähpiän ist mit Diluvial-Schutt bedeckt. Diese Bedeckung gewinnt durch den in ihr stattfindenden Goldseifenbetrieb grösseres Interesse. Sie besteht fast durchgängig nur aus zwei Gliedern, aus Geröllen (Schotter) und aus Sand, diese sind aber, wie überall, fast stets mit einander gemengt, und bald dieser bald jene vorherrschend. Lehm und Mergel machen darin zuweilen nesterartige Ausscheidungen, bilden aber nur selten schwache Bänke. Die im Rhein- und Donau-Thale so mächtigen Ablagerungen des Lösses oder Diluvial- Lehms sind’ weder bei Olähpiän, noch in anderen Gegenden Siebenbürgens anzutreffen. Ein glimmeriger Quarzsand von mittelfeinem Korne ist der Hauptbestandtheil des goldführenden Schuttlandes; in ihm liegen Geschiebe von Hasel- nussgrösse bis zu einem Durchmesser von 3 bis 4 Fuss und von mehreren Centnern an Gewicht. Solche grosse Geschiebe sind jedoch nicht häufig; die meisten haben Taubenei- oder Faustgrösse. Die Grösse der Geschiebe ist auch nach den Localitäten verschieden. Die Gebirgsarten und Mineralien, aus welchen sie bestehen, sind der Mehrzahl nach und mit Hinweglassung der einzeln vorkommenden Gesteine folgende: Quarz, Gneiss, Glimmerschiefer, Granit, tertiärer Sandstein und tertiäres Conglomerat, Hornblendegestein, Kiesel- schiefer, Eisenkiesel, Hornstein und Jaspis. Der schwer zerstörbare Quarz bildet fast die Hälfte des Gerölles.. Dies deutet darauf hin, dass das Gold der hiesigen Seifen ursprünglich in diesem so oft als Gangmasse auftretenden Gesteine enthalten war. Den Beweis dafür geben auch die zuweilen vorkommenden grösseren Goldgeschiebe, die noch Quarz umschliessen und die, wiewohl auch nur selten sich findenden, mehr oder weniger Gold eingesprengt enthaltenden Quarzgerölle. Die Gneissgeschiebe machen ungefähr den vierten Theil der Rollsteineaus. Unter ihnen kommt öfters ein porphyrar- tiges Gmeissgestein mit feingemengter, beinahe dichter Grundmasse vor, das jedoch nieht mit dem Grünsteinporphyr, der goldführenden Felsart anderer siebenbürgischen Gegenden, die im wallachischen Grenzgebirge mangelt, zu verwechseln ist. Der Glimmerschiefer, der Granit, der tertiäre Sandstein und die festen tertiären Conglo- merate, die Hornblendegesteine und die oben angeführten unreineren Abänderungen des Quarzes (Kieselschiefer, Eisenkiesel, Hornstein und Jaspis) bilden zusammen und ungefähr zu gleichen Theilen das letzte Viertel der Geschiebe des Olähpiäner Schuttlandes. Wir
Über die geognostischen Verhältnisse von Olähpiän, 39
können hier auf keine nähere Betrachtung dieser Gesteine eingehen, müssen aber doch des interessanten Umstandes gedenken, dass die Hornsteingeschiebe zuweilen Abdrücke von Planorben und Lymneen einschliessen und daher von einer zerstörten Süsswasserbildung her- rühren. Das angegebene Verhältniss der Geschiebe gilt nur von den Olähpiäner Goldwäschen ; an benachbarten Orten ist dasselbe etwas. verschieden. Die ihrer Masse nach zusammen nur einen höchst klei- nen Theil der Gemengtheile dieses Schuttlandes ausmachenden, erst im Scheidtroge besser zum Vorschein kommenden Mineralien von weit kleinerem Volum sind: Rutil (die eisenhältige Varietät, die Werner davon unter dem Namen Nigrin als eigene Species trennte, magnetischer oder Titan-Eisensand (der Rom der Wallachen), Gra-
nat, einige nur vereinzelt und in ganz kleinen Körnern oder Kry- stallen vorkommende Mineralien, die erst einer näheren Untersuchung
bedürfen, endlich das Mineral, das für viele das meiste Interesse hat, das gediegene Gold. Das Volum dieses Metalls wechselt darin von der Grösse eines Staubkornes bis zu der einer Haselnuss, es erscheint aber gewöhnlich in kleinen Plättehen. Rollstücke von Gold
von 1:/, Piset (etwas über 1/, Wiener Loth) sind schon sehr selten.
In Sammlungen finden sich als grosse Seltenheiten noch grössere Goldgeschiebe von Olähpiän; im Hof-Mineralien-Cabinete z. B. ein
Stück von 31/,; Loth oder mehr als 15 Ducaten an Gewicht, im
montanistischen Museum eines, das mit dem anhängenden Quarz 443/,
Ducaten, wiegt. Ein älterer Schriftsteller, Köleseri (in der Auraria romanodacica S. 59), spricht von einer Masse auri solidi,
palmae humanae cum digitis figuram aemulantis, pondere unius
librae. Zu verwundern wäre es, wenn man in dem ausgewaschenen
Sande mit dem Goldenichtschon längst auch das noch schwerere Platin,
dessen Anwesenheit im Olähpiäner Sande neuerlichst behauptet wor- den ist, aufgefunden hätte. Dass sich in dem dortigen goldführenden so vielfach durchwühlten Schuttlande auch Kunstproducte und Kno-
chen von Thieren der Jetztzeit finden, habe ich bereits in meinem früheren, der Akademie vorgelegten Berichte angeführt.
Das Diluvialgebilde von Olähpiän bedeckt nicht nur das ter- tiäre Hügelland, sondern steigt in den südlichen Umgebungen des Dorfes auch auf die Höhen des Urfelsgebirges, zuweilen bis zu einer Höhe von 40 Klaftern über der Thalsohle des Olähpiäner Baches hinauf. Die Unterlage machen aber weit vorherrschend die Tertiär-
AO Partsch.
schichten, unter welchen Sandstein- und Mergelbänke vorwalten. Diese Unterlage ist niemals goldführend. Das darüber gelagerte Schuttland wechselt von ein paar Schuhen bis zu mehreren Klaftern Mächtigkeit. Schwache Spuren von Gold zeigt fast die ganze Schutt- ablagerung; die Mühe des Waschens oder des Seifenbetriebes lohnen aber nur einzelne Theile derselben, die durch gewisse äussere Merkmahle (rothe Färbung, grösseren Zusammenhang des Sandes und der Geschiebe u. s. w.) dem Erfahrenen kennbar, darin unre- gelmässig zerstreute Bänke oder Lager, und Nester oder Putzen bil- den. Diese werden auf dem Scheidbrete näher untersucht, um darin vor Allem dem schwarzen titanhältigen Eisensand oder Rom, den die Goldwäscher die Mutter des Goldes nennen, nachzuspüren. Die goldreicheren Lager und Nester sind meist nur zwei Fuss mächtig und erreichen höchstens eine Mächtigkeit von fünf Fuss. Die reich- sten Lager befinden sich meist unmittelbar ober der tertiären Un- terlage.
Auf die meisten dieser goldreicheren Lager und Nester wird in Stollen gebaut, die zuweilen bis 7 Klafter mit geringer Sorgfalt in die Schottermasse hineingeführt werden, daher oft einstürzen und Arbeiter begraben. Der gewonnene Goldschotter wird auf einen möglichst nahen Ort, wohin das Wasser aus einem mit Regenwasser gefüllten Teiche geleitet werden kann, in Schiebkarren geführt, und allda der bekannten in Siebenbürgen noch sehr wenig raffinirten Bear- beitung, zuerst mit Krücken in einem Canale, wodurch die schwe- reren Theile dem Scheidbrette zugeführt werden, und sodann auf dem Scheidtroge unterzogen.
Die südliche Gegend von Olahpiän gewährt durch die tiefen Einschnitte und die unzähligen Wasserrisse, die theils von Regen- güssen herrühren, theils in Folge der Seifenarbeiten durch das, aus künstlichen Wasserbehältern in Canälen zugeleitete Wasser ent- standen sind und zwischen sich verschiedengefärbte Schuttmassen mit scharfen, abfallenden Kanten, mit Nadeln und Pyramiden zurück- liessen, ein sonderbares, zerrissenes und zerstörtes Ansehen, zu- gleich von dem hohen Alter des hiesigen Seifenbetriebes Zeugniss gebend.
Der goldführende Sand und Schotter soll sich mit abnehmendem Reichthum noch weiter nach Osten bis in die Gegend von Hermann- stadt erstrecken, wird aber da nicht abgebaut.
Über die geognostischen Verhältnisse von Olähpian. 41
Wir müssen noch einen Blick auf den Alluvialboden der Gegend von Olähpiän werfen. Die Diluvialablagerung des goldführenden Sandes und Gerölles fand vor der Thalbildung Statt. Was man daher in der südlichen Gegend von Olähpian in den Thälern des Urfelsge- birges von goldführendem Schotter antrifft, ist aus dem höher lie- genden Diluvialschutiland durch Wassergüsse herabgeführt worden. An einigen Stellen, vorzüglich wo Wassergräben in die Thal-Ebene ausmünden, lohnt sich das Waschen dieses Alluvialschotters mehr oder weniger reichlich. Unterhalb der tertiären, mit Diluvialschotter bedeckten Hügel von Olähpiän, liegt die ziemlich breite Thal-Ebene la Gruetze, die gegen die Maros sich noch mehr erweitert. Man sieht da viele kleine Hügel und Gruben, auch Spuren eines alten Wassergrabens. Es muss hier in alten Zeiten Gold gewaschen wor- den sein. Ein auf dieser Thal-Ebene, die ebenfalls dem Alluvialboden angehört, auf meine Veranlassung unternommener und auf die Tiefe von 3 Klaftern, 21/, Schuh nieder geführter Versuchschacht gab in den ausgehobenen und Waschproben unterzogenen Sand- und Schotterlagen so wenig Goldgehalt, dass dieser Boden, abgesehen von der Schwierigkeit der Wasserzuführung, für ganz unergiebig erklärt werden musste.
Olähpiän ist der Hauptort des Seifenbetriebes, der noch 12 be- nachbarte Ortschaften beschäftiget. Von 632 Goldwäschern, die im Jahre 1826, in welchem ich Siebenbürgen bereiste, in Olähpiän und in den 12 benachbarten Ortschaften eonseribirt waren, befanden sich 277 in dem-genannten Dorfe. Die Zahl der Goldwäscher ist aber sehr veränderlich, da in nassen Jahren der Seifenbetrieb weit schwung- hafter ist.
Die Seifenwerke von Olähpiän gehören zu den ärmsten, den Betrieb kaum lohnenden. Man gewinnt in nassen Jahren (trockene sind des dortigen Wassermangels wegen der Ausbeute noch ungün- stiger) höchstens 500 bis 700 Piset Gold, oder, da fast 54 Piset (genauer 531”/,, Piset) einer Wiener Mark gleich sind, 9 bis 13 Mark Goldes. Eine sehr unbedeutende Ausbeute, vorzüglich im Ver- gleiche mit der jetzigen Goldgewinnung am Ural und am Altai, wo in einzelnen Gegenden, etwa von der Ausdehnung, wie jene von Olähpiän, oft mehrere Pude Goldes (das Pud oder 40 russische Pfunde gleich 29%/, Wiener Pfund) liefern. Auch sind es meist nur arme Leute, gewöhnlich Zigeuner oder sogenannte Neubauern, welche
42 Partsch
gegen die geringen Vortheile, die ihnen die Conscription als Gold- wäscher sichert, worunter die Befreiung vom Militärdienste für sie die wichtigste ist, der Goldwäscherei sowohl in den Seifen von Olähpiän, als in den goldreichen Flüssen Siebenbürgens, namentlich der Aranyos und Märos, obliegen. Dies ist in den Olähpiäner Gold- seifen vorzüglich in nassen Jahren, wenn zugleich Missernten ein- treten, der Fall. So wurde in dem regenreiehen Hungerjahre 1816 ausnahmsweise die für die dortige Gegend ungewöhlich grosse Menge von 1300 Piset oder 24 Mark Goldes gewonnen.
Bei der Reise, die ich im Auftrage der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen zur geognostischen Erforschung Siebenbürgens unternahm, war es eine der speciellen Aufgaben, die ich mir stellte, die Goldseifen von Olähpiän, nach der kurz vorher gemachten Ent- deckung der sibirischen, einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Man meinte, es liessen sich da ähnliche reiche Lagerstätten auffinden. Ich habe es damals an Ort und Stelle nicht an Bemühungen fehlen, und auch an Plätzen, die zu jener Zeit nicht im Betrieb standen, Abbauversuche und Waschproben vornehmen lassen. Das Resultat war aber überall dasselbe, nämlich: dass die Lagerstätte von Olähpiän eine sehr arme, von den sibirischen sowohl an Reichthum als auch in geologischer Beziehung verschiedene sei und dass dem lebhafteren Betrieb der siebenbürgischen Goldseife sowohl Wassermangel, als auch die, Wasserleitungen erschwerende Situation Hindernisse in den Weg legen.
Zum Schlusse wollen wir nach den Nachrichten von Erman in dem Archive für wissensehaftliche Kunde von Russland (Band 2, Seite 522 u. s. f.) einen kurzen Blick auf die geognostischen Ver- hältnisse des Waschgoldes in Sibirien werfen, um diese mit denen von Olähpiän, die wir nun kennen, vergleichen zu können.
In Sibirien, namentlich am Ural, sind die Schuttlager ebenfalls nur stellenweise goidhältig. Eine solehe goldhältige Stelle oder Seife ist selten über 2000 Fuss lang und 70 Fuss breit, oft aber auch nur 70 Fuss lang und 14 Fuss breit. Man findet gewöhnlich mehrere von ihnen gruppenweise beisammen.
Die Geburtsorte des Uralischen Schuttgoldes sind dicht an dem Fundorte zu suchen, und meist durch Zertrümmerung des ehemaligen Ausgehenden entstanden, da die Gesteinstrümmer immer von Felsen, die in der Nähe anstehen, stammen. Die Vertheilung des Goldschuttes
Über die geognostischen Verhältnisse von Olähpiän. 43
ist nahe dieselbe, wie die der ursprünglichen Lagerstätte, und diese ist vorzugsweise zertrümmert worden, weil sie der ursprünglichen Erdoberfläche sehr nahe war.
Die Hauptmasse des Urals besteht aus metamorphischen Schie- fern, vorherrschend Chlorit- und Talkschiefer, die aber stellenweise durch versteinerungsleeren Thonschiefer und auch, wiewohl seltener, durch Glimmerschiefer ersetzt sind. Diese Urfelsschiefer werden von eruptiven oder massigen Gesteinen, Granit, Grünstein oder Diorit mit verwandten Augitgesteinen (Rose’s Uralitporphyr) , Ser- pentin, seltener Euphotid oder Gabbro durchbrochen. Sowohl am Ural, als in anderen nordasiatischen Goldwäschen, wie auch in einem grossen Theile von Amerika, hat man die Erfahrung gemacht, dass ein Vorherrschen von Talksilicaten in den Gebirgsarten des Schutt- landes in letzter Instanz das chemische, und ein Reichthum an Grünstein oder der damit verwandten Augitgesteine das geognostische Kennzeichen , den unterscheidenden Charakter für die Gebirge. mit Goldschutt ausmacht. Auch Serpentin, ebenfalls ein Talksilicat, den einige für eine den uralischen Dioriten oder Grünsteinen gleichzeitige Bildung halten, und der am Ural in einer merkwürdigen, mit dem Chloritschiefer gleicehmässigen Lagerung auftritt, ist häufig in der Nähe, und auch im goldführenden Detritus selbst zu finden.
Die Goldgewinnung in Sibirien betrug im Jahre 1842 nach Erman (Archiv, Band 4, S. 372) 971 Pud, oder das Pud zu 291/, Wiener Pfund gerechnet, 56.602:/, Wiener Mark. — Im Jahre 1845 stieg sie auf 1371 Pud (Erman’s Archiv, Band 5, S. 728) oder 79.9202/, Mark. Dagegen betrug nach den Tafeln zur Statistik der österreichischen Monarchie die Goldausbeute in Siebenbürgen, dem goldreichsten Lande in Europa, im Jahre 1842 auf den Ärarial- und Privatwerken nicht mehr als 3597 Mark.
Professor Schrötter theilt bei dieser Gelegenheit eine andere Zuschrift des Herrn Professors Nendtvich mit, worin angezeigt wird, dass Herr Mollnär die Existenz des Platins im Olähpiäner Sande unzweifelhaft nachgewiesen zu haben glaube.
AA Schrötter.
Professor Sehrötter hält nun folgenden Vortrag:
Eine der Hauptaufgaben jeder Akademie ist, solche Arbeiten durch Vereinigung ihrer Kräfte ins Leben zu rufen und möglich zu machen, die einzelne Gelehrte auszuführen nicht im Stande sind. Unter diesen Arbeiten wird sie vor allen anderen jene zuerst in Angriff nehmen müssen, welche Bestimmungen zum Gegenstande haben, die ihrer Natur nach als Grundlage für weitere Forschungen dienen. Hiezu gehören ganz vorzüglich dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft entsprechende richtige Bestimmungen und Ver- gleichungen des eigenen Masses und Gewichtes mit denen anderer Länder. Frankreich ist hierin, wie in so vielem Anderen, den übrigen Nationen vorangegangen; und so viel und so Begründetes man auch gegen die Wahl der daselbst eingeführten Einheiten einwenden mag: so bleibt doch die Grundidee, gewisse, mit Genauigkeit bestimmbare constante Grössen der Natur den Mass- und Gewicehts-Systemen zu Grunde zu legen, eine so schöne, dass sie wohl kaum durch eine bessere ersetzt werden kann, so wenig als der Meter und Gramm sobald aufhören werden, die in der Wissenschaft allgemein gebrauchten zu sein.
Alle Akademien Europa’s haben ihre Aufgabe in dieser Hinsicht erkannt, und mit mehr oder weniger Glück gelöst. Es wäre sehr am unrechten Platze, wenn ich hier die bedeutenden Arbeiten mehrerer derselben aufzählen wollte; ich begnüge mich nur anzuführen, dass die letzte, welche von der k. Akademie in Petersburg unter der Leitung Kupfer’s ausgeführt wurde, wirklich bewunderungswürdig ist, und wohl nur durch die grossartige Unterstützung möglich wurde, welche die russische Regierung derselben angedeihen liess, so wie durch das Talent der Männer, denen sie die Arbeit anvertraute. Österreich besitzt ausser den schönen Arbeiten von Vega und beson- ders denen unseres verdienten Collegen Stampfer, keine den jetzigen Verhältnissen entsprechenden Bestimmungen über Masse und Gewichte. Dies gilt ganz besonders von den letzteren, wie sehr deutlich aus der oben erwähnten Arbeit Kupfer’s hervorgeht. Der- selhe nahm nämlich ausser einer neuen Dichtenbestimmung des Wassers, auch eine höchst lehrreiche Vergleichung der in verschie- denen Ländern vorhandenen Masse und Gewichte vor. Um sich ein authentisches Originalgewicht aus Österreich zu verschaffen, wandte sich derselbe an den russischen Botschafter, Grafen von Tatischef,
Antrag wegen Regulirung von Mafsen und Gewichten. Ab
und erhielt einen Gewichtseinsatz aus Messing, verfertigt vom Mechanikus Huck in Wien, der nicht einmal mit einem ämtlichen Stempel versehen war. Wenn sich jetzt ein auswärtiger Gelehrter an die kais. Akademie in Wien wendete, um durch sie das wahre öster- reichische Originalpfund zu erhalten, so würde die Akademie kaum in der Lage sein, diesem Wunsche unmittelbar entsprechen zu können, sondern müsste erst, wenn sie nicht das Auskunftsmittel des Grafen Tatischef ergreifen wollte, eben die Untersuchungen beginnen, die ich in Vorschlag zu bringen im Begriffe stehe.
Ein anderer Übelstand liegt ferner für alle Jene, welche absolute Bestimmungen zu machen haben, darin, dass selbst die verschiedenen in Wien befindlichen, Original-Grammgewichte sein- sollenden mit einander nicht vollkommen übereinstimmen, wie sich der Antragsteller erst neuerlich zu überzeugen Gelegenheit hatte, was eine sehr peinliche Unsicherheit zur Folge hat. Nach allem diesem glaube ich der mathematisch -naturwissenschaftlichen Classe in Antrag bringen zu dürfen, dass die kais. Akademie in Wien sich vorläufig an die k. Akademie in Paris um ein Originalmafs und ein Originalgewicht wende, und zwar wäre letzteres nach demselben Originale zu nehmen, dessen sich Dumas und Regnault bei ihren letzten grossen Arbeiten bedienten; dass die Akademie ferner eine Commission aus ihrer Mitte zusammensetze, welche zuerst ihr Pro- gramm zu entwerfen, und dann der mathematisch-naturwissenschaft- lichen Classe vorzulegen hätte. Erst wenn diese dasselbe genehmigt und die Akademie die nöthigen Mittel bewilligt hat, wäre zu den eigentlichen Arbeiten zu schreiten.
Der Antrag wird genehmigt und die Commission aus den Herren Prechtl, Stampfer und Sehr ötter gebildet.
Das wirkliche Mitglied, Professor Dr. Redtenbacher zu Prag, ersucht in einem an die Akademie gerichteten Schreiben um Bewilligung von 400 Gulden zum Ankaufe von Material zu Arbeiten über organische Alkaloide der Solaneen.
Die Classe beschliesst, dieses Ansuchen bei der Gesammt-Aka- demie zu unterstützen, welches auch von derselben genehmigt worden ist.
46 Schrötter, Bericht.
SITZUNG VOM 13. JÄNNER 1848.
Herr Professor Sehrötter erstattet im Namen der in der vorhergehenden Sitzung aufgestellten Commission folgenden Bericht:
Die Commission, welehe in Folge des in der Sitzung vom 8. Jänner d. J. gestellten Antrages zusammengesetzt wurde, um in reifliche Überlegung zu ziehen, welehe Normalmasse und Gewichte vorläufig von der kaiserlichen Akademie verschrieben werden sollen, hält die folgenden für nothwendig:
1. Einen Normalmeter von Stahl, ein halbes Kilogramm aus Platin, und einen Gewichtseinsatz von Messing von 1 Kilogramm, mit den Unterabtheilungen bis zu 1 Milligramm. Die Commission hält es für besonders wünschenswerth, dass namentlich die Gewichte mit denen genau verglichen werden, welche die Herren Dumas und Regnault bei ihren letzten wichtigen Arbeiten benützt hatten.
2. Da der durch seine Genauigkeit bekannte Akademiker Herr Steinheil sich längere Zeit in Paris aufgehalten hat, um eine umfassende Untersuchung der dort befindlichen Originalmasse und Gewichte, so wie eine Copie derselben zu bewerkstelligen, so hält es die Commission für nothwendig, dass die Akademie auch von die- sem ‘Gelehrten folgende Gegenstände kommen lasse:
a) Eine Copie des Platin Metre primitive aus Glas, welche in dem Preisverzeichnisse, das Professor Steinheil in Nr. 609 der astronomischen Nachrichten einrücken liess, mit Nr. 22 be- zeichnet ist und 200 fl. Rhn. kostet; die Genauigkeit desselben ist bis auf + 0,001 Millimeter verbürgt; und
b) das in demselben Verzeichnisse mit Nr. 29 bezeichnete Kilo- gramm aus Messing vergoldet zu 100 fl. bis auf + 0,1 Milli- gramm verbürgt.
Die Classe genehmiget diesen Bericht. Die beantragten Ausga- ben wurden später von der Akademie bewilliget.
Hyrtl. Abhandlungen. Partsch über Meteoreisen. AT
Herr Professor Dr. Hyrtl legt der Classe eine druckfertige Abhandlung über drei verschiedene Gegenstände vor. Der erste ist ein neuer Muskel des Gehörorgans bei Phoca vitulina. Er entspringt an der inneren Wand der Trommelhöhle und befestigt sich unter der Gelenkfläche des Ambosses. Seine Wirkung besteht darin, den Steig- bügel durch den Ambos stärker in das ovale Fenster zu drücken, und durch Druck auf die Perilympha des Labyrinths die membrana tym- pani secundaria nach aussen zu drängen.
Den zweiten und dritten Gegenstand bilden Zusätze und Berich- tisungen über die Trommelhöhle und die Gehörknöchelchen seltener Säugethiere aus der Ordnung der Marsupialien: Phascolomys, Pera- meles, Phalangista, und die Beobachtung eines grossen herzförmigen Sesambeines im Musculus stapedius des Wombat.
Herr Custos Partsch berichtet über das bei Seeläsgen, un- weit Frankfurt an der Oder, gefundene Meteoreisen:
Die mathematisch - naturwissenschaftliche Classe hat mir in der Sitzung vom 23. December v. J. ein kleines Stückehen Meteoreisen übergeben, um dasselbe der Meteoriten - Sammlung des k. k. Hof- Mineralien - Cabinetes einzuverleiben. Es wurde auf Veranlassung unseres verehrten Mitgliedes, Herrn Bergrathes Haidinger, von Professor Göppert in Breslau an die Akademie eingesendet und stammt von einer fast zwei Centner schweren Eisenmasse, die bei Seeläsgen, einem Dorfe in der Provinz Brandenburg , Frankfurter Regierungsbezirk , Kreis Schwiebus, gefunden und von da nach Breslau gebracht worden ist. Professor Düflos daselbst hat in die- ser Masse nebst dem Eisen: Nickel, Kobalt, Phosphor u. s. w. ge- funden und dadurch ihren meteorischen Ursprung , den schon das Äussere der Masse vermuthen liess, festgestellt.
Die letzteren Nachrichten sind der Breslauer Zeitung vom 9. December v. Jahres entnommen und gingen aus dieser in die Wiener Zeitung und in die österreichischen Blätter für Literatur, Kunst u. s. w. über.
Die Seeläsgener Eisenmasse ist seitdem um eine ansehnliche Geldsumme von zwei Privaten angekauft worden und wird gegen-
AS Partsch. Über das Meteoreisen von Seeläsgen.
wärtig in Breslau zerschnitten. Ein Theil der Fragmente wird nach Dresden wandern und dort käuflich ausgeboten werden, ein anderer soll in feste Hände gekommen sein. Dem kais. Mineralien-Cabinete sind von Dresden bereits zwei Musterstückehen von diesem Eisen zugekommen, die ich der Akademie zur Ansicht vorlege. An dem ‘einen wurden hier vier Schnittflächen polirt und sodann mit Salpe- tersäure geätzt, von dem anderen ein kleines Stückchen abgesägt, um das speeifische Gewicht zu bestimmen. Auch der kleine von der Akademie erhaltene Abschnitt wurde polirt" und geäzt, und liegt ebenfalls zur Ansicht vor.
Durch die eben genannte Behandlung (Poliren und Ätzen) kann bekanntlich die innere Beschaffenheit der Meteor-Eisenmassen aufgeschlossen werden. Es ist dadurch bei den bisher bekannt ge- wordenen Eisenmassen eine nicht geahnte Verschiedenheit an Tag gekommen. Herr von Widmannstätten hat das Verdienst, die Entdeekung jener merkwürdigen Figuren an, durch Hitze angelau- fenen oder mit Säuren behandelten Meteoreisen gemacht zu haben, die man ihm zu Ehren Widmannstättische Figuren nennt. Hofrath von Schreibers hat in den Beiträgen zur Geschichte und Kennt- niss meteorischer Stein- und Metallmassen die Natur derselben ge- nauer erörtert und auch zuerst unmittelbare Abdrücke von geätzten Flächen einiger Arten von Meteoreisen geliefert. In der Schrift: „Die Meteoriten oder vom Himmel gefallenen Steine und Eisen- massen im k. k. Hof-Mineralien-Cabinete zu Wien,’ habe ich die innere Beschaffenheit aller in unserer Meteoriten-Sammlung befind- lichen, auf die verschiedenste Art zu wissenschaftlichen Untersu- chungen vorgerichteten, Eisenmassen erörtert und dieselbe darnach in eine systematische Reihe zu bringen gesucht. Wir wollen nun sehen, wie das neue Seeläsgener Eisen beschaffen ist, und wo wir dasselbe einzureihen haben werden.
Dieses Meteoreisen gehört zu den derben Eisenmassen von
- unbestimmter Form, oder zu jener Abtheilung, in welcher keine Einmengungen vorkommen, die auf die Gestalt des Eisens Einfluss ausüben können, wie dies zum Beispiel bei dem Palass’schen oder sibirischen Meteoreisen der Fall ist, bei welchem der eingemengte Olivin die ästige oder schwammartige Gestalt des Eisens, wenn er aus der Masse heraus gefallen ist, bestimmt. Von fremdartiger Einmengung ist in den, uns zur Ansicht vorgelegten drei kleinen
Partsch. Über das Meteoreisen von Seeläsgen. 49
Eisenstücken von Seeläsgen nur Schwefelkies oder Schwefeleisen, und zwar die in Säuren nicht lösliche Art enthalten. Dieser Schwe- felkies ist in sehr kleinen Pünktehen durch die ganze Masse zer- streut, aber auch in kurzen Linien vereinigt, die in verschiedenen Richtungen durch das Eisen ziehen. Die Ätzung hat an diesem Eisen keine Widmannstättischen Figuren zum Vorschein gebracht. Nach den verschiedenen Riehtungen der Schnittflächen erscheint auf diesen entweder nur eine rauhe, körnige Oberfläche, oder es durchziehen diese (abgesehen von den erwähnten Schwefelkies- Linien) sehr feine und undeutliche, schwach eingeschnittene Linien, die sich zuweilen berühren und schneiden. In dieser Beziehung ist das Seeläsgener Eisen den Meteor - Eisenmassen von Tueuman in der Argentinischen oder La Plata- Republik und denen vom Senegal verwandt, noch verwandter aber dem im Monate Juli 1847 bei Braunau in Böhmen gefallenen Meteoreisen, von welchem der Classe ein kleines geätztes Stückchen, an welchem ebenfalls verschiedene Richtungen in den vertieften Linien der zwei Schnittflächen wahr- zunehmen sind, zur Ansicht und Vergleichung vorgelegt wird.
Der Bruch ist an dem Seeläsgener Eisen, wenigstens in den zu unserer Kenntniss gelangten Proben, uneben und nicht so ausgezeichnet blättrig, wie an dem Braunauer Eisen. Das speei- fische Gewicht ist bei 13° R. 7:59, die Härte 40 (also unge- wöhnlich gering).
Eine merkwürdige Eigenthümlichkeit des Seeläsgener Meteor- eisens wird mir aus Dresden durch Herrn Bondi, Eigenthümer eines Theiles der Masse, nach Nachrichten, die ihm von Breslau von einem Augenzeugen bei Durchsägung derselben zukamen, berichtet. Diese wird nämlich von verschiedenartigen, den Zusam- menhang der Masse jedoch durchaus nicht gefährdenden Rissen oder Spalten durchzogen, welche sich öfters erweitern und eine Zelle abzeichnen oder auch wieder verengen. Diese Risse oder Spalten sind nicht Folge einer Zerklüftung, die von Verwitterung, wie beim Arvaer Meteoreisen herrühren, sondern ursprüngliche Gänge und öfters mit einer noch zu untersuchenden schwärz- lichen Substanz erfüllt. Diese Substanz schliesst zuweilen kleine, isolirte Partien oder Inselehen von Eisen ein. Wie es scheint, sind von der Rinde aus, in welche, und mithin an die ursprüng- liche Oberfläche der Masse, die Gänge ausmünden, eine Verän-
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. h
50 Partsch. Über das Meteoreisen von Seeläsgen.
derung der schwarzen, die Spalten oder Gänge ausfüllenden Sub- stanz vorgegangen, die in ein braunes Eisenoxyd-Hydrat um- geändert worden ist.
Eine andere Merkwürdigkeit dieses Eisens besteht darin, dass von der Oberfläche der Eisenmasse innerhalb dieser Gangspalten Zacken oder zähnige Gestalten von Eisen aus der Masse hervor- treten, die das braune Eisenoxydhydrat umhüllt. Dies ist noch bei keiner anderen meteorischen Eisenmasse wahrgenommen worden. Eines von den zwei, von Herrn Bondi mir eingesendeten und der ‚Akademie vorliegenden Stückchen, zeigt die braune Oberfläche einer Gangkluft und einen daraus sich erhebenden kleinen Zacken ziemlich deutlich. Derlei Zacken, oder um in der mineralogischen Terminologie zu sprechen, derlei zähnliche und drathförmige, nachahmende Gestalten, durch reihenförmige Zusammenhäufung von Krystallen, die sich gegenseitig berührten und in der Ausbildung hinderten, entstanden, mögen in diesem interessanten Eisen wohl noch weit ausgezeichneter vorkommen.
Zur Geschichte des brandenburgischen Meteoreisens diene noch folgende mir ebenfalls von Herrn Bondi mitgetheilte Notiz. Die Masse wurde vor mehreren Jahren in der Nähe des Dorfes Seeläsgen auf einer Wiese, beim Ziehen eines Grabens, 7 Ellen tief unter der Oberfläche des Bodens gefunden. Der Eigenthümer des Grundes verkaufte sie an einen Eisentrödler in dem benach- barten Städtehen Züllichau, bei dem sie einige Jahre verblieb, bis ein Breslauer Mechaniker, durch die bei Braunau in Böhmen nieder- gefallene Eisenmasse aufmerksam gemacht, sie kürzlich ins Auge fasste und an sich brachte.
Wie viele solche, entweder in vorhistorischer oder in einer Zeit, als die Erde noch wenig bevölkert war, gefallene Eisenmassen mag die Oberfläche der Erdrinde nicht noch einschliessen! Dieser merkwürdige Fund erinnert an die vielen Meteor-Eisenmassen, die man in den letzten Jahren, als sich die Aufmerksamkeit mehr auf solche Gegenstände richtete, bei Urbarmachung bis dahin wüst ge- legener Landstriche in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika aufgefunden hat. Es sind ihrer allda in wenigen Jahren, vorzüglich durch die Bemühungen der Herren Troost und Shepard 18 bis 20 bekannt geworden, unter welchen aber etwa 2 oder 3 Kunstpro- duete sein dürften.
51
SITZUNG VOM 10. FEBRUAR 1848.
D.:. Präsident der Classe, Herr Hofrath B aumgartner, richtete an die bei dieser Sitzung zum ersten Male anwesenden neugewählten wirklichen Mitglieder, die Herren Kollar, Burg und Fenzl, dann an die correspondirenden Mitglieder, Herren v. Hauslab, Ritter v. Hauer, Heckel, Hessler und L. Redtenbacher, einige begrüssende Worte, in welchen er sie aufforderte, ihre wissenschaftlichen Kräfte den Zwecken der Akademie zuwenden zu wollen.
Herr Bergrath Haidinger gab den Abriss eines Aufsatzes: über die Metamorphose der Gebirgsarten, den er nach einem etwas grösseren Plane schon vor einiger Zeit begonnen hatte, aber durch mancherlei Zwischenfälle zu vollenden verhindert war. Er sollte eine Durchführung der Studien an Pseudomorphosen im Vergleiche mit den der metamorphischen Gesteinschichten sein. An das Einzelne sollten sich Schlüsse anreihen lassen. Aber während die einzelnen Fälle gesammelt wurden, zeigte sich eine einleitende Betrachtung nothwendig, um den Standpunkt genauer - zu bezeichnen, von dem man ausgehen soll, Diese allein ist es, welche hier in den allgemeinsten Zügen gegeben wurde.
Bergrath Haidinger bemerkte, dass es nun bald nicht mehr gestattet sein dürfte, über Metamorphismus im Allgemeinen eine abgerissene Mittheilung zu machen, ohne, wie auch er es beab- sichtigt, eine Reihe von Thatsachen daran zu knüpfen; so allge- mein ist die Lehre schon verbreitet, so wichtige Arbeiten wurden von den trefflichsten Geologen geliefert, einem Mae Culloch,
43
52 Haidinger. Metamorphose
Boue, L. v. Buch, Elie de Beaumont und Dufrenoy, Lyell, Keilhau, Studer, Fournet, A. Escher, Hoffmann, Forchhammer, Virlet, de Boucheporn, Durocher, Bunsen und Anderen. Indessen fehle nach seiner Ansicht gerade ein wichtiger Punkt in den bisherigen Betrachtungen, den jener Aufsatz hätte ausfüllen sollen, nämlich das in Übereinstimmungbrin- gen der eigentlich geologischen und der mineralogischen Studien. In dem Studium der Sprache der Natur beginnt dieses mit dem Kennenlernen der Buchstaben, jenes mit dem Durchblättern eines in fremder Sprache geschriebenen Buches. So wie die oben genannten Geologen bereits manche schöne Fragmente in der Ge- schichte der Bildung unseres Erdkörpers enträthselt, seien auch die mineralogischen Studien nicht vernachlässiget worden, wie die Ar- beiten von Blum, Mitscherlich, Gustav Rose, Breithaupt, Marx, Zippe, Dana, Forehhammer, Landgrebe u.s. w., beweisen. Er selbst habe stets den Gegenstand mit vielem Antheile betrachtet, es sei jetzt wieder ein Abschluss nöthig, und er glaube auch das Wenige nicht mehr zurückhalten zu dürfen, was er zu diesem Zwecke beitragen könne, mit dem alleinigen Wunsche, den jüngeren Kräften nicht im Wege zu stehen, wenn sie abwarten, aber auch nicht thatlos von denselben überholt und zurückgelassen zu werden.
Die Metamorphose des Felsdolomites wurde von geologischer Seite als eine Thatsache vorausgesetzt; die Pseudomorphose von Dolomit nach Kalkspath wurde von mineralogischer unwiderleglich bewiesen 1). Als Verbindung steht der dureh Herrn von Morlot ausgeführte Versuch da, Dolomit und Gyps durch gegenseitige Zer- setzung von Kalkspath und Bittersalz darzustellen 2).
Bei den Studien der einzelnen Fälle der Gebirgs-Metamor- phose, sollten folgende Punkte immer möglichst berücksichtigt werden:
1. Angabe eines dem gegebenen entsprechenden Falles einer bekannten Krystall-Pseudomorphose.
1) W. Haidinger. Transaetions of the Royal Society of Edinburgh, for 1827, u. a.
®) Naturwissenschaftliche Abhandlungen gesammelt und durch Subscription herausgegeben von W. Haidinger I. S. 305.
der Gebirgsarten. 53
2. Nebst der bisher gebräuchlichen Darstellung der in der Krystall-Pseudomorphose stattfindenden ehemischen Unterschiede, noch die Theorie des Vorganges bei dieser Veränderung durch ein genügendes chemisches Agens.
3. Beziehung des letzteren Vorganges auf die metamorphosirte Gebirgsart.
4. Erläuterung durch einen Versuch, wo es möglich ist.
Das Wort Metamorphose bedarf hier weniger einer Defi- nition, als die verschiedenen Ausdrücke, welche innerhalb derselben gebraucht wurden. Unmittelbar auf den chemischen Act des Vor- ganges, ob dieser in oxydirender oder redueirender, elektronegati- ver oder elektropositiver Richtung vorgehe, den Veränderungen am Zinkpole, der Anode, oder am Kupferpole, der Kathode entsprechend, beziehen sich die. von Haidinger vorgeschlagenen Ausdrücke anogen und katogen 1). Sie bezeichnen zugleich die geologi- sche Stellung des in der Veränderung begriffenen Krystalles, ob dieser mit sammt der umgebenden Masse hinaufgehoben oder hinab- gedrückt sei. Herrn von Humboldt’s Ausdrücke: endogen und exogen ?) geben den Gegensatz der eruptiven, und der sedimentär gebildeten Gesteine. Sie beziehen sich auf diejenige Periode in der Bildung der Gebirgsarten, von welcher an erst die Anogenie oder Katogenie beginnt. Lyell’s Ausdruck: hypogen stimmt mehr mit dem von Humboldt’schen endogen überein’, doch in ausgedehnte- rem Sinne, indem er auch das Metamorphische begreift.
Der Vorgang bei der Bildung von Krystall-Pseudomorphosen muss dem bei der Metamorphose als Vergleichung dienen. Er setzt einen Strom von solcher Beschaffenheit voraus, dass er gerade die Erscheinung erklärt.
Dies führt auf die nähere Betrachtung der überall vorhandenen Gebirgsfeuchtigkeit, welche alle Gesteine durchdringt. Es werden sowohl die wässerigen Auflösungen unter diesem Abschnitte betrachtet, als auch diejenigen Flüssigkeiten, welehe durch begin- nende oder noch vorhandene Erweichung und Schmelzung der wasserlosen Mineralspecies selbst entstehen,
1) Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften V. Folge, Bd. 3, ?) Kosmos I. p. 475,
54 Haidinger. Metamorphose
Die Gebirgsfeuchtigkeit ist in den Gesteinen in beständiger Be- wegung, aber in einer sehr allmählichen. Ja sie kann oft als nahezu unbeweglich angenommen werden, während die in derselben gelös- ten Bestandtheile ihren Ort verändern, und der Wirkung chemischer Kräfte freigegeben sind. Die Gebirgsfeuchtigkeit füllt alle zufällig in den Gesteinen enthaltenen Hohlräume aus, Blasenräume geschmol- zener Massen, Klüfte, Spalten u. s. w. In diesen werden aufgelöste Körper leicht abgesetzt. Sie sind durch die Wände in die Räume wie durch ein Filtrum gedrungen; sie sind buchstäblich infiltrirt, Die Materie kommt nicht durch einen einzelnen Punkt oder Canal ursprünglich in den Raum, sei es Blasenraum, Gesteindruse oder Gang, daher auch dieser Vorgang, ganz analog dem Durehdringen der Flüssigkeiten durch die Poren des Filtrums, nicht dem Eintropfen in ein Gefäss entspricht. L. v. Buch hat längst die Analogie der Ausfüllung von Blasenräumen und Gängen ausgesprochen. Auch Nöggerath hat in der neuesten Zeit viel Wichtiges über die Bildung der Achatkugeln mitgetheilt.
Bei den Kugeln kann man grösstentheils den ehemischen Bestand aus dem Nebengestein erklären, bei den Gängen geht dies nicht so leicht. Aber ihrer grösseren Ausdehnung wegen, hat man da auch, wie Cotta sehr richtig bemerkt „einen viel grösseren Spielraum für Translocationen.”
Die Gebirgsfeuchtigkeit verbindet die mit derselben in unmittel- barer Berührung stehenden Extreme, auf einer Seite die grossen Wasseransammlungen der Erdoberfläche, auf der andern die unbe- kannte Tiefe, jene befinden sich in einem anogenen, diese in einem katogenen Zustande, ein Gegensatz, der sich in der chemischen Beschaffenheit der atmosphärischen Niederschläge und Oberflächen- wasser gegenüber der aus grossen Tiefen heraufdringenden Quell- wasser erkennen lässt.
Die Gebirgsfeuchtigkeit, sei sie wässeriger, sei sie durch anfangende Schmelzung bedingt, feurig-flüssiger Natur, befindet sich immer in dem Zustande der Amorphie. Corpora non agunt nisi sint amorpha. Treffend sagt Fuchs: Dem krystallini- schen Zustande muss immer der amorphe voraus- gehen 1). Aber das Amorphe ist in der That noch ein dem flüssigen
1) Über die Theorie der Erde, den Amorphismus fester Körper, u. Ss. w.
der Gebirgsarten. 5 5
analoger Zustand. Man hat z. B. dieselbe chemische Mischung in den drei verschiedenen Formen des Erscheinens, als Granat, als Vesu- vian, als Glas. Magnus, Mitscherlich, Deville, Gustav Rose haben in Bezug auf diese und andere Mischungen manche werthvolle Arbeit geliefert.
Wenn ein Individuum einer Species zerstört, ein Individuum einer neuen gebildet wird, muss nothwendig ein amorpher Zustand dazwischen liegen. Die allerallgemeinsten Beziehungen in der Bil- dung von Individuen neuer Species, sind die Oxydation und die Reduction. Nach diesen sind die Pseudomorphosen in ano- gene und katogene zu unterscheiden. Es verdient bemerkt zu werden dass, während bekanntlich in der elektro-chemischen Spannungsreihe Oxygen und Kalium die Endpunkte sind, und während das Oxygen sich vornehmlieh an der Erdoberfläche findet, das Kalium, wenn auch oxydirt als Kali, manchen Schiehten in der Tiefe neu zugeführt wird.
Für die Bildung der Individuen jeder Species gibt es gewisse vorzüglich günstige Umstände, die noch ein recht genaues Studium verdienen. Ruhe und ein langer, andauernder Fortschritt in elektro- positiver oder katogener Richtung, ist dabei unerlässlich.
Entgegengesetztes findet an der Oberfläche und in der Tiefe Statt. Es muss einen Punkt geben, ein Niveau, einen Horizont, wo sich die entgegengesetzten Wirkungen berühren. Die steigende Erwärmung gegen das Innere zu, erreicht in gewissen Tiefen den Schmelzpunkt des Chlornatriums, in andern den Schmelzpunkt der Schwefelmetalle, in andern den Schmelzpunkt der ganzen Masse. Für die Bezeichnung der Gegend, wo diese und andere verschiedene Wirkungen eintreten, schlägt Bergrath Haidinger den Namen einesReactions-Horizontes vor, um sie Herrn von Humboldt's Ausdrucke anzuschmiegen, der die mannigfaltigen dahin gehörigen Erscheinungen „Thermalquellen, Ausströmung von Kohlensäure und Schwefeldämpfen, harmlose Salsen, Schlammausbrüche und die furchtbaren Verheerungen feuerspeiender Berge — aneinander gereiht zusammenschmilzt” in einem grossen Naturbilde, dem Begriff der „Reaction des Innern eines Planeten gegen seine Rinde und Oberfläche.” )
Herr Bergrath Haidinger verfolgte nun die Verhältnisse, welche bei dem Reactions - Horizont für das Eisenoxyd stattfinden. An der Erdoberfläche unter dem Einflusse der Atmosphäre wird nur
56 Haidinger. Metamorphose
Eisenoxydhydrat, selbst oft in Verbindung mit organischen Säuren, gebildet. Unter dem Einflusse von Wasser, Pressung und Ausschluss der oxydirenden, atmosphärischen Einflüsse bilden sich in den Schich- ten anstatt der
ursprünglichen, folgende Körper: Eisenoxydhydrat Eisenoxydul,, Organische Reste Kohlensaure Salze, Schwefelsaure Salze Schwefelkies;
Forehhammer hat die schwefelsauren Alkalien in den fucusartigen Pflanzen der heutigen Meere nachgewiesen. Der Einfluss ähnlicher organischer Körper auf die Bildung des Schwefelkieses der. skandina- vischen Alaunschiefer wird dadurch unzweifelhaft.
Aber diese Veränderung erheischt noch keine bedeutend erhöhte Temperatur, wenn aueh die allmählich steigende günstig auf den Vorgang einwirken kann. Man trifft immer dabei noch auf keinen rothen Thon, keinen rothen Schiefer, keinen rothen Sandstein — von rothen Porphyren oder Graniten nicht zu sprechen. Nur trockenes, wasserloses Eisenoxyd bringt diese Färbung hervor, und zwar im oder unter dem Reactionshorizonte für das Eisenoxyd. Dann wer- den Eisenoxydhydrat, Eisenoxydulhydrat, Spatheisenstein, Schwefel- kies, je nach den eigenthümlichen Verhältnissen ihres Zusammen- vorkommens mit anderen Mineralien zerlegt, ein Theil des Oxygens zur Bildung von Eisenoxyd verwendet, ein anderer geht mit Hydro- gen als Wasser fort, oder es bilden sich durch die Verbrennung und Reduction schweflige Säure, Schwefelwasserstoff und Kohlenwasser- stoff. — Die gleichzeitige Bildung von schwefliger Säure und Schwe- felwasserstoff hat kürzlich Bunsen am Hekla sowohl in der Natur beobachtet, als auch der Erklärung vieler Erscheinungen in dem vulcanischen Haushalte der Natur zum Grunde gelegt. Man darf sie wohl in allen Tiefen vor sich gehend annehmen, wo sich die Ver- änderung des Zustandes der Gebirgsschiehten durch sie erklären lässt.
Der Reactionshorizont für das Eisenoxyd ist die untere Grenze des Bestehens von Eisenoxydhydrat, und überhaupt so ziemlich die Grenze für die Wasserhaltigkeit der Gesteine, oder ein Reactions- horizont für das Minimum des Wassers. Aber da von oben nieder der Druck des Wassers immer zunimmt, so muss es zwischen der Oberfläche und jenem auch einen Reaetionshorizont für das Maximum des Wassers geben, eine Gegend, in der das Wasser
der Gebirgsarten. 57
von oben nieder und von unten hinauf gleiehförmig in die Gesteine eingepresst wird. Hier ist wohl der geologische Ort für die Erzeugung soleher Verbindungen, in welchen nach Scheerer drei Atome Wasser ein Atom Talkerde in fester chemischer Verbindung zu ersetzen im Stande sind, hier der Ort für die Spannung gewisser Quellen, endlich so mancher wässeriger Eruptionen.
Die Verbindung durch die Gebirgsfeuchtigkeit geschieht ohne Zweifel auf den Sandlagern, die sich zwischen Thonschichten finden. Letztere verhärten zu Mergel, zu Schieferthon, auf ersteren b&wegt sich das Ausgeschiedene, von dem insbesondere die aufgelöste Kiesel- erde sieh mit dem Sande verbindet, und so nach und nach die festen Sandsteine hervorbringt.
Das Studium der Gesteine theilt sich in das der Verhältnisse ihrer ursprünglichen Ablagerung und in das der Verän- derungen, welche sie seitdem erlitten haben, oder ihre Meta- morphose.
Das erste, nach Lyell’schem Prineip der Zurückführung auf bekannte Verhältnisse erscheint in 3 Abtheilungen ?):
1. Aus dem flüssigen Zustande fest geworden, und ursprüng- lich geschmolzen.
2. Aus einem Gemenge mit Wasser abgesetzt, oder im eigentli- chen Sinne des Wortes sedimentär.
3. Durch organische Processe gebildet, oder ursprünglich Reste des Pflanzen- und Thierreiches.
Die aus feurigem Flusse abgekühlten Massen sind wieder ent- weder glasig oder steinig. Sie enthalten Bruchstücke anderer Gesteine, Blasenräume, Krystalle; letzteres ist schon Metarmorphose.
Sedimente aus Wasser sind die Tufe, Breceien, Conglomerate, Schutt, Geschiebe, Schotterbänke, Sand, Schlamm; letzterer kie- sel- oder thon-, oder kalkartig. Die chemischen Kalkniederschläge reihen sich den letzteren an. Analog den Sedimenten aus Wasser werden die aus der Atmosphäre betrachtet. Die Meteoriten geben durch ihren oft hochkrystallinischen Zustand den Beweis langer Ruhe und selbstständiger Entwickelung durch Krystall - Metamorphose. Durch organische Kräfte gebildet geben Torf-, Treibholz, Humus-, nach Forehhammer Fucus-Ablagerungen Veranlassung zur Bildung der
1) Vergl. W. Haidinger’s Handbuch der bestimmenden Mineralogie S. 315.
58 Haidinger. Gebirgs-Metamorphose.
Kohlenschichten. Kiesel-Polygastrier und Kalk-Polythalamier erschei- nen im Grossen als sedimentäre Schichten, die Korallenriffe, nach Darwin auf sinkendem Meeresboden aufgebaut, treten bereits aus der Arbeitsthätigkeit des Thierreiches mit Gesteinfestigkeit,, als Anfangspunkt für Metamorphose in das Reich des Geologen ein.
In den abgelagerten Schiehten beginnt nun die eigentliche Gebirgs-Metamorphose, durch die Bildung von Krystall- Individuen. Die Krystallisation ist in der That der Charakter der Metamorphose, Jedes krystallinische Gestein kann unbedingt als ein metamorphisches betrachtet werden, denn es war einst nicht, was es jetzt ist. Man hat von einer ersten Erstarrungskruste 1) der Erde gesprochen, und als solche die krystallinischen Schiefergesteine betrachtet. Aber selbst angenommen, es habe je eine solche Rinde gegeben, so muss ihre Beschaffenheit eine andere gewesen sein. Ein glühender Erdkern konnte eine hohle Wasserkugel entfernt von sich halten, wie das Beispiel des Leidenfrost’schen Tropfens, wenn der Reactions-Horizont für das Minimum des Wassers ausser- halb desselben füllt. Nähert er sich, so kann sich erst nur Obsidian, Schlacke, Perlstein, steinige Lava bilden, bevor die Krystallisation, die eigentliche Metamorphose beginnt. Man kann also selbst dann nur in der Metamorphose eine Erklärung des gegenwärtigen Zustan- des jener krystallinischen Schiefer finden. Wenn man also auch eine ursprüngliche Erstarrungskruste annimmt, so bleibt doch nur die Theorie des Metamorphismus, welche eine genügende Construction für den Vorgang bei der fortschreitenden Ausbildung zu geben im Stande ist.
Noch neuerdings hat Naumann auf das Vorkommen von Linear- und Flächen-Parallelstruetur auch unzweifelhaft eruptiver Massen hingewiesen. Sie lassen die Schieferung der Gneisse und Gneiss- granite nicht als ausschliesslichen Beweis wässeriger, sedimentärer Bildung annehmen.
Für die Verfolgung der Veränderungen in einzelnen Gestei- nen sind spätere Mittheilungen bestimmt.
Herr Bergrath Haidinger überreichte für den Verfasser die kürzlich vollendete „Geognostische Karteder Umgebungen
1) Vergl. Cotta, Grundriss der Geognosie und Geologie $. 386.
Czjzek. Geognostische Karte der Umgebungen Wien’s, 59
Wien’s,” von Johann Czjzek, k. k. Montan-Hofbuchhaltungs- Reehnungs-Offieialen, und gab dabei einige Erläuterungen über die Geschichte ihrer Ausarbeitung und Herausgabe, so wie über die Einriehtung und den Zweck derselben.
Der höchst thätige und unterrichtete Verfasser war von dem k. k. Oberst-Jägermeister-Amte beauftragt worden, eine geognostische Durchforscehung ihres Forst-Terrains im Wiener Walde vorzuneh- men. Als eines der Resultate entwarf er eine geognostische Karte auf welcher insbesondere die Ausdehnung und die Grenzen des Wiener Sandsteines und des Alpenkalkes nebst den verschie- denen Tertiärschichten genau verzeichnet waren. Bei der Aufsuchung aller vorräthigen Quellen für die Zusammenstellung der geognostischen Übersichtskarte der österreichischen Monarchie, wurde Herrn Berg- rath Haidinger auch ein Exemplar dieser Karte von dem k. k. Herrn Custos Partsch mitgetheilt. Später übergab Herr Czjzek selbst ein Exemplar an das k. k. montanistische Museum. Bergrafh Haidinger freute sich, heute wiederholen zu können, dass er damals Herrn C2jzek aufgefordert, ja diese Arbeit noch über ein Stück Land so weit fortzusetzen, dass die Residenz in die Mitte der Karte zu liegen käme. Es würde dies die Befriedigung eines Bedürfnisses vorbereiten, die für andere grosse Städte längst vorliege. Obwohl das Schwierigste, was die grösste körperliche Anstrengung gefor- dert, die Untersuchung der gebirgigen Theile der Karte bereits vollendet war, so erforderte es doch eine gute Verwendung der wenigen, dem Comptabilitäts - Beamten disponiblen Zeit, um den südlich, nördlich und östlich gelegenen Theil genau zu begehen. Am 11. Mai 1846 wurde die Karte im Manusecript vollendet, in einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften vorgezeigt 1). Aber noch konnte kein sicherer Plan für die Herausgabe, die doch ein kleines Kapital erforderte, entworfen werden. Die Karte selbst war mit Veranlassung, nebst anderen um jene Zeit vorhandenen Arbeiten, die Subscription von 20 fl. C. M. jährlich zur Herausgabe der naturwissenschaftlichen Abhandlungen zu eröffnen. Der Aufschwung, den sie nahm, liess voraussehen, dass es möglich sein würde, durch sie einen Theil der Kosten zu decken, und Bergrath Haidinger verabredete mit Herrn Czjzek, dass 200 Exemplare derselben den
1) Berichte. I. Band, Seite 10.
60 Czjzek. Geognostische Karte der Umgebungen Wien’s.
ersten 200 Subseribenten als Theil ihres Anspruches zukommen sollten, welches nun in der That im zweiten Subscriptionsjahre geschieht. Bergrath Haidinger vertraute auf die Güte der hoch- verehrten Classe, dass sie ihm gerne diese Nachweisung seiner eigenen Betheiligung an dem Fortgange des Werkes zu Gute halten würde, da nebst dem Genusse sein eigenes Werk denen zu zeigen, welche man hochschätzt, der höchste doch derjenige ist, zu beweisen, dass man auch fremde Arbeiten nach Kräften zu fördern bereit war.
Herrn Czjzek’s Karte 1) ist auf einem einzigen Blatte von 24 Zoll Höhe gegen 32 Zoll Breite in Farbendruck ausgeführt. Die Grundlage bildet die von Artaria herausgegebene topographische Karte in dem Massstabe von 3 Zoll auf eine Meile, oder von 1/96000 der Natur. Sie umfasst einen Flächenraum von 51 Quadratmeilen. Der Tonplattendruck zeugt von der Vollendung, womit Arbeiten dieser Art in dem k. k. militärisch-geographischen Institute geleistet werden. i
Die neuesten Fluss-Alluvionen sind auf der Karte weiss gelassen. Eilf Gestein- und Boden-Abänderungen sind durch gleichförmige Farbentöne angegeben. Darunter gehören zwei der Diluvial-Periode, nämlich 1. die Gerölle und 2. der Löss; sieben den Tertiärschichten, unter den Benennungen von 3. Süsswasserkalk, 4. Schotter- und Sandlagen, 5. Conglomerat, 6. Leithakalk, 7. Sand mit Tegellagen, 8. Sandsteine und Cerithienkalk, 9. Tegel; die noch übrigen zwei Farben bezeichnen 10. den Alpenkalk, 11. den Wiener Sandstein.
Eigene Zeichen geben noch das Vorkommen von Kalktuf der Jetztzeit, erratischen Granitblöcken der Diluvial-Periode, der tertiä- ren Braunkohlen, so wie der Gypse, Hornstein-Ausscheidungen und Schwarzkohlenspuren in den älteren seeundären Schichten.
Überdies ist eine bedeutende Anzahl von Beobachtungen über das Streichen und Fallen eingetragen. Sie sind überaus wichtig in der Beurtheilung der Auflagerungsverhältnisse, die Herr Czjzek unermüdlich verfolgt hat.
Um die: Lagerungsverhältnisse überhaupt mehr anschaulich dar- zustellen, sind drei Schichtendurchschnitte als Randeinfassungen bei-
1) Vergl. Czjzek in den Berichten. III. Band, Seite 168,
Unger. Landschaftliche Darstellung vorweltlicher Perioden. 61
gegeben, die so zweckmässig gewählt sind, dass der eine die Verhält- nisse der seeundären Gesteine unter einander, ein zweiter die der secundären und der tertiären, der dritte die Verhältnisse der tertiä- ren Schichten unter einander deutlich hervorhebt.
In Bezug auf die Auflagerung des Kalksteines auf den Wiener Sandstein wollte Bergrath Haidinger noch bemerken, dass diejeni- gen Beobachtungen, auf welche er selbst die Folge der Gesteinfarben in seiner tabellarischen Aufzählung auf der geognostischen Über- sichtskarte der österreichischen Monarchie gegründet, vollkommen mit denen des Herrn C2jzek übereinstimmen, und in dieser Überein- stimmung eine werthvolle Bestätigung finden.
Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass auf der gegenwärtigen Karte des Herrn Czjzek der erste Versuch gemacht ist, die einzelnen Schichten der Tertiär-, Diluvial- und Alluvial-Ge- bilde für die Umgebung von Wien nachzuweisen. Nur die Leitha- kalkvorkommen sind von den übrigen Tertiärgebilden in Herrn Partsch’s Karte getrennt, was bei dem viel kleineren Massstabe 1 Zoll auf 11/, Meile oder 6000 Klaftern, und der ungemeinen Aus- dehnung dieser letzteren nicht anders thunlich war.
Durch diese speciellen Untersuchungen der Natur des Bodens in den verschiedenen Tertiär-, Diluvial- und Alluvial-Schichten hat aber Herr C2jzekdie Anwendbarkeit seiner Arbeit ungemein vermehrt, indem sich ja auf sie die Benützung derselben in landwirthschaft- lieher Beziehung gründet. Dazu ist aber auch ein so sehrin das Einzelne gehender Massstab unerlässlich. Die Karte bildet das erste Glied für viele Arbeiten, die später sich über gleich kennenswerthe einzelne Gegenden verbreiten werden, so wie das geologische Studium des Landes selbst genauer und allgemeiner verbreitet wird.
Bergrath Haidinger schloss mit der Bemerkung, dass es ihm als Zeichen des Zutrauens von Seite des verdienten Verfassers unge- mein schätzbar gewesen sei, dieses schöne Werk der hochverehrten mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe vorlegen zu können.
Herr Custos Partsch legt im Namen des wirklichen Mitgliedes der Classe, Professors Unger in Gratz, „Landschaftliche Darstel- lung vorweltlicher Perioden,” mit vorzüglicher Berücksichtigung der
62 A. v. Ettingshausen.
Flora der Vorwelt in zwölf, von Professor Unger unter Mitwirkung des Künstlers Kuwasseg in Sepia ausgeführten Blättern vor.
Professor v. Ettingshausen überreicht eine Abhandlung über die Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen, und hält zur Darlegung ihres Inhaltes folgenden Vortrag:
Der Aufsatz, den ich hier der Classe vorlege, ist als der erste Theil einer Arbeit anzusehen, welche ich über verschiedene Punkte der Undulationstheorie des Lichtes unternommen habe, und womit ich noch gegenwärtig beschäftiget bin. Was ich jetzt gebe, enthält eine Ableitung der Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen aus den einfachsten Prineipien der Mechanik, und zwar in solcher Allgemein- heit, dass daraus auch jene Gleichungen folgen, welehe man bis jetzt nur auf empirischem Wege zur Nachweisung der eigenthümlichen
Fortpflanzung des Lichtes in den Stoffen, worin die Polarisations- -
ebene eine Drehung erleidet, aufgestellt hat.
Mac Cullagh hat zuerst in einer im Februar 1836 zu Dublin gelesenen Abhandlung ( Zransactions of the Royal Irish Academy Bd. 17) für die Fortpflanzung des Lichtes im Bergkrystall Differen- tial-Gleichungen angegeben, woraus sowohl die elliptischen Schwin- gungen folgen, wie sie Airy zur Erklärung der Farben-Curven, welche Quarzplatten im polarisirten Liehte zeigen, vorausgesetzt hat» als auch das von Biot aus Beobachtungen erkannte Gesetz, nach welchem der Drehungswinkel der Polarisationsebene des längs der Bergkrystallaxe fortgepflanzten homogenen Lichtes von dessen Farbe und von der Dieke der Platte abhängt. Über die theoretische Begrün- dung dieser Differential-Gleichungen spricht sich Mae Cullagh in der Abhandlung nicht aus; er stellt dieselben bloss hypothetisch hin, als ein Mittel, die Gesetze der Fortpflanzung des Lichtes im Quarze, die nach den Entdeckungen von Arago, Biot, Fresnel und Airy als eben so viele von einander unabhängige Thatsachen auftreten, mit einander in Zusammenhang zubringen. Später, im November 1841, zeigte derselbe Gelehrte in einer zu Dublin gelesenen Note, welche jedoch erst dureh das Maiheft des Jahrganges 1843 des Philosophical Magazine (Bd. 22, S. 399) eine grössere Verbreitung erhalten haben mag, dass die von Cauchy auf die Wellentheorie des Lichtes ange- wandten Differential-Gleichungen der, in einem Systeme einander anzie-
Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen. 63
hender oder abstossender materieller Punkte, stattfindenden Bewegun- gen die Gesetze der Fortpflanzung des Lichtes in Bergkrystall und in den die Polarisations-Ebene drehenden Flüssigkeiten nicht in sich enthalten, ja vielmehr mit denselben in offenem Widerspruche stehen, in eben dieser Note gibt Mae Cullagh zu erkennen, dass es ihm, aller Bemühungen ungeachtet, nicht gelungen sei, seine Differential- Gleiehungen auf irgend eine Weise mit den Prineipien der Mechanik in Zusammenhang zu bringen. Da die allgemeinsten Gleichungen Cauchy’s die Erscheinungen des Lichtes nicht vollständig nachwei- sen, so schliesst Mae Cullagh — und zwar mit Recht — dass die Voraussetzung einander anziehender oder abstossender materieller Punkte zur Erklärung der Fortpflanzung des Lichtes nicht hinreicht. Er meint, Cauchy’s Rechnungen passen nur auf feste elastische Kör- per, und würden fälschlich auf das Lichtmedium oder den sogenannten Äther übertragen. Schon Fresnel habe den Äther immer nur als eine Flüssigkeit betrachtet, und Poisson behaupte, dass er als solche betrachtet werden müsse, und schreibe seine scheinbaren Eigenthüm- lichkeiten der ungeheuren Raschheit der Vibrationen zu, was zur Folge hat, dass das Gesetz der Gleichheit des Druckes während der Bewe- gung nicht Stich halten könne. Nach Mac Cullagh’s Äusserung wäre der Äther als eine Substanz eigener Art zu betrachten, welche sich von allen wägbaren Stoffen, den festen wie den flüssigen, durch die Unfähigkeit die Diehtigkeit zu ändern, unterscheidet, wesshalb sich darin bloss transversale Schwingungen fortzupflanzen vermögen.
Cauchy hat in seinen vielfachen von 1830 bis 1842 über die Undulationstheorie des Lichtes bekannt gemachten Arbeiten nirgends die von ihm gebrauchten Differential-Gleicehungen auf die Erscheinungen des Bergkrystalls oder der die Polarisations-Ebene drehenden Flüssigkeiten wirklich angewendet; doch scheint dieser Gelehrte, wie aus Äusserungen desselben, namentlich aus dem Scehlusse des ersten im Jahre 1836 geschriebenen und in den Comp- tes rendus abgedruckten Briefes an Ampe&re erhellet, der Meinung gewesen zu sein, dass die Bewegung des Lichtes in jenen Stoffen ebenfalls unter der Herrschaft der Gesetze stehen müsse, welche aus seinen Gleichungen folgen, wofern nur die Glieder ungerader Ordnung beibehalten werden, die bei der gewöhnlichen symme- trischen Anordnung der AÄthertheilchen hinwegfallen. Indessen genügt schon, was Mac Cullagh am Eingange der vorerwähnten
64 A. v. Ettingshausen.
Note besonders hervorhebt, die in dem Briefe enthaltene Be- hauptung, dass die Polarisation des parallel zur Axe des Bergkry- stalles, dann im Terpentinöl u, s. w. fortgepflanzten Lichtes keine streng eirculare sei, sondern in diesen Fällen die Ellipse nur sehr wenig vom Kreise abweiche (s. Comptes rendus Bd. 2, S.182, oder Poggendorff’s Annalen Bd. 39, S. 37), um die Zulässigkeit der angeblichen Reehnung in Zweifel zu ziehen, da wegen der gleich- mässigen Anordnung der Theilchen um die Axe des Bergkrystalles herum kein Grund vorhanden ist, aus welchem die Axen der Ellip- sen, welche die Äthertheilehen bei der Fortpflanzung des Lichtes längs der Krystall-Axe beschreiben sollen, in der auf diese Axe senkrechten Ebene irgend eine bestimmte Lage, und ihre Längen irgend ein bestimmtes Verhältniss zu einander haben müssten, und noch mehr gilt dieses von den Flüssigkeiten, in welchen nothwen- dig Gleichheit der Anordnung der Theilchen nach allen Richtungen obwaltet. Erst gegen das Ende des Jahres 1842 las Cauchy in der Pariser Akademie zwei Aufsätze (Comptes rendus Bd. 15, S. 910 und 1076), in welchen er die richtigen Differential-Glei- chungen der Bewegung des Äthers in den mit rotatorischer Eigen- schaft begabten Flüssigkeiten, und zwar mit Berücksichtigung der Dispersion des Lichtes aufstellt, und mittelst derselben über alle von Biot erkannte Erscheinungen der Fortpflanzung des Lichtes in derlei Flüssigkeiten, selbst von den Anomalien der weinsteinsäurehäl- tigen Stoffe, Rechenschaft gibt. Die neuen Differential-Gleichungen folgert jedoch Cauchy nicht wie seine früheren aus den die Äthertheilchen beherrschenden Kräften, sondern er gibt sie als auf indireetem Wege aus den mittelst eben dieser Gleichungen zu erklärenden Erscheinungen abgeleitet. Nach seiner Meinung würde, wenn man auf alle die Beschaffenheit des virbrirenden Systems bestimmenden Umstände, alsda sind: die Rotationen der Theilchen, die Zusammensetzung eines Theilchens aus seinen Atomen, die Mengung verschiedener Systeme von Theilehen mit einander, achten wollte, die Zahl der in die Gleichungen eingehen- den Coöffiecienten so gross, dass es ein Zufall wäre, wenn man, indem man diesen Coöfficienten verschiedene Zusammenstellungen particulärer Werthe zu geben versucht, gerade diejenigen träfe, welche die continuirliche Drehung der Polarisations-Ebene eines Liechistrahles möglich machen. Es sei daher angemessener, die
Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen. 6 5
einer bestimmten Fortpflanzungsweise des Lichtes entsprechenden Gleichungen aus den Phänomenen selbst abzuleiten.
Aus dem Gesagten erhellet, dass, der Arbeiten von Mae Cullagh und Cauehy ungeachtet, in der Begründung der Undu- lationstheorie auf theoretischem Standpunkte eine Lücke vorhanden ist, deren Ausfüllung die Wissenschaft fordert. Es scheint mir nicht, dass dieses durch neuere Arbeiten, wie z. B. durch jene von O’Brien im Jahrgange 1844 des Philosoph. Magazine (Bd. 25, S. 326 und 521) und durch verschiedene von Laurent der Pariser Aka- demie überreichte Aufsätze, wovon die Comptes rendus von 1844 und 1845 gedrängte Auszüge enthalten, auf befriedigende Weise geschehen sei, und desshalb hoffe ich keinen nutzlosen Schritt zu thun, wenn ich den eigenthümlichen Weg, welchen ich zur Errei- chung dieses Zieles eingeschlagen habe, der Beachtung der Sach- kenner unterziehe.
Sobald man im Sinne der Undulationstheorie zur Erklärung der Erscheinungen des Lichtes das Vorhandensein des Äthers als eines besonderen Stoffes annimmt, eine Annahme, zu weleher die Thatsache der Verbreitung des Lichtes durch Räume, worin keine andere Materie nachweisbar ist, nöthigt; so kann man wohl nur voraussetzen, dass die Äthertheilchen, wie immer sie sieh während der Fort- pflanzung des Lichtes bewegen mögen, stets in der Nähe jener Positionen bleiben, welche sie im Zustande der Ruhe, d. i. als kein Licht vorhanden war, inne hatten: dass also der ruhende Äther sich im Zustande eines stabilen Gleichgewichtes befinde, welches eben durch die Erschütterung, die durch ihn hindurch geht, gestört worden ist. Ein soleher Vorgang ist aber nur bei Annahme von bewegenden Kräften erklärlich, welehe auf jedes einzelne Äther- theilchen ausgeübt werden, und diese Kräfte können nur von den benachbarten Äthertheilchen, und falls die Fortpflanzung des Lichtes in einem Körper vor sich geht, von den Theilchen dieses Körpers herrühren. Welche Vorstellung man sich nun über die Beschaffen- heit des Äthers machen will, oder auf Grundlage unbezweifelbarer Thatsachen machen muss, der Annahme dieser Kräfte kann man sich nieht entschlagen, und selbst wenn man den Äther seinen Raum mit Stetigkeit erfüllen lassen wollte, müsste man darin vorerst räumlich geschiedene auf einander einwirkende und der Einwirkung benach- barter Körperpartikel unterliegende Theilchen betrachten. Dieser
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 5)
66 A. v. Ettingshausen.
Weg ist allerdings von demjenigen, welchen man bei der Untersu- |
chung der Fortpflanzung eines Impulses in einem festen Körper einzuschlagen hat, wesentlich nicht verschieden; allein daraus kann gegen die Zulässigkeit einer solchen Betrachtung durchaus kein haltbarer Einwand erwachsen, so wenig es ungereimt ist, zu sagen, däss selbst flüssige Körper, sofern sich die Theilchen derselben nur äusserst wenig von ihrer Gleichgewichtslage entfernen, ganz die Rolle fester Körper spielen können, wie denn auch tropfbare Körper, während sie den Schall fortpflanzen, sich in der That nicht anders verhalten. Der Grund, warum die von Cauchy früher gebrauchten Gleichungen unzureichend sind, wird also nicht darin zu suchen sein, dass dieselben sich auf ein System von einander entfernter und Änderungen der Abstände zulassender Punkte beziehen.
Bei aller Feinheit der Äthertheilchen wird man sie doch nicht im Ernste für mathematische Punkte halten können, sondern ihnen eine gewisse, wenngleich äusserst geringe Ausdehnung zugestehen müssen. In der Bewegung eines Äthertheilchens wird daher im Allgemeinen eine fortschreitende und eine drehende Compo- nente zu unterscheiden sein. So weit wir gegenwärtig die Erschei- nungen des Lichtes kennen, haben wir noch keine Veranlassung, dieselben auf die drehende Bewegung, welche einem Äthertheilchen um den Mittelpunkt seiner Masse zukommen mag, zurückzuführen. Nach den bekannten Gesetzen der Mechanik ist es sonach erlaubt, alle Kräfte, welche die für die Erscheinungen des Lichtes in Betracht kommende Bewegung eines Äthertheilchens bestimmen, sich ihren Richtungen parallel an dem Mittelpunkte der Masse dieses Theil-
chens angebracht zu denken, welchen Punkt man desshalb dem
Äthertheilchen substituiren darf, sofern man auch dessen Masse auf
diesen Punkt überträgt. Hierin allein liegt der wahre Sinn des
Vorganges, die Äthertheilchen als materielle Punkte zu betrachten.
Die Kraft, womit zwei Äthertheilchen auf einander einwirken, |
mag man immerhin als eine Function ihrer Distanz gelten lassen, doch ist es nicht schwieriger, die allgemeine Voraussetzung, dass
diese Kraft überhaupt von der Lage eines Äthertheilchens gegen das |
andere abhänge, in Rechnung zu nehmen. Der Einfluss der Körpertheilchen auf die Bewegung der Äther- theilchen darf bei der Aufstellung der Grundgleichungen dieser
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I}
Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen. 67
Bewegung nicht unbeachtet bleiben. Wie bedeutend er ist, zeigt die gewaltige Änderung der optischen Eigenschaften eines Stoffes, wenn die gegenseitige Lage seiner Theile durch äusseren Druck oder Temperaturwechsel abgeändert wird. Es scheint mir aber ganz unzulässig, allgemein anzunehmen, dass die Richtung der Kraft, womit ein Körpertheilchen auf ein Äthertheilchen einwirkt, bei allen Stellungen des Äthertheilchens um das Körpertheilchen herum stets durch einen und denselben Punkt gehe, und dass die Intensität die- ser Kraft bloss einer Funetion der alleinigen Distanz des Äthertheil- chens von diesem Punkte proportional sei. Bei chemisch zusammen- gesetzten Stoffen, deren Partikel aus mannigfaltig gruppirten Atomen gebildet werden, kann sich die Sache gar leicht anders verhalten. In der Nichtbeachtung dieses Umstandes liegt meiner Meinung nach ‚der Grund, warum die Formeln Cauchy’s die der Gesammtheit der Lieht-Erscheinungen angemessene Allgemeinheit nicht besitzen.
Die Masse des Äthers, weleher in einem von wägbarer Materie erfüllten endlichen Raume enthalten ist, kann gegen die Masse die- ser Materie als gänzlich verschwindend betrachtet werden, daher darf man sich die Massen der Körpertheile im Vergleich mit jenen der Äthertheile ungemein gross denken, und desswegen die Bewe- gungen, welche die Schwingungen der Äthertheilchen den Körper- theilehen beizubringen vermögen, insofern es sich lediglich um die Fortpflanzung des Lichtes im Innern eines Körpers handelt, ver- nachlässigen, d. h. die Körpertheilchen als ruhend ansehen.
Dies sind die einzigen, und wenn ich nicht irre, naturgemässen Voraussetzungen, deren man zur Aufstellung der Differential-Glei- chungen des Äthers bedarf. Es wird dabei die eigentliche Beschaf- fenheit der Partikel eines Körpers und deren Vertheilung in seinem Innern, wie auch die Natur der Äthertheilchen und das Gesetz der sämmtliche Theilchen beherrschenden Kräfte ganz unbestimmt ge- lassen. Von vorne herein lässt sich hierüber nichts entscheiden, sondern nur auf Grundlage der Erfahrung in so fern etwas aussagen, als die Besonderheit einer Erscheinung einen Schluss auf die Funda- mentalgrössen möglich macht. Es ist allerdings ein für die Ent- wickelung der Theorie des Lichtes sehr glücklieher Umstand, dass es zunächst bloss auf die Form der Grundgleiehungen ankommt.
Die Ableitung der allgemeinen Differential-Gleiehungen der Be- wegung der Äthertheilchen, unter der Voraussetzung, dass nicht alle
5 *
68 _ Kollar. Insecten-Fauna von Persien.
Kräfte, welche auf diese Theilchen wirken, durch blosse Funetionen der Distanz der Theilchen von der Quelle der Kraft bestimmt werden, macht den ersten Abschnitt meiner Abhandlung aus. In dem zweiten Abschnitte untersuche ich, welche Formen die Gleichungen annehmen, wenn man, wie es namentlich bei Flüssigkeiten nothwendig der Fall ist, voraussetzen darf, dass die Fortpflanzung des Lichtes nach allen Riehtungen auf einerlei Weise vor sich geht. Ich finde genau die Formen, welehe Cauchy auf dem oben erwähnten indireeten Wege erhalten hat, und da diese Formen durch die Möglichkeit einer natur-
gemässen Darstellung der Phänomene bedingt sind, so erlaube ich
mir daraus auch auf die Richtigkeit meiner Grundansicht der hier waltenden Kraftäusserungen zu schliessen.
Die weiteren Abschnitte meiner Arbeit werde ich der Classe später überreichen. Sie betreffen die Fortpflanzung des Lichtes im Bergkrystalle, und in den durchsichtigen Körpern, welche unter dem Einflusse eines galvanischen Stromes stehen.
Ich bemerke nur noch, dass ich diese Arbeit bereits im Anfange des Jahres 1846 begonnen, und das Wesentlichste davon in den Vorlesungen, welche ich an unserer Universität über höhere Physik halte, vorgetragen habe. Eine zur Veröffentlichung bestimmte, im Mai genannten Jahres geschriebene Note hierüber, hieltich, als die Errich- tung der Akademie kund ward, zurück. Die Verspätung der Organi- sation der Akademie veranlasste mich, die Note der Pariser Akademie einzusenden, in deren „Comptes rendus’ vom 5. Mai 1847 (Bd. 24, S. 801) sie erschienen ist. Ich beschränkte mich in derselben bloss darauf, zu zeigen, dass die Differential-Gleichungen der unendlich
geringen Verschiebungen in einem Systeme materieller Punkte,
deren Einwirkung auf einander nicht einzig von ihren Abständen
abhängt, die neueren Gleichungen Cauchy’'s als speciellen Fall in sich enthalten.
SITZUNG VOM 17. FEBRUAR 1848.
Herr Custos Kollar theilte eine, gemeinschaftlich mit dem cor- respondirenden Mitgliede Dr. L. Redtenbacher, nach der von Kotschy in der südpersischen Provinz Farsistan im J. 1842 zu Stande gebrachten Sammlung verfasste Insecten-Fauna dieses Landes mit,
und machte aufden aus den Temperatur-Verhältnissen und der höheren |
Hyrtl. Über die Carotiden des Ai. 69
Lage des Landes erklärbaren eigenthümlichen Charakter dieser Fauna aufmerksam, welche, der Mehrzahlnach, nieht arabische und ägyptische Formen, sondern vielmehr syrische und südeuropäische Formen zeigt, also zur Mediterran-Fauna zu rechnen ist. Von den 206 untersuchten Arten gehören nämlich 156 bekannte diesem Gebiete an, und auch die übrigen 50 neuen und dem Lande eigenthümlichen Formen sind zunächst damit verwandt.
Herr Custos Fenzl knüpft an die von Herrn Kollar hervor- gehobene Eigenthümlichkeit der südpersischen Fauna einige Bemer- kungen über den eigenthümlichen Charakter der dortigen Pflanzen- welt. Das botanische Hofeabinet hat von Kotschy eine über 1000 Arten zählende Sammlung von Pflanzen derselben Gegend acquirirt.
Herr Kollar fügt hinzu, dass allerdings über die Flora Süd- persiens sich noch ein bestimmteres Urtheil als über die Fauna fassen lasse, da Kotschy, welcher als Botaniker reiste, sein Fach vorzugsweise berücksichtigt hat.
Herr Hecekel bemerkt, dass die südpersischen Süsswasser- Fische grösstentheils indische Formen darbieten ; mit den euro- päischen identische kommen da nirgends vor.
Professor Dr. Hyrtl legte eine mit Abbildungen ausgestattete druckfertige Abhandlung über die Carotiden des Ai (Bradipus tor- quatus)) vor. Der Verfasser sprach zuerst über die durch die Lebens- weise des Thieres bedingte besondere Organisation desselben. Das Thier, welehes auf Bäumen lebt, Tage lang an selben mit zur Erde gekehrtem Rücken hängt, ist daher mit mehr Halswirbeln ausge- stattet, um eine Drehung des Kopfes von fast 180° möglich zu machen; ebenso erfordern die heftigen Bewegungen desselben eine Veranstaltung zur Ausgleichung der dem Drucke kräftiger Brust- und Halsmuskeln auszuweichen genöthigten Blutmasse. Die Abhandlung weiset die Existenz regelmässiger, mit der Zahl der Wirbel über- einstimmenden Anasiomosen zwischen der Carotis und Vertebr.alis, die Gegenwart von Wundernetzen an der vorderen und hinteren Fläche der Wirbelsäule, so wie im Verlaufe der Teemporalis, Ophthalmica , Infraorbitalis, und der aus der Carotis cerebralis, entspringenden Ethmoidalıs nach.
ra) -Haidinger. Dichroskopische Loupe.
Herr Bergrath Haidinger erläuterte den Inhalt der folgenden Mittheilungen:
I. Ich habe die Ehre der hochverehrten mathematisch - natur- wissenschaftliehen Classe einen kleinen optisch - mineralogischen Apparat zu übergeben, den ich vor einiger Zeit ausgedacht, und bei der Untersuchung der Krystalle mit Vortheil angewendet habe. Er ist unter der Benennung der diehroskopisehen Loupe bereits mehrmals von mir beschrieben worden, zuerst in einer Mittheilung über die Farbe des Axinits inPoggendorff’s „Annalen für 1844,” dann in einem Aufsatze über den Pleochroismus der Krystalle in den Abhandlungen der königlich-böhmischen Gesellschaft der Wissen- schaften und in Poggendorff, auch in meinem „Handbuche der bestimmenden Mineralogie” ($S. 358), so wie in einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften in Wien am 25. Mai 1845 (Berichte I, S. 26), und in mehreren Cursen meiner Vorlesungen vorgezeigt. Das Ganze ist somit nicht neu, und ich würde kaum einen Anspruch haben , es diesem hohen wissenschaftliehen Kreise vorzu- legen, wenn es mir nicht daran gelegen sein müsste, Alles, was ich auch vor der Zeit der Gründung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften für die Erweiterung der Lehre beitragen zu können glaubte, nach und nach dessen freundlicher Aufmerksamkeit zu empfehlen. Es liegt dies übrigens in der Natur der Sache, und ich werde bei diesem Verfahren unter den hochverehrten Mitgliedern der Classe hoffentlich nicht allein bleiben.
Die dichroskopische Loupe dient vorzüglich zur Untersuchung der Krystalle im polarisirten Lichte in Bezug auf ihre Farben. Ihre Einrichtung gibt 0 beste Erklärung des Prineips ihrer Anwendung.
Der mittlere Theil A ist ein Stück S Doppelspath, so wie es leicht durch Thei- OD lungsflächen begrenzt aus dem durchsich-
B ec“ tigen Stücke dieses Minerales herausge- spalten werden kann. An die Enden desselben sind Glasprismen B und © mit einem durchsichtigen Kitte angeklebt. Die Flächen des Doppelspathes, der Theilbarkeit parallel, lassen sich sehr leicht voll- kommen poliren. Als Kitt kann man Canadabalsam anwenden, aber da er häufig sehr dünnflüssig ist, so ist oft das lange Abdampfen an der Weingeistflamme lästig, welches so lange fortgesetzt werden muss, bis der Balsam beim erkalten fest wird. Ich habe daher mit Vortheil
Haidinger,. Dichroskopische Loupe. H 1
Copal in geschmolzenem klaren Terpentinharz aufgelöst, wodurch man die Schmelzbarkeit nach Belieben stimmen kann. Diese Bemer- kung ist nicht unwichtig, weil man oft in die Lage kommt, bei dem so tragbaren Apparate Beschädigungen selbst zu verbessern.
An einer Seite ist in einer Blendung eine Lichtöffnung L ange- bracht. Durch die doppelte Strahlenbrechung erscheinen an der andern Seite zwei Bilder derselben, ein oberes O, welches den ordinären, und ein unteres E, welches den extraordinären Strahl enthält. Der Winkel des Hauptschnittes des Rhomboeders der Theil- barkeit am Doppelspathe ist 110°28'. Hätten die Glasprismen Winkel von 20028‘, so würde der ordinäre Strahl gar nicht die geringste Abweichung zu erleiden haben, vorausgesetzt, der Brechungs-Expo- nent des Glases wäre gleich dem Exponenten des Doppelspathes für den ordinären Strahl oder = 1'6543. Dies ist selbst für Flintglas ein sehr hoher Exponent, aber man hat meistens Prismen von Kronglas mit Exponenten wenig über 1°5. In der Praxis ist das ordinäre Bild fast ohne farbige Ränder, wenn man Kronglasprismen von 20° Winkel, nimmt. Das Feld E des extraordinären Strahles ist zwar ebenfalls farblos, aber mit Rändern eingefasst, von welchen der obere roth, der untere blau ist.
Schon mit diesem Elemente des Apparates erhält man zwei, in den in der Figur angegebenen Stellungen übereinander liegende Bilder der Lichtöffnung, von welchen das Licht im obern ordinären O in der Richtung beider Bilder, das heisst auch in der Richtung des Hauptschnittes des Doppelspathes polarisirt ist, während die Polarisations - Ebene von E senkrecht auf der vorhergehenden steht. Dichromatische Krystalle, vor die Lichtöffnung gehalten, erscheinen in jedem der beiden Bilder mit einer andern Farbe; dieser Theil des Apparates ist also schon ein wahres Diehroskop, von öfxpoos und oxorew in der etymologischen Bedeutung des Wortes.
Aber die Entfernung des Auges in der gewöhnlichen Sehweite ist bei der Untersuchung, besonders kleiner Krystalle nicht vortheil- haft. Es wird also an dem Ocular-Ende die Loupe D hinzugefügt, deren Brennweite, wenn sie mit dem Theile B C combinirt ist, gerade vor die Lichtöffnung L reicht. Eine aplanatische Loupe, wie die in der Zeichnung, lässt sich unmittelbar an das Prisma C ankle- ben. Das Ganze wird nun in eine Messingröhre eingeschoben, um es vor Beschädigung zu bewahren. Die der Länge nach gehenden
12 Haidinger. Diehroskopische Loupe,
Theilungsflächen können noch zur Vermeidung überflüssiger Bilder, welehe durch innere Spiegelung entstehen, rauh gemacht, und durch einen Firnissüberzug geschwärzt werden. Die Blendung mit der viereckigen Öffnung bildet eine Art Deekel, der herumgedreht wer- den kann, um jederzeit die zwei Bilder O und E genau übereinander stellen zu können. Der ganze Apparat ist nieht grösser und nieht weniger tragbar als eine gewöhnliche Loupe. Er gewährt den Vor- theil, dass man Krystalle in den beiden senkrecht aufeinander polarisirten Bildern — man könnte fast sagen — zugleich, wenig- stens im unmittelbaren Gegensatze, untersuchen kann. Auch der _ Preis einer diehroskopischen Loupe mit Etui 6 fl. C. M., wie sie von Herrn Mechaniker Eekling geliefert wird, übersteigt den Preis einer gewöhnlichen Loupe nur um Weniges.
Die dichroskopische Loupe kann als eines der vielen Corolla- rien betrachtet werden, welehe aus den glänzenden Forschungen über die Eigenschaften des polarisirten Liehtes, seit Malu’s Ent- deekung des Zusammenhanges der Reflexions- und Refractions-Pola- risirung fliessen. Aber man liebt nicht gerade nur die möglichen Combinationen auszubeuten, wenn es gilt neue Forschungen über Naturgesetze anzustellen. Obwohl daher Arago’s Polariskop und Biot’s ganz analoge Vorriehtung zur Untersuchung der Farben dünner Blättchen, so wie später Baden Powell’s Objectiv-Vor- richtung bei einem Polarisations-Instrumente, aus Doppelspath mit einer Blendung und einer Glaslinse bestehend (Pogg. Ann. 1843, LIX, 640) nahe mit derselben verwandt sind, so waren es doch immer mehr die Farbentöne ohne den Körper, was man beobachten wollte, während es mir für den mineralogischen Zweck daran lag, die Krystall-Individuen selbst als solche, aber im polarisirten Lichte zu betrachten.
Die Aufstellung dieses kleinen Apparates ist also eigentlich weniger das Resultat physikalischer Forschung gewesen, als es ganz eigentlich in der Anwendung des längst Errungenen und Festgestell- ten in jener Wissenschaft auf die Mineralogie liegt, deren Gegen- stand ja die Kenntniss der unorganischen Individuen ist. Bei der Untersuchung der Farben derselben im polarisirten Lichte begnügte man sich die Körper ohne viele Vorrichtungen in irgend einem wie immer erzeugten Bündel desselben zu betrachten. So hat insbeson- dere Sir Dayid Brewster seine höchst wichtigen Beobachtungen
Haidinger. Dichroskopische Loupe. 3
(Phil. Trans. for 1819) gemacht, doch eontrastirte er stets nur zwei Farben. Arago, Biot, und mit ihnen Soret betrachteten den Krystall vor einer im dunkeln Grunde gemachten Lichtöffnung, auf welcher ein achromatisirtes Doppelspathprisma lag. Letzterer gelangte auf diese Art zur Darstellung des Trichroismus am Topas. Aber es fehlte an einer eigenen Vorrichtung, die sich leicht überall anwenden liess. Diese war nun durch die dichroskopische Loupe gewonnen. Sie hat seitdem auch in der Förderung der Forschung selbst schon reichliche Früchte getragen. Ich hoffe im Verfolge der Zeit der Akademie manche Beobachtungen über den Pleochroismus der Krystalle, über den Flächenschiller, über den Glanz der Körper selbst, welche auf der Zerlegung des durchgelassenen oder zurück- geworfenen Lichtes beruhen, vorzulegen. Hier mögen nur ein Paar Beispiele die Anwendung der diehroskopischen Loupe zeigen.
Lage. Man bringe die Loupe so vor das Auge, dass die zwei viereckigen Bilder der Blendung übereinander liegen. Man weiss, dass durch Reflexion von einer horizontalen Glastafel das Licht in der verticalen Einfallsebene polarisirt ist. Das obere Bild O nimmt sämmtliches in derselben polarisirt zurückgeworfene Licht in sich auf, und erscheint hell, das untere Bild E erscheint dunkel. Diese Stellung muss man für alle vergleichenden Untersuchungen bewah- ren. Die Reflexion von einem horizontal gehaltenen Fingernagel genügt für diese Orientirung.
1. Ein Turmalinkrystall von gelblichbrauner Farbe, durchsichtig, bei verticaler Axenstellung vor die Objeetiv-Öffnung gebracht, erscheint in dem obern Bilde absolut schwarz, im untern Bilde: zeigt er das schöne durchsichtige Gelblichbraun des Krystalls selbst. Der Turmalin absorbirt also alles Licht, welches bei dem Durch- gange durch seinen Krystall in dem Hauptschnitte, also ordinär polarisirt war, und lässt nur extraordinär also senkrecht auf den Hauptschnitt polarisirtes hindurch.
Entgegengesetzt diesem altbekannten Krystalle wirkt bei ver- ticaler Axen-Stellung der Andalusit. In diesem Falle ist das obere Bild hellgrünlichweiss, das untere dunkelblutroth. Der extraordinäre Strahl ist also mehr absorbirt als der ordinäre.
2. Man streiche mit einem glatten Messer die hocheitronen- gelben Krystall-Schuppen des Jodbleies auf eine mattgeschliffene Glasfläche so glatt wie möglich auf. Die Oberfläche wird fettartig
A Haiding er. Dichroskopische Loupe.
‘ fast diamantglänzend werden. Das von dieser Fläche zurückge- strahlte Licht gibt das überraschende Resultat eines obern weissen Bildes 0, welches alles ordinär zurückgestrahlte Licht enthält, im Ge- gensatze eines untern Bildes E, welches das schönste Lasurblau dar- stellt, das selhst bei stärkerer Neigung, bei grösseren Einfallswinkeln in Violet übergeht. Das Blau ist übrigens beim Austritte vom Jod- blei ordinäres Licht, da man unter allen Einfalls-Azimuthen dasselbe Resultat findet. Das Präparat, an dem ich diese Erscheinung erst kürz- lich wahrnahm, verdanke ich meinem verehrten Freunde, dem k.k. Herrn General-Probirer A. Löwe, und ich habe gerne dieses neue Resultat dem altbekannten des Turmalins angereiht, um die grosse Ausdehnung zu bezeichnen, in welcher dieser einfache kleine Apparat mit Vortheil angewendet werden kann.
3. Mit Krystall-Platten eombinirt lässt sich die dichroskopische Loupe auch als Polariskop anwenden. Dickere Platten, die auf dem für die Liehtöffnung durchbohrten Bleche in ihren eigenen Ebenen herumgedreht werden, zeigen in der Richtung der optischen Axen begreiflich eonstante Licht-Intensitäten, während diese in anderen Richtungen nach den acht einander unter 45° schneidenden Richtun- gen wechseln, wie bei andern Polarisations-Apparaten.
Ganz kleine Fragmente oder Splitter lassen sich leicht auf den Pleochroismus untersuchen, wenn man sie mit Balsamkitt zwischen zwei Glasplatten einschliesst. Ja selbst ein Mikroskop mit der stärksten Ver- grösserung kann einfach dadurch in ein Mikroskop im polarisirten Lichte verwandelt werden, dass man eine dichroskopische Loupe auf das Ocular desselben stellt, und dann dem Focus angemessen adjustirt.
Während meiner Studien zur Vollendung dieses Apparates liess ich Muster bei Plössl, Voigtländer, Eckling machen. Eines derselben hat das Doppelspath-Theilungsprisma senkrecht auf die Kanten abgeschnitten, und den Schnitt nur mit einer dünnen Glas- platte bedeckt. Das Ganze wird dadurch noch kürzer, und man kann die zwei Glasprismen entbehren. Aber die Fläche polirt sich nicht leicht, weil durch die Theilbarkeit gern dreieckige Löcher hinein- gerissen werden. Gern hätte ich wohl noch manche Modifieationen in der Ausführung versucht, aber selbst bei so kleinen Gegenständen sind verunglückte Versuche oft unvermeidlich, und für den Natur- forscher bei unsern gegenwärtigen Verhältnissen zu zeitraubend und kostspielig.
Haidinger. Neue Art des Vivianits. 7 5
Noch sei es mir erlaubt zu erwähnen, dass sich in der dichro- skopischen Loupe auch ohne vergleichende Polarisations - Ebene die Natur des ordinären und des extraordinären Strahles durch die Lage der Polarisations-Ebene erkennen lässt. Im ordinären Bilde O geht nämlich die Richtung derselben durch beide Bilder, in dem extraordinären Bilde E steht sie senkrecht auf der vorigen. Man erkennt sie an der Lage der Polarisations-Büschel, und ent- deckt diese ziemlich leicht, indem man die beiden Bilder abwech- selnd scharf ins Auge fasst, und wenn das Auge mit dem Eindrucke des einen gesättigt ist, schnell wieder das andere ansieht, bis man endlich diese gelblichen Büschel in violetgrauem Grunde erblickt hat. Ich bitte die hochverehrte Classe, mir zu erlauben, das Wesen dieser Büschel hier nur kurz angedeutet zuhaben, um mir später ihre Geduld nicht zu entziehen, wenn ich ihr dieselben im Zusammen- hange vorzulegen wagen werde. Wohl ist Vieles davon bereits bekannt gemacht, auch innerhalb einer gewissen Ausdehnung beinahe abge- schlossen, aber doch hoffe ich auf die Theilnahme derselben rech- nen zu dürfen, wenn sie die Wichtigkeit derselben aus demselben Gesichtspunkte freundlich anzusehen fände, in welchem sie mir selbst erscheinen.
II. Die folgende zweite Mittheilung bezog sich auf eine neue Varietät von Vivianit.
Man kennt viele Bildungen von Vivianit, die aus verhältniss- mässig neuerer Zeit herrühren. Die blaue Eisenerde Werner's ist so häufig in Thonen und Torfmooren, in weissem an der Luft blau werdendem Pulver. Aber auch Krystalle haben sich öfters gebildet. Ich nenne hier die schönen Krystalle in den Bivalven von Kertsch, den Mullieit in Pflanzenstengeln im Sande von Neu- Jersey, die kleinen Krystalle auf der Oberfläche des Arvaer Meteor- eisens, die, welche Rouault in dem „Bulletin de la Societe geo- logique de F'rance'’' 1846, S. 317, aus recenten Knochen beschreibt.
Ich habe heute das Vergnügen, ein ganz analoges Vorkommen der hochverehrten Classe vorzulegen, dessen Mittheilung ich der freundlichen Güte des Herrn Professors Dr. Göppert verdanke, und das nun dem k. k. montanistischen Museo angehört. Die Kry- stalle sind nahe zwei Linien gross, und so vollkommen aus- gebildet, dass sie zu den merkwürdigsten gehören, die überhaupt von der Species bekannt sind. Ihre Form ist sehr ähnlich den so
6 Hai dinger. Neue Art des Vivianits.
häufigen rhomboidalischen Gypstäfelehen ; überhaupt ist ja die Ähn- lichkeit der beiden Species, abgesehen von der Farbe, so gross, und seit so lange erkannt worden, dass man dem Vivianit oft den Namen „blauer Gyps” gegeben hat.
Die Vivianitkrystalle sind wie in einer Druse auf der einen Seite der Hohlröhre eines menschlichen Armknochens aufgewach- sen. Man fand das ganze Skelet, welches ursprünglich einem Berg- manne angehört hatte, zu Tarnowitz in Schlesien, verschüttet in einer alten Strecke. Herr von Carnall hat eine Nachricht dar- über gegeben, die mir jedoch noch nicht zugekommen ist. Jedenfalls verdient diese Thatsache alle Aufmerksamkeit.
Die Bildung des Vivianits ist unzweifelhaft der Phosphorsäure des organischen Körpers, und einem schwefelsauren Eisenoxydul zuzuschreiben, wie sich dies so oft in der Gebirgsfeuchtigkeit in alten Bergbauen findet. Bei der so frischen Beschaffenheit der Kno- chentheile selbst, dürfte aber der Phosphorsäuregehalt weniger einer Zerstörung dieser zugeschrieben werden als vielmehr den Verwe- sungsprocessen der Weichtheile des Körpers.
Ich kann diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne an eine besonders schöne neu entdeckte Varietät von Vivianit zu er- innern, welche kürzlich das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet mit einer Partie Mineralien aus dem Banate, als „Grüner Gyps von Moldowa’” acquirirte. Die Krystalle davon sind bis anderthalb Zoll gross und ganz in der Form den bekannten Gypslinsen vom Montmartre ähnlich, nur dass die gekrümmten Flächen in Bezug auf die Krystall- reihe der Species eine etwas abweichende Lage besitzen. Aber die Ähnliehkeit ist im Ganzen täuschend.
Der Vivianit ist eine trichromatische Species, eine der Farben -ist ein schönes Berlinerblau, die beiden andern wenig ansehnlich und blass grünlieh. Aber die erstere Farbe erscheint an der Varietät von Moldowa nur an den äussersten Kanten; anstatt derselben geben die innern Theile der Krystalle ein schönes sattes Lauchgrün. Es scheint hier bei der Bildung ein demjenigen analoger Zustand Statt gefunden zu haben, wie bei dem weissen phosphorsauren Eisenoxy- dul, welches man oft in den Torfschiehten trifft, und das erst an der Luft blau wird.
Ich habe mich später vergebens bemüht, Nachrichten oder Stücke aus dem Banate von diesen wunderschönen Krystallen zu
Haidinger. Meteor-Staubfälle, 1 7
erhalten. Leider sammelt man noch zu wenig für wissenschaftliche Zwecke. Bei diesem Vivianit muss man sogar noch dem Zufalle dankbar sein, der selbst ganz ohne dass man eigentliche Kenntniss von der Species hatte, das einzige Exemplar für das k. k. Hof-Mine- ralien-Cabinet rettete.
II. Herr Bergrath Haidinger machte noch folgende dritte Mittheilung:
Ich bitte um die freundliche Aufmerksamkeit der hochverehrten Classe für ein Wort über eine Naturerscheinung, die uns durch ein neuerliches Ereigniss ganz nah gestellt ist, und von der ich über- zeugt bin, dass sie uns fort und fort und mit desto grösserem An- theile beschäftigen wird, je näher wir ihrer eigentlichen Erklärung kommen, ich meine die Meteor-Staubfälle und insbesondere den in Wien vom 1. Februar dieses Jahres:
Mancherlei hatte in dem letzten Jahre auf das Vorkommen der- selben aufmerksam gemacht. Der Fall am 31. März in den Alpen von Chambery bis Gastein war vielfältig besprochen worden; der von Deffereggen von Millplaner, Öllacher, Heinisch, Kanka, der von Rauris und Gastein trefflich geschildert von Werkstätter und Reissacher. Ehrenberg hatte auch den Tirolerstaub der scharfen Sichtung in einer Wissenschaft unterworfen, die er beinahe selbst erst geschaffen hat. Ich schickte ihm Proben des Staubes von Salzburg. Ich setze hier die einzelnen Angaben nicht näher aus- einander, die in den Versammlungen von Freunden der Naturwis- senschaften am 1. October, 12. November und 31. December besprochen, in dem Ill. Bande der „Berichte”’ S. 289, 390, 430, 489 mitgetheilt sind.
Ich bemerkte die schmutzig-bräunliche Färbung des Schnees an seiner Oberfläche, als ich am Morgen des 1. Februars aus mei- ner Wohnung in das montanistische Museum ging. Als ich es wieder in Begleitung des Cabinets-Dieners Richter verliess, machte die gleiche Bemerkung desselben, wie wir die grosse Flä- che des Glaeis vor uns hatten, einen solehen Eindruck auf mich, dass das Phänomen eines Staubfalles nicht bezweifelt werden konnte. Mein verehrter Freund A. Löwe liess sogleich von dem nur ober- flächlich liegenden gefärbten Schnee einsammeln, (der darunter liegende war vollkommen weiss), um ihn zu schmelzen, und durch Filtriren das röthliche Pulver zu sammeln. Herrn v. Hauer bat ich,
1s Haidinger. Meteor-Staubfälle.
den Staub an Herrn Dr. Reissek sicher zu besorgen, der sich so viel und erfolgreich mit mikroskopischen Forschungen beschäftigte, und der bereits so manche schöne Arbeit vollendet hat. Aber Herr Dr. Reissek, durch seine eigenen früheren Studien vorbereitet, die Mannafälle in Kleinasien u. s. w., hatte unabhängig schon die Beobachtung im botanischen Garten gemacht, und bereits reichlich gesammelt, und die mikroskopische Untersuchung begonnen.
In der Versammlung am 4. Februar übergab Herr A. Löwe das getrocknete Staubpulver. Herr Dr. Reissek war eben nicht anwesend; Herr Dr. Karl Wedl erhielt gleichfalls eine Partie zur Untersuchung. Ich hatte noch am Nachmittage des 1. Februars auf einem Spaziergange vor die St. Marxerlinie Alles gleichförmig mit diesem Staube bedeckt gesehen, alle Dächer zeigten die gleiche oberflächliche Färbung; aber wir sind in Wien den Staub so sehr gewohnt, dass man vielleicht einen mehr localen Ursprung zur Er- klärung auffinden durfte. Indessen zog Herr Dr. Reissek mancher- lei Erkundigungen ein; der Staub lag gleiehförmig von Wien bis Dürnkrut und Pressburg, und darüber hinaus so weit man dies unter- scheiden konnte. Er ertheilt Proben von Dürnkrut eingesendet. Das Resultat der Untersuchung von dem Staube des Glaeis vor der Münze, des botanischen Gartens und von Dürnkrut war ganz gleich. Er schliesst sich auch ganz der Beschaffenheit an, welche in den Untersuchungen Ehrenbergs über mehr als 100 Staubsorten herausstellt, insbesondere die continentale Natur desselben.
Die Ansicht Ehrenberg’s ist bekanntlich diese, dass der Staub, ursprünglich wohl aus Südamerika stammend, lange Zeit in den Staubnebeln der Passat-Zone schwebend gehalten wird, von wo er von Zeit zu Zeit durch Südwestwinde — Scirocco, Föhn — insbesondere auch nach Europa geführt wird, daher er ihn auch Passat-Staub zu nennen vorschlägt.
Durch seine eigenen früheren Untersuchungen darauf hinge- leitet, bezeichnete Reissek bei seiner Mittheilung in der Ver- sammlung von Freunden der Naturwissenschaften am 11. Februar, wo er die Resultate der mikroskopischen Forsehungen gab, vielmehr die östlichen Regionen als diejenigen, wo wir nach den Quellen des Staubes zu forschen haben, woher also die Staubnebel durch Ost- winde gebracht, aber allerdings durch den Zusammenstoss mit dem Südweste abgelagert werden können.
Haidinger. Meteor-Staubfälle. 79
Die meteorologischen Elemente Wiens waren am 30. Januar bis 1. Februar folgende, nach den Mittheilungen der k.k. Sternwarte in der „Wiener Zeitung:
Den 30. Januar. Den 31. Januar. Den 1. Februar. 6 Uhr M. 28" gu 6WW. M. 28" Zu guw,.M 27 gu gen Barometer... 2 Uhr N. 28° 7 11." SL ERU A 10 Uhr A. 28 6 Hu Bol nl EI IREHLU REEL ORUER ER 6 Uhr M. — 11°5R. — 12.2 R. — 5.4 Thermometer . 2 Uhr N. ae ze, BD Me 10 Uhr A. — 10 °5 —y ned — 0.%'
6 Uhr M. SO schwach. Schnee. SO schwach. Nebel, N. still, Nebel. 2 Uhr N. SO mittelm. Heiter. SO mittelm. Nebel. N. still. Nebel. 10 Uhr A. SSO. mittelm. Heiter. SO schwach. Nebel. N. still, Nebel.
Wind und Witte- rung ..
Starker Barometerfall gegen die Nacht vom 31. auf den 1., Erhöhung der Temperatur, Windwechsel. Herr Professor Columbus meldete gleichzeitig den 31. Abends Scirocco in Salzburg bei + 6°, während in Linz die Temperatur noch — 8:6° R. war. Um ein etwas vollständigeres Gemälde zusammenstellen zu können, habe ich mich um Mittheilung mehrerer Daten an mehrere Anstalten und Freunde gewendet, von welchen ich auf Nachrichten hoffe, die mir dann später Veranlassung geben werden, den Gegenstand wieder zu berühren. Es kann sein, dass ein Scirocco in seinem Fortschritte senkrecht auf seine Richtung gerade zwischen Salzburg und Linz durch eigenthümliche Umstände sein Ende erreicht, während gerade am Saume der Staubfall stattfindet.
Ob aus dem Seirocco, ob aus den Ostwinden wird sich gewiss später beantworten lassen, wenn einst das Phänomen allgemeiner gewürdigt ist als bisher. Vielleicht haben wir jeden Winter Staub- fälle dieser Art, die aber so leicht in dem Getreibe einer grossen Stadt der täglichen Erzeugung von Staub aus örtlichen Einflüssen zugeschrieben werden. Wer erinnert sich nicht der weit verbreitet schmutzigen Oberfläche des Schnees im Frühjahr ?
‚Ich fragte in meiner Einladung um die meteorologischen Daten vom 30. Jänner bis zum 7. Februar, um den höchsten Barometer- stand einerseits, andererseits aber den 6., den Tag jenes höchst merkwürdigen Glatteises einzuschliessen, wo es gleichzeitig in Linz und Wien bei — 4° R. regnete.
Auch von diesem Wiener Staube, wie von dem früheren aus Salzburg habe ich Proben an Ehrenberg gesandt, dessen letzte akademische Mittheilung über die Staubnebel, das Nebelmeer der
S0 Burg. Centraler Stoss. Unger. Genera et speeies plantarum fossilium.
Passatzone, vom 24. Jänner mir übrigens noch nicht bekannt gewor- den ist.
Die Nachrichten über den Staubfall vom 1. Februar trafen erst so allmählich zusammen, dass es nun nieht mehr möglich ist, Vieles in Erfahrung zu bringen, was anfangs leicht gewesen wäre. Aber die Aufmerksamkeit, die für ein künfliges Jahr vorbereitet ist, wird dann gewiss auch durch die Akademie manche Mittel in Bewegung setzen, über die jetzt der Naturforscher bei seiner beschränkten Stellung in Wien nicht gebieten kann.
Herr Regierungsrath Burg las einen Aufsatz über den geraden centralen Stoss zweier fester Körper, worin er theils die bekannten Formeln auf eine fasslichere Weise, als bis jetzt geschehen, ent- wickelt, theils auch der Theorie, zunächst jener des Stosses elasti- scher Körper, durch Beachtung der unvollkommenen Elastieität, eine neue Seite abzugewinnen sucht.
Herr Custos, Dr. Fenzl, legte der Classe im Namen des wirklichen Mitgliedes, Professor Dr. Unger zu Gratz, das druckiertige Manu- script eines von letzterem verfassten Werkes: „Genera et species
plantarum fossilium’ vor. Herr Dr. Fenzl machte auf das grosse
Material, welches der Verfasser zu gewältigen hatte, und welches %, der ganzen gegenwärtigen Pflanzenwelt Europa’s erreicht, aufmerk-
sam, und zeigte die hohe wissenschaftliche Bedeutung des gleichsam
eine Flora antediluviana europaea darbietenden Werkes.
Herr Bergrath Haidinger übergibt eine Druckschrift betitelt: „Theorie der schiefen Gewölbe und deren praktische Ausführung” von Eduard J. Heider, Beamten des k. k. Hofbaurathes und der k. k. General-Direction der österreichischen Staats - Eisenbahnen. Wien, 1846. Der Verfasser äussert sich in einer Zuschrift an die Akademie über den Inhalt seines Werkes folgendermassen:
Die Nothwendigkeit, schiefe Gewölbe herzustellen ist gegenwär- tig um so dringender, da bei dem Baue von Eisenbahnen schiefe
Hauslab. Gletscher des Ötzthales. 81
Übersetzungen von Strassen, Flüssen und Thälern unvermeidlich sind. Obwohl es in den speciellen Fällen den Ingenieurs bisher immer ge- lungen ist, die Aufgabe vollkommen zu lösen, so sind dennoch die Grundsätze der Gewölbs-Theorie noch nicht durch eine systemati- sche Abhandlung zusammengefasst, so dass man der Herstellung schiefer Gewölbe — als einem nothwendigen Übel — auszuweichen sucht.
Der Zweck der vorliegenden Schrift ist es, die Scheu vor schiefen Gewölben zu bannen, eine vollständige Theorie der Gewölbe auf die mathematische Analyse gestützt zu geben und nachzuweisen, dass ein schiefes Gewölbe nicht nur grossentheils mit derselben Leichtigkeit herzustellen sei wie ein senkrechtes, sondern auch für jede Lage und Form der Wiederlagen, für jede Fläche und jedes Baumateriale ohne Ausnahme den Gesetzen der Stabilität entspre- chend möglich sei; gleichzeitig sollen sowohl dem Theoretisch-Gebil- deten als auch dem Praktiker die Mittel an die Hand gegeben werden, ein schiefes Gewölbe richtig zu eonstruiren, wodurch der Grund, weleher bisher nicht selten gegen die Ausführung schiefer Gewölbe sprach — von selbst hinwegfallen dürfte.
SITZUNG VOM 24. FEBRUAR 1848.
Der k. k. Oberst, Herr v. Hauslab, eorrespondirendes Mitglied, hält folgenden Vortrag:
Bei der Aufmerksamkeit, welche man gegenwärtig den neueren Untersuchungen über die Schweizer Eisberge zuwendet, dürfte es die Akademie nicht uninteressant finden, zu vernehmen, was in diesem Zweige in Österreich geschehen ist.
Vor mehr als zwanzig Jahren war ich als Fähnrich bei der Militär - Aufnahme des General-Quartiermeister-Stabes in Tirol com- mandirt.
Diese Aufnahme geschieht im Massstabe von 1”—= 400° und dient als Grundlage der auf 1’—=2000° redueirten gestochenen Spe- eial-Karten der Provinzen.
Bei dieser Gelegenheit, und zwar im Jahre 1817, nahm ich die
Gletscher-Gruppe am Ursprunge des Ötzthales auf. Diese Arbeit, Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I, Bd. 6
82 Hauslab. Aufnahme der
welche jetzt im k. k. Kriegs-Archive aufbewahrt wird, erlaube ich mir hier der Classe zur Ansicht vorzulegen.
Es kann nicht meine Absicht sein, der hochverehrten Versamm- lung einen Vortrag über die jetzt vielbearbeitete Natur der Gletscher halten zu wollen, ich beabsichtige nichts weiter, als auf ein offieielles Document über eine vor so langer Zeit in Österreich zu Stande gebrachte Leistung hinzuweisen.
Ohne im Geringsten den Verdiensten der spätern Naturforscher, die ausgedehntere physikalische Zwecke verfolgten, nahe zu treten, mache ich bemerklich, dass diese Aufnahme doch, wie es auch ihr alleiniger Zweck war, bereits ein, soviel es der Massstab erlaubt, deutliches Bild der plastischen Form der Gletscher gibt, und somit für sich allein ohne alle Worte zu einer genauen Kenntniss derselben verhelfen kann. |
Auf den vorliegenden Blättern sieht man deutlich, dass die Gletscher nichts anders als flache Ausfüllungen von Thalbecken sind. |
Die Schneegrenze erscheint hier als die Durchschnittslinie einer | ziemlich horizontalen Ebene mit der sich senkenden Kante der Ge- birgsrücken, und läuft endlich in eine Spitze aus.
Da die Klüfte getreu nach der Natur gezeichnet sind, sieht man wo wirkliches, Klüfte bildendes Eis und wo nur Schnee sich befindet.
Man sieht wie die Felskämme auf der rauhen Windseite mit | Schnee bedeckt, auf der mildern davon frei sind. |
Wie die Zweige auf einer Seite der Rücken länger sind als auf) der andern, und grössere Kore bilden.
Man sieht die Trennung der thalausfüllenden Eismasse von den steilen Felskämmen dureh die Bergkluft, ähnlich der Absonderung des gefrornen Wassers von seinem Gefässe. |
Man sieht den Unterschied der hangenden von den liegenden Gletschern. |
Erstere füllen die durch Seitenzweige auf der Höhe der Gebirgs- | rücken gebildeten flachen Kore aus, und ihre Zunge hängt auf der vierten nieht eingedämmten Seite über den steilen Abhang. der Thal- | wand herunter und bildet, durch den Übergang aus einem flachen in ein steileres Gefälle gleichsam gebrochen, Querklüfte. |
Auf einer Seite der Gebirgsrücken, wo sich die grösseren Kore befinden, sind auch die hangenden Gletscher bedeutender als auf der j andern. |
Gletscher des Ötzthales. 83
Letztere, grössere bereits aus mehreren kleinern Becken beste- hende Ursprungsthäler ausfüllend, schieben durch das Gewicht der grossen Eismasse ihren Rutscher oder Kees weit unter der Schnee- linie in das Thal vor.
Die Klüfte der liegenden Gletscher entstehen durch die Seiten- reibung an den T'halwänden, der Rutscher spiesst sich gleichsam, und sie nehmen daher eine der Länge nach an den Seiten sich aus- spreitende Gestalt an.
Wo das Thal sich wendet, bilden sich Querklüfte nach dem Halbmesser des Wendungsbogens.
Man sieht wie am Ursprunge die hangenden Gletscher mit dem liegenden zusammenfliessen, sich später nur mit der Zunge berüh- ren, und endlich ganz absondern.
Die Quer-Durchschnittslinie der Ausfüllung senkt sich in der Mitte; die der Zungen und Rutscher aber ist gewölbt.
Man sieht wie zwischen den aus festen Felsen bestehenden Strebepfeilern der Gebirgskämme sich Schutikegel oder steile Schuttdeltas bilden.
Wie dieses Steingerölle sich vor den Zungen und Rutschern befindet, und durch sie fortgeschoben wird.
Wie zwei liegende Gletscher aus verschiedenen Thälern nie zusammenschmelzen, sondern sich durch Schutt - Moräne, welche bei Gebirgsgraten anfangen, getrennt neben einander fort- schieben.
Man sieht wie in den durch Erdwärme gebildeten Höhlen der ausfüllenden Eisdecke ein Flussgeäder vorhanden sein muss, wie es gewöhnlich oberirdisch besteht, da am Ende der Zungen und Rutscher die Gewässer nicht als schwache Quellen, sondern als bedeutende Bäche aus den Gewölben hervorbrechen.
Mehr als jede andere Gletschergruppe dürfte gerade die vor- liegende interessant sein, und die Aufmerksamkeit der Naturforscher verdienen, weil hier zwei Beispiele der Bildung von Gletscher-Seen vorkommen, der Gurgler-See, der jedes Jahr den dammbildenden Rutscher des Özthaler Ferner durehbohrt, und der schon so oft durch den Vernagt-Ferner gestaute Rofner See. Ich verweise hierüber auf die lehrreiche kleine Schrift: „die Gletscher des Vernagt-Thales in Tirol und ihre Geschichte” von Dr. M. Stotter. Innsbruck 1846.
6 %
SA Haidinger. Über den
Auf der Aufnahme sieht man wo sich das Ende des Vernagt- Ferner im Jahre 1817 befand.
Vergleicht man schlüsslich die Gletscher-Gruppen des Mont- blane und des Finster-Aarhorns mit jener am Ursprunge des Özthales, so sieht man, dass das Gebirgsgerüste des letztern sich am meisten dem Normalbilde eines, durch immer nach einer geraden, nicht bogenförmig' gewundenen Richtung fortgesetzten Gabelung entstan- denen Flussgebietes nähert, und daher wie alles regelmässige die Forschung und das Studium der Entstehung erleichtert.
Professor Schrötter macht seine alleinigen Ansprüche auf das Verdienst der Nachweisung der wahren Beschaffenheit des rothen Phosphors geltend, indem er hervorhebt, dass er diese bereits im Jahre 1845 erkannt, und mehreren Wiener Gelehrten mitgetheilt habe. Der Herr Vice-Präsident Baumgartner, wie auch die wirklichen Mitglieder Prechtl, v. Ettingshausen und Fenzl bestätigen die Richtigkeit dieser Thatsache.
Herr Bergrath Haidinger machte folgende Mittheilung : Über |
den Zusammenhang des orientirten Flächenschillers mit der Licht-Absorption farbiger Krystalle.
Es ist immer ungemein anregend für weitere Forschung, häufig aber von dem grössten wissenschaftlichen Erfolge, Reihen von
Eigenschaften, die an sich verschieden sind, doch mit einander
durch verknüpfende Beobachtungen in Übereinstimmung zu bringen.
Einige wenige Thatsachen, die ich heute der hochverehrten Classe |
vorzulegen die Ehre habe, sind die ersten, welche den orientirten
Krystall-Flächenschiller mit dem positiven oder negativen Charakter | der Axen doppeltbrechender Krystalle verbinden, wenn man für die Erscheinungen der Farben-Absorption an den letztern das von |
Babinet ausgesprochene Gesetz als Grundlage annimmt.
Bekanntlich hat dieser verdienstvolle Forscher für weitaus die |
Mehrzahl der von ihm untersuchten farbigen Krystalle, bei welchen sich ungleiche Absorptions-Verhältnisse zeigten, das folgende Gesetz der Vertheilung derselben gefunden:
orientirten Flächenschiller. 85
1. In negativen Krystallen, das heisst in solchen, wo der Bre- chungs-Exponent des ordinären Strahles grösser ist, als der des extraordinären Strahles, wird der erstere bei seinem Durchgange mehr absorbirt als der letztere.
2. In positiven Krystallen, das heisst in solchen, wo der Bre- chungs-Exponent des ordinären Strahles kleiner ist, als der des extraordinären Strahles, wird der letztere bei seinem Durchgange durch den Krystall mehr absorbirt als der erstere.
‘Mit einem Worte: der stärker gebrochene Strahl wird auch stärker absorbirt als der weniger gebrochene.
Negative Krystalle sind überhaupt häufiger als positive. Als Beispiel möge hier vor anderm der Turmalin genannt werden. In der so leichten Untersuchung durch die diehroskopische Loupe erscheint bei senkrechter Axenstellung der Krystalle immer das obere Bild O dunkler als das untere Bild E. So bei Saphir, Chlorit und andern. Quarz dagegen (im Rauchtopas), Rutil, Zinnstein, als positive Krystalle, zeigen das untere Bild E dunkler als das obere O.
Es gibt niehtsdestoweniger mehrere Krystall-Species, die sich dem Gesetze nicht fügen, wie Apatit, Beryll, Apophyllit, und die weitere Untersuchungen wünschenswerth machen, um auf den wah_ ren Grund der Ausnahme zu kommen.
Bei den trichromatischen Körpern mit zwei optischen Axen wird freilich die Mittellinie als die Hauptaxe betrachtet, um sie mit den beiden andern Elastieitäts-Axen zu vergleichen. Indessen fehlt es hier an der Durchführung noch mehr als bei den einaxigen, weil auch da die Lage und Geltung der Brechungs-Exponenten eine andere und schwierigere ist.
Demnach bleibt bei den ersten Wahrnehmungen an neuen Krystallen, zumal wenn sich unmittelbar zusammengehörige Ver- hältnisse kund geben, vor der Hand nichts übrig, als jenes Babi- net sche Gesetz der Vergleichung zu Grunde zu legen. Die Aus- nahmen von demselben finden auch übrigens nur bei chromatischer Absorption Statt, welche die eine Seite des Spectrums vor der andern angreift. Bei gleichfarbigen Krystallen sind begreiflich der- gleichen Störungen nicht vorhanden.
Als ich die von Sir David Brewster angegebenen optischen Eigenschaften des von Schunck zuerst dargestell-
6 Haidinger. Über den
ten 1) chrysamminsauren Kalis 2) zu untersuchen wünschte, leitete mein verehrter Freund, der k. k. General-Probirer, Herr A. Löwe in seinem Laboratorium eine Arbeit über die merkwürdigen und mannig- faltigen organischen Säuren und ihre Verbindungen ein, denen das Aloeharz zu Grunde liegt. Herr Franz Hillebrand, Assistent an dem k. k. General-Münz-Probiramte, der die Operationen ausführte, stellte auch das chrysolepinsaure und das aloetinsaure Kali dar.
Diese beiden Salze wurden in kleinen Krystallen erhalten, die, selbst bräunlich, in gewissen Richtungen einen bläulichen Licht- schein zeigten. So weit es die Kleinheit derselben erlaubte, wurden. sıe untersucht, und gaben folgende Resultate:
1. Chrysolepinsaures Kali. Form. Undeutliche, vier- seitige, kurze, höchstens etwa 11/, Linien lange, fadenförmige Pris- men. Zuweilen ein Flächenpaar viel breiter, und gegen beide Enden zu abnehmend, so dass sich eine länglich-ovale, spitzige Gestalt derselben zeigt; letztere an den Spitzen oft fadenförmig verlängert.
Farbe, dunkelbraun; wenig durchscheinend. Die Prismen, in verticaler Stellung durch die dichroskopische Loupe untersucht, gaben das obere Bild O röthlichbraun, und dunkler als das untere Bild E, welches gelblichbraun ist. Der ordinäre Strahl mehr absorbirt als der extraordinäre, der Charakter der optischen Axen, dieser den Krystall-Axen parallel genommen nach Babinet's Gesetz, negativ. Fig. 1. Glanz, schwach. Orientirter, dunkel-
0 lasurblauer Flächenschiller, polarisirt in SS der Richtung der Hauptaxe. Man beobachtet
© in der Längenstellung, Fig. 1, das obereBild
O mit hellem, weissen Glanze wenig bläu-
n a, lieh, das untere glanzlos; in der Querstel- ERS I EEE EN ER NN
Fig. 2. lung, Fig. 2, dagegen, ist das obere Bild zwar N auch weissglänzend, das untere aber ist N von dem schönsten Lasurblau.
2. Aloetinsaures Kali. Form. Höchst feine rhombische, bis drei Linien lange, nadelförmige Prismen. Nach Herrn a a7 a) B > Dr. Springer’s Messung beträgt deı
1) Ann. der Chemie und Pharmacie. Bd. 39. S. 1. 2) Pogg. Ann. 1846, LXIX. S. 552. Phil. Mag. Ser. II. Vol. XXIX. p. 331.
orientirten Flächenschiller. 87
Prismenwinkel 110° 50°. Die Flächen gleiehbreit. Farbe, hellbraun. Vollkommen durchsichtig. Durch die dichroskopische Loupe theilt sich die Farbe in ein oberes O dunkel honiggelb, und in ein unteres E weingelb. In etwas weniger dicken Krystallen ist O röthliehbraun und E eitronengelb. Charakter der optischen Axe, dieser der Krystall- Axe parallel genommen: nach Babinet's Gesetz, negativ.
Glanz, stark; diamantartig. Orientirter dunkel-lasurblauer Flä- ehenschiller, polarisirt in der Richtung der Hauptaxe. Die Beobach- tungen genau wie bei den vorhergehenden Krystallen.
Wird eine kleine Menge dieser beiden Arten von Krystallen auf mattgeschliffenes Glas mit dem Polirstahl oder einem Messer fest aufpolirt, so besteht das zurückgeworfene Licht aus Weiss und Blau, in allen Richtungen polarisirt, ersteres aber in der Einfalls- ebene, letzteres senkrecht darauf, so dass in jedem Azimuth die dichroskopische Loupe das obere Feld O weiss, das untere Feld E lasurblau zeigt. Die blaue Farbe des mehr dunkelfarbigen chryso- lepinsauren Kalis ist lebhafter als die des aloetinsauren.
Aus der Vergleichung der Eigenschaften folgt, dass beide Spe- cies den ordinären Stahl stärker absorbiren als den extraordinären, beide also, nach Babinet’s Gesetz, optisch zu den negativen Krystallen gehören. Aber für beide Species ist auch der Flä- ehenschiller in der Richtung der Hauptaxe polarisirt. Stellt man sich die Intensität und den Polarisations-Zustand des durchge- gangenen Lichtes A mit dem des zurückgeworfenen B combinirt vor, so erhält man folgendes Resultat:
A. O gleich der Intensität des ausserordentlichen Strahles, weniger dem durch stärkere Absorption abgängigen Theile dessel- ben. E die Intensität des ausserordentlichen Strahles selbst.
B. O die halbe Intensität des zurückgeworfenen Lichtes über- haupt, mehr dem zurückgeworfenen Lasurblau des orientirten Flä- chenschillers. E die halbe Intensität des zurückgeworfenen Lichtes.
Es wird dabei vorausgesetzt, dass die Richtung des Lichtstrahles senkrecht auf den Flächen der Krystalle stehen..
Man sieht, dass, während ein Theil ordinär polarisirten Lichtes im durchfallenden mehr absorbirten Strahle fehlt, gerade da ein Antheil Licht ebenfalls ordinär polarisirt zurückgeworfen werde, der bereits tiefer in den Krystall gelangt war, als das von der Oberfläche zurückgeworfene Licht.
88 Haidinger. Über den
3. Krokonsaures Kupferoxyd. Bei zwei Arten von Kry- stallen fand sich hier vollkommene Gleichheit der Erscheinungen und der vollkommensten Abhängigkeit der Absorptions-Verhältnisse und des Flächenschillers von einander, so dass man vorbereitet sein kann, die Art des einen vorauszusagen — wie man so gerne den Ausdruck wählt — wenn die Art des andern bekannt ist.
Es war mir daher sehr erwünscht, unter den Angaben von schillernden Krystallen in Berzelius’ Lehrbuch Angaben für das krokonsaure Kupferoxyd !) zu finden, die ganz ähnliche Farben- Verhältnisse erwarten liessen: „dunkelblauer metallisch-spiegelnder Glanz, und bräunlich-orangefarbes, durchgehendes Licht.” Meinem verehrten Freunde, Herrn Professor Sehrötter, bin ich nun für diese wirklich wunderbar schönen Krystalle verpflichtet, die er auf meine Bitte zusammensetzte. Auch die Krystallform derselben ist trefflich ausgebildet; eine Mittheilung darüber mag indessen einer andern Gelegenheit vorbehalten bleiben. Im Ganzen erinnert sie an gewisse Krystalle von Schwerspath oder von Anglesit (schwefel- saurem Blei), und in der Stellung mit dem schärferen Winkel des horizontalen der Theilbarkeit parallelen Prismas zu oberst gestellt, wurden sie in optischer Beziehung untersucht. Nach Herrn Dr. Springer's Messung beträgt dieser Winkel 720 2‘.
Farbe. Dem blossen Auge erscheint durch Rückstrahlung in jeder Richtung ein sehr lebhafter halbmetallischer bläulicher Glanz ; durchsichtige, dünne Blättehen sind hell-gelblichbraun oder bräun- lich-orange.
In der obigen Stellung auf der breiten naeh Diagonal- fläche, durch die dichroskopische Loupe untersucht, ist das obere Bild O lichter, das untere E dunkler, von einer orangebraunen, dem Brookit ähnlichen Farbe. Der Charakter der optischen Axe nach dieser Differenz ist dem der obigen Kalisalze gerade entgegen- gesetzt, also positiv.
Aber auch der starke orientirte Flächenschiller von der schön- sten lasurblauen Farbe hat eine entgegengesetzte Lage, indem er nicht in der Riehtung der Hauptaxe, sondern senkrecht auf dieselbe polarisirt ist. In der Längenstellung, Fig. 2 nämlich, ist das obere
1) Gmelin. Annalen der Chemie und Pharmacie. XXXVII, 55.
orientirten Flächenschiller. 8 9
Bild weiss, das untere prächtig lasurblau; in der Querstellung, Fig. 3, ist selbst das obere Bild diamantartig glänzend bläulichweiss, das untere aber glanzlos.
Das krokonsaure Kupferoxyd bildet also gleichfalls eine Bestä- tigung des Gesetzes, dass der orientirte Flächenschiller in seiner Polarisations-Richtung mit der Polarisa- tions-Richtung des mehr absorbirten Strahles dop- peltbrechender Krystalle übereinstimmt.
4. Platinblausaures Ammoniak. Unter den vielen inter- essanten Krystallen, die ich schon Herrn Professor Redtenbacher verdanke, gab ich bereits in einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften am 26. Februar 1847 Nachricht !). Die Form der feinen, nadelförmigen Krystalle war nicht zu erkennen, wohl aber Farbe und Flächenschiller. Die Prismen, vertical gestellt und durch die diehroskopische Loupe untersucht, gaben das obere Bild O eitronengelb, das untere E dunkler und zwar beinahe oliven- grün. Es war also ein positiver Krystall, und man konnte den bereits in der Spiegelung bemerkbaren Flächenschiller in der Ebene senk- recht auf die Axe polarisirt erwarten. Dies war auch wirklich der Fall in der Untersuchung mit der dichroskopischen Loupe. In der Längenstellung gab die Reflexion das weisse polarisirte Licht im oberen Bilde O; das untere Bild E war von dem schönsten gesät- tigten Lasurblau. In der Querstellung ist das obere Bild O stark diamantartig glänzend ins Bläulichgraue geneigt, das untere Bild E glanzlos. Bei der Durchsichtigkeit der Krystalle bemerkt man in dem © der Längenstellung, und in dem E der Querstellung die gelbe Farbe im schönen Gegensatze der blauen Zurückstrahlung.
Aber bei diesen Species ist das untere durch Transparenz gewonnene Bild schon etwas grünlich; bei den reflectirten Glanz- erscheinungen bemerkt man auch, dass in der Längenstellung das Blau bei nahe senkrechter Inceidenz rein, nur mit dem Weiss gemengt, welches der Polarisation entging, oder etwa lavendel- blau, unter dem Polarisations-Winkel hoch lasurblau, sich bei noch grösserem Einfallswinkel in röthliche Töne, namentlich in ein zartes Rosenroth, verlauft.
1) Berichte. II. Band, Seite 199.
90 Baumgartner .und Kreil. Geographische Längenbestimmung
Die vorhergehenden Krystalle besitzen sämmtlich gelbe Farben, zum Theile sehr dunkel, so dass sie braun erscheinen. Die comple- mentären Töne sind daher blau, die Erscheinung überhaupt in Bezug auf Farben so einfach als möglich. Ich erhielt in der Reihe meiner Beobachtungen auch mehrere Resultate von abweichenden Farben-Zusammenstellungen, die selbst durch das ganze Speetrum hindurch reichen, aber wenn sich auch im Allgemeinen jetzt schon behaupten lässt, dass der Ton des Flächenschillers und der des durchfallenden Lichtes gegen einander complementär sind, so wünschte ich doch noch mehrere Beobachtungen zu sammeln, bevor ich sie in grösserer Ausführlichkeit der hochverehrten Classe vorzu- legen wagen kann. Vieles davon, wie sich die hochverehrte Classe hier selbst überzeugt hat, wurde nur an mikroskopischen Krystallen sicher gestellt. Wie schön wäre es, wenn dem Naturforscher grössere, gut ausgebildete Krystalle zugänglich wären. Für den Chemi- ker können Arbeiten, die sich auf die Hervorbringung derselben beziehen, beinahe als Luxus betrachtet werden, nicht so für den Physiker für den Mineralogen. Gewiss würden Bemühungen in dieser Beziehung reichlich durch den Erfolg belohnt werden. Man ist noch nicht gewohnt, den vielartigen Erzeugnissen chemischer Laboratorien um ihrer selbst willen Plätze in Museen anzuweisen. Höchstens werden sie, ihrer Anwendung wegen, etwa als Beitrag zu den Artikeln der Waarenkunde aufbewahrt. Eben so wenig erscheinen sie aber auch noch in Systemen geordnet, die sich auf die Krystall-Individuen selbst beziehen. Ich darf den Wunsch nicht unterdrücken, es möge die hochverehrte Classe auch diesem Gegen- stande einst ihre freundliche Aufmerksamkeit weihen.
Herr Vice-Präsident Baumgartner theilt der Classe eine von ihm gemeinschaftlich mit Herrn Kreil zu Prag in Angriff genom- mene Anwendung der galvanischen Telegraphie zur geographischen
Längenbestimmung mit.
Hat man den magnetischen Ring, welcher bei den Apparaten, deren sich unsere telegraphischen Anstalten bedienen, die Stelle der Magnetnadel eines gewöhnlichen Galvanometers vertritt, mittelst eines galvanischen Stromes aus seiner Ruhelage abgelenkt, so dass
durch galvanische Telegraphen. 91
der damit verbundene Zeiger an eine der zu beiden Seiten befind- lichen Glocken anschlägt, und wechselt man sodann plötzlich den Strom, so wird der Zeiger an die entgegengesetzte Glocke an- schlagen. Der Augenblick dieses Anschlages ist der Zeitpunkt, auf dessen Angabe die geographische Längenbestimmung beruht. Die Zeit, welehe die Nadel braucht, um von der einen Glocke zur andern zu gehen, lässt sich mit Hülfe einer Feder, welche an die Axe des Ringes sanft drückt, und mit Hülfe einer mikrometrischen Schraube mehr oder weniger gespannt werden kann, reguliren. Man kann somit bewirken, dass diese Zeit eine beliebige Grösse erlangt, z. B. genau eine Secunde beträgt. Daher kann man wegen der ungeheueren Geschwindigkeit der Elektrieität, welche die grössten Wege auf der Erde in einer für uns ganz unmerklichen Zeit durchläuft, bewirken, dass die Nadel an einem entfernten Orte, z.B. in Prag, in einem beliebigen Momente an die Glocke schlägt. Dieser Augenblick in Wiener und in Prager Zeit bestimmt, gibt die Längen-Differenz beider Orte. Man kann hier mit der Genauig- keit viel weiter gehen, als bei Blickfeuern, wo die Zeitbestimmung nach Herrn Director Kreil’s Schätzung kaum auf 0,4 Seeunden genau ist. Bei den galvanischen Apparaten ist es möglich, sehr viele Beobachtungen hinter einander in kurzer Zeit zu machen, was die Genauigkeit des Resultates erhöht.
Wir haben von Wien aus drei telegraphische Drathleitungen zu Gebote, die nach Prag, Cilli und Pressburg. Mit diesen lassen sich eine Menge interessanter Fragen über die Fortpflanzung der Elektrieität beantworten. Diese sollen nach und nach vorgenommen werden. So lässt sich die Leitungsgüte der Erde, das Gesetz -der Abnahme der Stromstärke an unseren Leitungen in der Wirklichkeit erproben. Der Herr Vice-Präsident erwähnte hiebei noch der eigenthümlichen vortheilhaften Einrichtungen der Staats-Telegra- phen, namentlich des Correspondenz-Buches.
Der Secretär bemerkte, dass es zur scharfen Messung der galvanischen Ströme sehr erwünschlich wäre, in den Besitz einer guten Sinus-Boussole zu kommen, wie solehenach Poggendorff's Angabe in Berlin verfertiget werden. Um höchstens 300 fl. liesse sich eine solche anschaffen; er stelle daher den Antrag, die Classe möge sich hierwegen in der nächsten Gesammtsitzung an die Akademie wenden.
9 2 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Der Antrag wurde einstimmig angenommen, und in der Folge auch von der Gesammt-Akademie bewilligt.
Das Präsidium der k. k. vereinigten Hofkanzlei übersendet mit Zuschrift vom 15. Februar der Akademie zur Kenntnissnahme einen Bericht des serbischen Kreisarztes Dr. Medovics an seine Regierung, über die Entstehung und Vertilgung der gefährlichen Gollubatzer Mücken, welcher Bericht einer Eingabe des k. k. Con- suls in Belgrad als Beilage beigefügt war. Herr Custos Kollar wird ersucht, die Abhandlung des Dr. Medovies einer Durch- sicht zu unterziehen.
Herr Professor Dr. Hyrtl legt ein Gesuch des Doctors der Mediein Johann Weisz vor, worin derselbe die Akademie um Unterstützung zu Versuchen angeht, die er vorhabe, um die Blut- menge im thierischen Organismus mittelst des Eisengehaltes des- selben zu bestimmen.
Da Professor Hyrtl dieses Ansuchen der Aufmerksamkeit der Classe für würdig hält, wird dasselbe einer aus dem genannten Mitgliede, und den Herren Kollar und Schrötter bestehenden Commission zur Berichterstattung zugewiesen.
SITZUNG VOM 23. MÄRZ 1848.
Herr Custos Kollar liest nachstehende Beurtheilung des von Dr. Medovics an die serbische Regierung erstatteten Be- richtes über die Entstehung der gefährlichen Gollubatzer Mücken (Simulium reptans Gollubatzense), und der Mittel zu ihrer Vertilgung (Taf. I— MW):
Eine kleine Fliege unter dem Namen Kolumbatscher — riehti- ger Gollubatzer Fliege oder Mücke bekannt, ist eine Hauptplage ‚der unteren Donau-Gegenden, sowohl auf dem linken als reeh- ten Ufer dieses Stromes, in unserer Banater Militär-Grenze, als auch in dem gegenüber liegenden Serbien.
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 953
Sie erscheint alljährig zuerst zu Anfang des Frühjahrs, zuwei- len in so diehten Schwärmen, dass selbe einer Wolke, oder einem daherziehenden Nebel gleichen, und befällt das Vieh auf der Weide und die Landleute, welche auf dem Felde ihrer Arbeit nachgehen, nicht selten in solcher Menge, dass der ganze Körper mehrere Linien dick damit bedeckt ist. Bei ihrem Angriffe sucht die Fliege, wie Augenzeugen versichern, vorzüglich die weichen, zarten und unbehaarten Theile ihrer Schlachtopfer aus, und setzt sich desshalb hauptsächlich in die Winkel der Augen, bei dem Vieh an das Maul, in die Nasenlöcher, den After und die Geschlechtstheile, ja sie kriecht sogar in die Ohren, in die inneren Nasenhöhlungen, in den Schlund und die Luftröhre, so dass die Thiere im eigentlichen Sinne oft daran ersticken müssen.
Ein jeder Stich, den dieses Inseet versetzt, verursacht ein brennendes Jucken, und eine sehr schmerzende, harte, schnell entste- hende Geschwulst, die kaum nach acht bis zehn Tagen vergeht.
Mehrere solche Stiche, besonders wenn sie nahe beisammen sind, erregen ein heftiges Entzündungsfieber, und bei reizbaren Körpern Krämpfe und Convulsionen, ja bisweilen sogar den Tod. Ist aber auch der Tod nicht immer die unmittelbare Folge die- ser Mückenstiche, so erzeugen sie doch bei dem Vieh zum min- desten langwierige Krankheiten, als: Mangel an Esslust, Verlust der Milch bei den Kühen, Untaugliehkeit zur Feldarbeit bei dem Zug- vieh, Magerkeit des Körpers bei dem Mastvieh, unzeitige Gebur- ten bei den trächtigen Müttern, und derlei Zufälle mehr, wie sie Dr. Schönbauer in seinem Werke: „Die Geschichte der Kolumbatscher Mücke 1793” sehr umständlich beschreibt. Nach diesem Autor fielen im Jahre 1783 als Opfer dieser Land- plage in dem Banate: 52 Pferde, 131 Rinder, 310 Schafe, und 130 Schweine. Nach andern Nachrichten erlagen im Jahre 1813 zu Banlock im Palatinat von Arad 200, und in Versitz 500 Stück Hornvieh den Angriffen dieses Insectes.
Im Jahre 1830 zeigte sich diese Plage auch in unserer Nähe: an den Ufern der March, von ihrem Ausflusse in die Donau an bis in die Hanna hinauf starben mehrere hundert Stück Pferde, Kühe und Schweine an den Folgen der Verletzung durch diese Fliege.
Dr. Medovics, Kreisarzt zu Poscharewatz in Serbien, spricht von Millionen, die das Land alljährig durch diese Landplage verliert.
94 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Die betreffenden Regierungen und Behörden haben es zwar nieht unterlassen, von jeher daran zu denken, wie einem solchen Übel, dem bedeutende Strecken der genannten Länder ausge- setzt sind, abzuhelfen wäre: man hat Commissionen niederge- setzt, die über die Mittel zur Abwehr berathen haben, Männer abgesendet, welche den Feind an Ort und Stelle beobachten, seine Geburtsstätte und die Ursachen seiner Entstehung ausmitteln, und die zweckmässigsten Massregeln zu seiner Vernichtung vorschla- gen sollten; indess' alle Bemühungen blieben bis jetzt fruchtlos, alle bisher in Vorschlag gebrachten Mittel beschränken sich auf Palliative, welche das Übel zwar lindern, aber nicht radieal zu heben vermögen.
So pflegt man im Banate zur Zeit, wenn das Insect erscheint, Haufen von Stroh, Mist und dürrem Reisig anzuzünden, und das geängstigte Vieh läuft zu dem Feuer, und sucht Sehutz unter dem sich entwickelnden Rauche, durch den allerdings unter dem anrückenden Feinde grosse Niederlagen angerichtet werden; indess seine sich rettenden Reste sind hinreichend, um im nächsten Jahre ähnliche Überfälle durch die frisch entwiekelte Brut zu verursachen. Man hat die Öffnungen von Felsenhöhlen durch Aufführung von Mauern verschlossen, weil man glaubte, dass dort die Geburtsstätte der Fliege sei, da dicke Klumpen derselben an den Wänden beobachtet wurden; indess spätere Nachforschungen haben gezeigt, dass sich das Inseet nur vor Unwetter dahin flüchte, und bei günsti- ger Witterung daraus hervorbreche.
Als man zu der Überzeugung kam, dass alles Ankämpfen gegen das vollkommene Inseet niehts fruchte, beschloss man gegen seine Brut die Waffen zu wenden. Indess wo diese aufsuchen, und hat man sie gefunden, welcher Mittel sich zu ihrer Vertilgung be- dienen? Da meinten einige, das Inseet müsse sich in dem feuchten Boden der Buchen- und Eichenwälder entwickeln, die auf den südlichen Abhängen des Donauthales vorherrschend angetroffen wer- den; andere behaupteten, es entstehe gleich andern Inseeten in dem Laube dieser Bäume, weil man in der Berzaskaer Compagnie in einem hohlen Buchenbaume unter dessen Rinde, und auch unter einzelnen Zweigen eine Anzahl junger Gollubatzer Mücken gefunden haben will. Professor Oken äussert in seiner „Naturgeschichte für alle Stände” Band 5, 2. Abtheil. S. 749: „dass das Inseet wahr-
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 95
scheinlich sich im Miste entwickele, da es hauptsächlich auf Vieh- weiden vorkommt, wo sich viele Kuhfladen finden.
Doctor Sehönbauer spricht in dem oben erwähnten Werke die Vermuthung aus, dass es im Wasser entstehe. Alle diese Aus- sagen konnten aber nicht durch Erfahrungen bestätiget werden, niemand hat in den Gegenden, die durch dieses Inseet am meisten leiden, seine Brut, d. i. die Eier, Larven und Puppen, gesehen.
Bei der obwaltenden Rathlosigkeit in einer für das Wohl jener Länder so wichtigen Angelegenheit entschloss sich die serbische Regierung im verflossenen Jahre den Kreisarzt von Poschera- watz, Herrn Doetor Medovies, mit der Untersuchung aller Um- stände, die sich auf die Zeit, von Ort, die Ursachen und die Art des Bestehens der Gollubatzer Fliegen beziehen, zu beauftragen, vorzüglich aber die verlässlichsten Mittel zu ihrer Ausrottung anzugeben.
Der Herr Doctor hat sich diesem hohen Auftrage mit grösster Bereitwilligkeit unterzogen, und die Resultate seiner fünfmonatlichen Untersuchung in einem sehr umfassenden Berichte dem Kreisamte seines Bezirkes vorgelegt. Da die Beobachtungen des Dr. Medo- vies ausser der administrativen Bedeutung auch vom wissenschaft- lichen Standpunkte von hohem Interesse sein dürften, so fand sich das serbische Ministerium des Innern und der auswärtigen Ange- legenheiten veranlasst, dieselben durch das k. k. Consulat in Serbien an das hochlöbliche k. k. Präsidium der allgemeinen Hofkammer mit dem Ersuchen gelangen zu lassen: das hohe Präsidium wolle diese Arbeit der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zur gehörigen Würdigung mittheilen. Das genannte Präsidium säumte nicht, den Bericht des Dr. Medovies durch die k. k. Hofkanzlei der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu übergeben, welche den Unter- zeichneten mit der Beurtheilung dieser in jeder Beziehung sehr wichtigen Arbeit zu beehren für gut befunden.
Doetor Medovies hat sich bei seiner Untersuehung zur Auf- gabe gemacht, folgende Punkte auszumitteln:
1. Die Brutstätte der Fliege.
2. Die Zeit ihrer Entwickelung.
8. Die Art und Weise, wie sich die kleine Gollubatzer Mücke ausbreitet, entwickelt und schwärmt.
4. Die Ursache der Gollubatzer Mücken.
96 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
5. Die Art ihrer Ausrottung und 6. die Erörterung der Frage: ob die Gollubatzer Fliege und jene kleine Mücke, welche in der grösseren Hälfte des Fürstenthums
Serbien das Hausvieh tödtet, ein und dasselbe Insect sei?
Sein Bericht zerfällt also in eben so viele Capitel, die ich hier nacheinander kritisch zu beleuchten versuchen will.
Bevor ich die Erörterung dieser Punkte einer strengeren Prü- fung unterwerfe, muss ich bemerken, dass dem Herrn Doctor leider mehrere auf diesen Gegenstand Bezug habende Arbeiten verschie- dener Naturforscher zur Benützung nicht zu Gebote standen; sie hätten seine schwierige Untersuchung bedeutend erleichtert, und ihn vor manchen Fehlschlüssen, die auf unbegründete Hypothesen fussen, bewahrt.
Die wichtigste dieser Arbeiten ist unstreitig das „Memoire pour servir a l’histoire des Simulies, genre d’insectes de l’ordre des dipteres, famille des tipulaines; lu a la reunion de la societe Helvetigue des sciences naturelles a Bäle, le 25 Juillet 1821, par F. F. Verdat, Med. a Delemont (avec une planche)”; enthalten in dem naturwissenschaftlichen Anzeiger der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Herausgegeben von Fr. Meisner. Fünfter Jahrgang. Bern, 1823.
In dem angeführten Memoire theilt Dr. Verdat die umständ- liche Naturgeschiehte einer mit der Gollubatzer Mücke nahe ver- wandten Art, des Simulium (Simulia Meig.) sericeum mit, und liefert zugleich Abbildungen von allen ihren Entwickelungsständen mit Ausschluss der Eier, die er zu beobachten nicht Gelegenheit hatte.
Etwas später erschien von dem Schwedischen Naturforscher Ben. Fr. Fries in seinen „Observationes entomologicae,” Stock- .holm, 1824, eine Monographia Simuliarum Sueciae, in wel- cher ebenfalls die ersten Stände desselben Insectes bekannt gemacht werden.
Beide Naturforscher stimmen in ihren Angaben über die Gestalt und Lebensweise dieser Fliege vollkommen überein; beide haben die Larven und Puppen im Wasser angetroffen, wo sich auch die Fliege entwiekelt, die dann einige Zeit in der Luft herumschwärmt und als blutdürstiger Quälgeist gleich der Gollubatzer Mücke
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 97
Menschen und Thiere belästigt, bis sie dann endlich wieder zum Wasser zurückkehrt, um ihre Eier daselbst abzusetzen. In unserer Gegend ist dasselbe Inseet von meinem Freunde, Herrn Jos. Scheffer bei Mödling, und von mir in mehreren Bächen unseres Kahlengebirges beobachtet worden, und ich habe erst vor wenigen Wochen davon eine Abbildung für die Sammlung naturhistorischer Gegenstände für Seine Majestät den Kaiser anfertigen lassen, wovon ich hier eine Copie vorzuzeigen die Ehre habe.
Ausser der Gollubatzer Mücke, welehe von mehreren Autoren für gleich bedeutend mit dem Culex reptans des Linne gehalten wird, einem Insecte, das dieser Naturforscher als eine grosse Land- plage Lapplands schildert, und ausser dem eben angeführten Simu- lium sericeum, gibt es noch mehrere zur selben, vonLatreille Simulium, von Meigen Simulia genannten Gattung gehörige Arten, die dureh ihren schädliehen Einfluss auf Menschen und Thiere gleich berüchtigt sind. So habe ich in Dr. Pohls „Reise im Inneren von Brasilien” eine Art unter dem Namen Simu- lium pertinax beschrieben, welche der vor wenigen Jahren ver- storbene, um die Erforschung der Naturproducte jenes Landes so sehr verdiente Naturforscher Joh. Natterer als eines der lästigsten Inseeten Brasiliens schildert, das in der Provinz Ypamma unter dem Namen Boraxudo bekannt ist.
Andere Gegenden von Süd- und Mittelamerika scheinen von andern Arten belästigt zu werden, welche zum Unterschiede von den Mosguitos „Moustigues” genannt werden. Auch Nordamerika hat seine eigenen Arten, die dort Black Fly (schwarze Fliegen) heissen.
Von allen diesen Arten ist nur von dem einzigen früher erwähn- ten Simulium sericeum die Lebensweise in seinen verschiedenen Entwiekelungs-Perioden ziemlich vollständig bekannt. Es ist übrigens nach der grossen Ähnlichkeit der Arten unter einander in ihrem vollkommenen Zustande zu vermuthen, dass auch in ihren früheren Ständen eine grosse Übereinstimmung herrsche.
Doctor Medoviecs hat, ohne von der durch Dr. Verdat zuerst erkannten und bekannt gemachten Lebensart des Simulium sericeum Kenntniss gehabt zu haben, durch seine Nachforschungen ausgemittelt, dass auch die Gollubatzer Mücke in ihren ersien
Ständen im Wasser lebe: er gibt sechs Bäche in Serbien von den Sitzb. d. mathem.-naturw. €. I. Bd. 7
95 : Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Ruinen der alten Festung Gollubatz bis unterhalb des Gebirges Eotze an, in welchen er die Brut beobachtet hat. Ausserdem will er auch Spuren davon an den seichten Ufern der Donau angetroffen haben. Das Vorkommen dieser Brut, d. h. der Eier, Larven und Puppen, in klaren Gebirgsbächen stimmt vollkommen mit Dr. Ver- dat's, mit Scheffers und meinen eigenen Beobachtungen über das verwandte Simulium sericeum überein; ob aber die Brut der Gollubatzer Fliege, wie Dr. Medovies angibt, auch in der Donau vorkommt, darüber müssten doch noch genauere Nachforschungen angestellt werden. Vielleicht hat Dr. Medovics, dem keine opti- schen Instrumente, wie er selbst eingesteht, zu Gebote standen, diese Brut, die völlig ausgewachsen nicht ganz vier Linien in der Länge misst, mit einem andern Wasser-Insect verwechselt, zu welcher Annahme ich mich um so mehr für berechtigt halte, als Medovics keine genaue Beschreibung von der fraglichen Brut liefert.
In Beziehung auf die zweite Frage, nämlich die Zeit der Entwiekelung der Fliege, bemerkt Dr. Medovies, dass das Volk zwar allgemein annehme, sie erscheine zu drei verschiedenen Perioden im Jahre, und zwar zum ersten Male Ende April und An- fangs Mai; dann um Christi Himmelfahrt und zuletzt um Pfingsten, wo sie dann bis St. Peter und Paul, d. i. bis 11. Juli dauert. Seine eigenen Beobachtungen haben ihn belehrt, dass die Entwickelung und das Schwärmen der Mücke nicht streng an diese drei Perioden gebunden sei, dass sie sich allerdings zuerst im Frühjahre, nach den Witterungsverhältnissen bald früher, bald später, manchmal schon Ende März zeige, dann aber in unbestimmten Zeitabschnitten in grösserer oder geringerer Menge schwärme, dass durch Ungunst der Witterung, Kälte, Regen und Stürme die Dauer des Schwär- mens abgekürzt und die Fliege überhaupt vernichtet werde.
Die von Dr. Verdat in der Schweiz beobachtete Art erscheint in zwei verschiedenen Perioden, zuerst im Frühjahre und dann wieder im Herbste. Ich habe in unserer Gegend, wo das zuletzt erwähnte Inseet nicht übermässig häufig ist, zwar keine solche regelmässige Periodieität beobachtet, doch fand ich dies Jahr bereits im Februar die vollkommen ausgewachsene Larve, so dass ihre Verwandlung zur Puppe und Fliege gewiss im ersten Frühjahre erfolgen muss. Andere Jahre sah ich die Larve Mitte Sommers
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 99
erwachsen, und ich schliesse daher ebenfalls auf eine doppelte Generation im Jahre.
Da indess nicht alle Individuen sich gleichzeitig entwickeln, so gibt es, wie in der ganzen organischen Schöpfung auch hier Früh- und Spätgeburten, und so geschieht es, dass man den ganzen Sommer hindurch einzelne solehe Mücken sehwärmen sieht, und dass zwar die Fortpflanzung der grossen Massen an eine gewisse Periodieität gebunden ist, einzelne Paare jedoch von der Regel eine Ausnahme machen.
Warum die Folgen der Verletzung durch die Gollubatzer Mücke in gewissen Perioden gefährlicher sei, als zu andern Zeiten, darüber weiss Dr. Medovies keinen sicheren Grund anzugeben; er glaubt, dass vielleicht die Beschaffenheit des Morastes, in welchem die Mücke entsteht, darauf Einfluss habe. Hierin kann ich dem verehrten Herrn Doctor nieht beipflichten; da er von der Entstehung der Fliege in Morästen keine Erwähnung thut, sondern sie vielmehr aus reinem Quell- und Bachwasser sieh entwickeln sah; ich glaube vielmehr, dass die Wirkung zunächst von der Quantität der Stiche, dann aber von der individuellen Disposition des verletzten Individuums abhänge.
Wir sehen dies bei unseren gewöhnlichen Gelsen, dass ihre Stiche bei gewissen Personen nur ein unbedeutendes Jucken verur- sachen, während bei anderen Geschwulst und Ausschlag die Folge der Verletzungist. Allerdings scheinen klimatische Verhältnisse sowohl auf die Wuth der lästigen Insecten, als auf die Receptivität der Verletzten nicht ohne allen Einfluss zu sein. Schon in Ungern und Italien erzeugt dieselbe Gelse, welche bei uns vorkommt, weit schmerz- lichere und gefährliehere Zufälle.
In dem dritten Capitel beschäftigt sich Dr. Medovies mit der Erzeugung der Fliege: er gibt an, dass sich in einem gelblich weissen Schleime zuerst kleine Eierchen bilden, welche nach und nach grösser werden, und niehts anders als der Same künftiger Mücken seien. Dieser Schleim sammt den darin enthaltenen Eiern werde nur von einer der von ihm untersuchten Quellen ausgeworfen, aus den übrigen komme nichts dergleichen zum Vorscheine, aber ein ähnlicher Schleim setze sich in den Bächen, in einiger Entfernung von ihrem Ursprunge an die im Wasser befindlichen Holzspäne, an Gras, an Äste u. s. w., und dann fülle er sich allmählich mit den
vorerwähnten Eierchen an u. s. w. ri
100 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Man sieht, dass Dr. Medovies ein Anhänger der freiwilligen Zeugung ist; er nimmt an, die Elemente der Gollubatzer Mücken seien in dem Quellwasser enthalten, und gestalten sich unter günsti- gen Umständen zuerst zu Schleim, zu Eiern, aus denen er dann wirklich wurmähnliche Wesen, also Larven, sich entwickeln sah, deren weitere Metamorphose er aus Mangel an geeigneten Werk- zeugen nicht verfolgen konnte. Es ist hier nicht der Ort, zu unter- suchen, ob und in wie weit eine freiwillige Zeugung bei organischen Wesen zulässig sei; so viel ist indess gewiss, dass Wesen auf einer so hohen Entwickelungsstufe wie die Inseeten, jetzt gewiss nicht von selbst entstehen.
Die Gollubatzer Fliege legt wie alle andern Insecten Eier, aus denen sich Larven entwickeln, die sich dann verpuppen, und endlich wieder als Fliege zum Vorscheine kommen.
Bei ihrem Schwärmen in so dichten Massen hat die Fliege gewiss nicht bloss die Absicht ihrer Nahrung nachzugehen, sondern auch eine für ihr Bestehen noch wichtigere Pflicht, jene der Fort- pflanzung zu erfüllen. Die pyramidenähnlichen Säulen verschiedener Mücken, die wir an schönen Sommerabenden sich in der Luft erheben sehen, haben keine andere Bestimmung als die Erfüllung dieser von der Natur gebotenen Pflicht zur Erhaltung der Gattung. Es sind, wenn ich so sagen darf, Mücken-Bälle, auf denen eheliche Banden geschlossen werden, und der aufmerksame Beobachter kann ohne Mühe die vereinten Paare aus dem gemeinsamen Reigen scheiden und dem Ehebette zueilen sehen. So macht es unsere Gelse, und eine Menge ihr mehr oder weniger verwandten Gattungen. Dieselbe Erscheinung findet auch bei den Ameisen Statt, und Dr. Verdat setzt einen ähnlichen Vorgang bei dem Simulium sericeum voraus, obschon er weder die Paarung, noch den Act des Eierlegens zu belauschen Gelegenheit fand. ;
Wenn daher in dem von Dr. Medovies beobachteten Schleime wirklich Eier der Gollubatzer Fliege enthalten waren, so sind sie gewiss nicht von der Quelle ausgeworfen worden, noch haben sie sich in den Bächen von selbst gebildet, sondern sind gewiss, von den Weibchen selbst in Schleim gehüllt, gelegt worden, wie dies mehrere Insecten, namentlich die Frühlingsfliegen (Phryganea) zu thun pflegen. Es ist übrigens möglich, dass Medovies eine Süss- wasser-Alge, das Batrachospermum moniliforme für die Brut der
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 101
Gollubatzer Fliege angesehen, seine umständlichere Beschreibung davon passt ganz auf dieses kryptogamische Gewächs.
Um darüber ins Klare zu kommen, müsste von dieser Masse etwas in Weingeist zur Untersuchung eingesendet werden.
Nach Dr. Verdat's Beobachtung sind zur Entwickelung der von ihm beobachteten Fliege vom Eian bis zum vollkommenen Insecte 4 — 5 Monate erforderlich, und diese Beobachtung erscheint durch Analogien vollkommen bestätiget.
Herr Dr. Medovies äussert sich über diesen Punkt nicht klar genug: er behauptet Anfangs, dass aus dem von ihm beschriebenen Sehleime, welcher die Eier enthält, und die ganze Oberfläche der Bäche in Form eines Netzes bedeckt, sich zugleich auch die Fliege zu Millionen entwickelt. Später gesteht er aber ein, dass er in diesem Schleime eine Veränderung beobachtet habe, dass die Brut die Form eines Würmehens angenommen, an dem man Augen, Kopf, Rumpf, und an diesem Füsse unterscheiden konnte.
Wie sich diese Brut von nun an in die Mücke verwandle, konnte er wegen Mangel an den nöthigen Werkzeugen nicht beob- achten.
Er hat also den Puppenzustand, wo das Thier in einem tutten- förmigen, halb offenen Gehäuse ruht, nicht gesehen.
Dieser Mangel einer vollständigen Beobachtung übt aber, wie er ganz richtig bemerkt, auf die Hauptabsicht, nämlich die Ausrottung der Mücke, keinen wesentlichen Nachtheil aus. Seine erste Angabe über die Entstehung der Fliege beruht gewiss auf einer Täuschung, denn unmöglich kann aus dem Ei gleich die vollkommene Fliege zum Vorscheine kommen.
Wenn es übrigens zur Ausrottung dieser Mücke nicht unum- gänglich nöthig ist, ihre ganze Entwickelung vollständig zu kennen, so wäre es doch wünschenswerth zu erfahren, zu welcher Zeit die Gollibatzer Mücke als Larve vorhanden sei, und wie lange dieser Zustand dauert, denn gerade in dieser Zeit richtet man durch Mittel der Vertilgung am meisten aus, weil das Thier, wenn es um diese Zeit aus dem Wasser geschafft wird, unrettbar zu Grunde geht, Wahr- scheinlich ist der hohe Sommer, dann der Spätherbst, der ganze Winter bis in den März hinein die geeignetste Zeit zur Ausrottung; unser Simulium sericeum wenigstens existirt zu diesen Zeiten als Larve in den Bächen,
102 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
In weiterem Verfolge dieses Capitels wird die Art, wie die Fliege aus dem Wasser allmähliehin dieLuft gelangt, umständlich beschrie- ben, und die Ausdehnung ihrer Verbreitung in Serbien angegeben. Die ersteren Angaben stimmen mit denen anderer Naturforscher im Wesentlichen überein.
In dem vierten Capitel handelt der Herr Doctor von den Ursachen der Gollubatzer Mücken, oder vielmehr von dem Ent- stehungsgrunde derselben. Er bleibt seiner bereits früher ausge- sprochenen Ansicht treu, und leitet den Ursprung der Fliege von gewissen organischen Theilchen her, welche dem Wasser der von ihm untersuchten Quellen und Bäche nebst seinen wesentlichen Bestandtheilen beigemengt sind, und unter angemessenen Lebens- bedingungen als erste lebendige Keime der Mücke auftreten.
Dass diese Ansicht nach den bisherigen Erfahrungen über die Entstehung der Thiere und namentlich der Inseeten unstatthaft ist, hahe ich bereits gezeigt, und erkläre somit alles, was in diesem Capitel gesagt wird, für eine längst widerlegte Hypothese. Wenn Dr. Medovies zur Erhärtung seiner Ansicht den Umstand anführt, dass sich nur in den von ihm angegebenen und in keinen andern Wassern die Fliege erzeugt, so kann ihm entgegnet werden, dass auch die Forelle nicht in jedem Wasser vorkommt und dass es gewiss Niemandem einfallen wird, zu behaupten, sie werde nur darum in Gebirgswassern gefunden, weil diese allein die Elemente zur Forel- lenbildung enthalten.
Es sind allerdings Ursachen vorhanden, warum ein gewisses Thier nur an einem bestimmten Orte und unter bestimmten Verhält- nissen sein Leben fristen kann, indess diese Ursachen sind ganz anderer Art, welche hier auseinander zu setzen zu weitläufig wäre. Es genüge hier die Bemerkung: Die Gollubatzer Mücke scheint gleich dem ihr verwandten Simulium sericeum das Wasser klarer Gebirgs- bäche allen übrigen vorzuziehen, vielleicht ist die zu ihrem Unter- halte nöthige, in solenen Bächen am reichlichsten vorkommende Nahrung, welche aus anderen kleinen Wasserthieren zu bestehen scheint, der Hauptgrund dieser Erscheinung.
Im fünften Capitel seines Berichtes gibt Dr. Medovies die Mittel an, durch welche nicht allein sein Vaterland, sondern auch die gegenüber liegende k. k. Militär-Gränze von dieser Landplage befreit werden könne.
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken. 103
Nachdem er die Unzulässigkeit und Unausführbarkeit gewisser Massregeln, als: das Zumauern der Quellen, in welchen nach seiner Meinung der Keim der Mücken erzeugt wird, das Überwölben und Bedeeken der den Schleim führenden Bäche durch Kupfer- dächer, das Mischen gewisser Gifte in das Wasser dieser Bäche, durch welches die Brut vernichtet werden könne, auseinander gesetzt hat, empfiehlt er als das einzige und verlässlichste Mittel das Wegschaffen des Schleimes aus den Bächen durch Menschen- hände. Er meint, dass drei oder vier Individuen hinreichend wären, diesen Schleim, in welchem sich die Mücke erzeugt, durch Besen aus dem Wasser zu entfernen, und die Kosten dieser ganzen Ope- ration würden keine anderen sein, als die Befreiung dieser mit der Reinigung beauftragten Leute von ihrer halb- oder ganzjährigen Steuer. Welch geringe Opfer für eine so grosse Wohlthat, die dem Lande erwachsen würde.
Herr Dr. Medovies argumentirt bei seinem Vorschlage auf folgende Art: Die Brutstätte der Mücke ist der sich im Wasser erzeugende Schleim, welcher bald wie Froschlaich aussieht, bald wie ein Netz die Oberfläche des Wassers bedeckt; zur Entwicke- lung des in diesem Schleime ruhenden Keims ist Feuchtigkeit nöthig; wird diese entzogen, so müssen die Keime zu Grunde gehen. Man hat also nichts anderes zu thun, als den Schleim auf das Trockne zu schaffen und der Einwirkung der Luft auszusetzen.
Wenn die Theorie des Herrn Doetors über die Entstehung der Gellubatzer Mücke die richtige wäre, so liesse sich auch gegen das von ihm empfohlene Mittel Niehts einwenden, indess wir haben gesehen, dass diese Theorie unzulässig, folglich dürften auch die Mittel den gehegten Wünschen wenigstens nicht in dem Masse ent- sprechen, als der Herr Doctor hofft und versichert.
Wenn wir die, durch Beobachtung gründlicher Naturforscher enträthselte Ökonomie der, mit der Gollubatzer Mücke nahe ver- wandten Fliege erwägen, so finden wir, dass das Inseet allerdings in seinen ersten Ständen im Wasser lebt, dass die Larven und Pup- pen daselbst an Gras und andern Wasserpflanzen, an Wurzeln, an Spänen, und überhaupt an allen im Wasser beiindlichen Gegenstän- den, folglich auch an dem von Dr. Medovics erwähnten netzför- migen oder dem Froschlaich ähnliehen Schleime sitzen können, welcher Schleim, wie schon erwähnt worden, theils eine Süsswasser
104 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Alge (Batrachospermum moniliforme) , theils verschiedene Conferven, unter dem Namen Wasserfäden bekannt, zu sein scheinen.
Werden nun derlei Gegenstände aus dem Wasser entfernt, so kommen damit auch die erwähnten Larven aufs Trockene und müs- sen zu Grunde gehen. Bei diesem Geschäfte muss übrigens eine bestimmte Zeit beobachtet werden. Geschieht das Hinausschaffen dieser Gegenstände aus dem Wasser in der Periode, wo sich die Fliege im Puppenzustande und folglich ihrer letzten Entwickelung ganz nahe befindet, so nützt die Massregel nicht, man würde dann der Fliege nur die Mühe des Herausgehens aus dem Wasser erleichtern.
Wir sind mit dem empfohlenen Mittel vollkommen einverstan- den, wenn wir auch eine andere Ansicht über die Entstehuug der Fliege hegen, ob eine richtigere, mag der unbefangene Richter entscheiden.
Wenn aber auch die bisher erwähnten Gegenstände und mit ihnen die Mücken-Larven aus dem Wasser entfernt werden, so ist dem Übel nach unserer Meinung noch nieht ganz abgeholfen.
Der bei weitem grössere Theil der Larven, wenigstens bei der von uns beobachteten Mücke, hält sich am Boden der Bäche auf den Steinen auf, wir sahen sie in Klumpen zu Hunderten auf einem einzigen Steine sitzen.
Es müssten also, wenn dem Übel vollständig abgeholfen wer- den soll, das Gerölle und die grösseren Steine aus den Bächen geschafft werden, und zwar zur Zeit, wo die Mücke im Larven- Zustande daran haftet. Ob die Kosten einer solchen Arbeit mit dem Schaden, den die Mücke anrichtet, in einem günstigen Verhältnisse stehen, wagen wir wenigstens vor der Hand noch nicht auszuspre- chen. Aus unserer Darstellung geht vorläufig soviel hervor, dass der Gegenstand noch nicht erschöpfend untersucht, und dass darüber nur Sachverständige und vorurtheilsfreie Forscher nach zu verschie- denen Jahreszeiten anzustellenden Beobachtungen ins Klare kom- men können.
Ist aber der Schaden, den dieses Inseet anrichtet, wirklich alljährig so gross, wie Dr. Medovies in seinem Berichte erwähnt, so wäre es wohl der Mühe werth, dass die betreffenden Regierungen einige Opfer auf die gründliche Untersuchung verwenden,
Dr. Medovies über die Gollubatzer Mücken, 105
Sollten auch die Resultate einer solchen Untersuchung das Übel als unheilbar hinstellen, so würde man sich wenigstens in Zukunft die immer mit Geldopfern angewendeten, oft ganz zweck- widrigen, ja lächerlichen Mittel ersparen.
Es wird gewiss niemand einfallen, die Gelsen oder Schnacken ausrotten zu wollen, deren Ökonomie man vollkommen kennt, weil man eben durch diese Kenntniss von der Unmöglichkeit überzeugt wird. Beschränkt sich die Erzeugung der Gollubatzer Mücke auf einzelne Bäche, so ist an ihrer Ausrottung nicht zu verzweifeln; kömmt sie aber gleich den Larven der Gelse in allen stehenden Wassern vor, dann wäre alle Anstrengung in dieser Hinsicht eine
Arbeit der Danaiden. Vor allem muss also durch einen gründlichen Kenner ausgemittelt werden, in welche Grenzen die Erzeugung dieser Fliege eingeschlossen ist.
Im sechsten und letzten Kapitel seines Berichtes bemüht sich Dr. Medovies darzuthun, dass die Gollubatzer Mücke, und jenes unter dem Namen „kleine Fliege” bekannte Inseet, welches in der grösseren Hälfte des Fürstenthumes das Hausvieh tödtet, eine und dieselbe Mücke sei.
Er behauptet, dass die Gollubatzer Mücke am Orte ihrer Ent- stehung, nämlich in der Gegend um das alte Schloss Gollubatz, gar keinen Schaden anriehte, weil daselbst ihre Entwiekelung noch nicht vollkommen sei, dass sie aber, je weiter sie sich von der Brutstätte entfernt, immer kräftiger, vollkommener und giftiger werde, dass sie sogar mit der Zeit, und in Folge der weitern Wan- derung die Zeichnung und Farbe ihres Körpers etwas verändere. Ich muss gestehen, dass ich diese Art zu argumentiren durchaus nicht begreife.
Ein den Puppen-Zustand überstandenes, also völlig entwickel- tes Insect, ein Käfer, ein Schmetterling, eine Fliege u. s. w., erleidet in seiner Gestalt und Färbung keine weitere Veränderung mehr. Was hingegen die dynamischen Wirkungen gewisser Arten betrifft, so muss ich allerdings eingestehen, dass sie sich nicht immer gleich bleiben. Jedermann weiss aus Erfahrung, dass gewisse Fliesen, Bremsen, Gelsen oder Schnaken bei schwüler Gewitter- luft viel lästiger sind, als bei kühlem und heiterem Wetter, dass namentlich die Gelsen am Abende und in der Nacht hauptsächlich ihr Unwesen treiben; dass ferner die grössere oder geringere
1 0 6 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des Dr. Medovies etc.
Bösartigkeit gewisser Fliegen von der Localität abhängt, dass man in Auen, im Gebüsche viel mehr zu leiden hat, als auf dem freien Felde. Ferner muss ich noch erwähnen, dass bei manchen Insec- ten, namentlich bei Gelsen, Fliegen, die Weibchen vorzüglich die Quälgeister sind, während die etwas verschiedenen Männchen fast gar keine Nahrung zu sieh nehmen. Vielleicht bedürfen bloss die ersteren der Nahrung zur Ausbildung ihrer Brut, oder um während des Acts des Eierlegens die nöthige Kraft zu behalten.
Sollten vielleicht die hier bemerkten Umstände zu der Annahme einer Verschiedenheit zwischen der Gollubatzer Mücke und der „kleinen Fliege” Veranlassung gegeben haben? darüber kann nur die Vergleiehung und Untersuchung dieser zwei verschieden sein sollenden Fliegen Aufschluss geben. Dass sich übrigens Männchen und Weibchen zu gewisser Zeit absondern, bemerkt schon der öfter erwähnte Schweitzer Naturforscher Dr. Verdat; er sagt: „nach- dem die Paarung stattgefunden, trennen sich die beiden Geschlech- ter, die Weibehen kehren zu den Bächen zurück, um dort ihre Eier abzusetzen, und die Männer sterben, nachdem sie sich einige Zeit herumgetummelt haben, vereint in grossen Haufen.”
Ich habe deren oft gesehen, ohne ein Weibchen unter ihnen zu finden, wie sie gleich den kleinen Schnaken an erhöhten Plätzen und um kahle Felsen, die von der Mittagssonne beschienen wurden, herumschwärmten.
Aus der hier mitgetheilten Beleuchtung des Berichtes, wel- chen Dr. Medovics über die Gollubatzer Mücke der serbischen Regierung erstattet hat, ergibt sich, dass der Haushalt dieser ver- derblichen Fliege durch die Bemühungen des genannten Herrn Doctors noch nicht vollständig erforscht ist, dass er aber wenig- stens in jener Gegend zuerst die wahre Bahn, um zur Wahrheit zu gelangen, betreten habe.
Verfolgt Herr Medovies den einmal betretenen Weg, und beherzigt er, was erfahrene Naturforscher in ihren Werken, und wir in diesem unparteiischen und aufrichtigen Urtheile gesagt haben, so zweifeln wir nieht, dass in wenigen Jahren die Natur- geschichte dieses so wichtigen Inseets völlig enthüllt sein würde, und dass man dann mit grösster Sicherheit wird angeben können, ob die Ausrottung möglich oder unmöglich, und welche Mittel dazu anzuwenden wären,
Hyrtl. Über die Wirbel ete. des Pseudopus Pallasi. 107
Wir wünschen aufrichtig, dass dem Herrn Doctor von seiner Regierung für die bereits gehabte Mühe die verdiente Anerkennung zu Theil werden möchte, und dass er durch Ausstattung mit den nöthigen Behelfen zu seinen weiteren Untersuchungen versehen werden möge, wozu vor Allem eine gute Handloupe und ein Mikro- skop unumgänglich nöthig sind.
Da übrigens in den Handbüchern der Naturgeschichte, so weit ich sie kenne, die neueren Erfahrungen über diese so wichtige Gattung der Inseeten noch nicht aufgenommen sind, so dürfte es nicht überflüssig sein, wenn die kaiserliche Akademie der Wissen- schaften die Herausgabe einer kleinen Broschüre, welcher eine Abbildung der verschiedenen Entwickelungsstände der bekannten Arten beigegeben wäre, zur Belehrung der von der Fliege heim- gesuchten Länder veranstalten wollte.
Erklärung der Abbildung.
Fig. 1. (Taf. I.) Simulium sericeum Meig.; eine mit der Gollu- batzer Mücke (Simulium reptans Linn.) nahe verwandte Art; 1. in natürlicher Grösse; 1 a. vergrössert.
Fig. 2. Ihre Larve in natürlicher Grösse; 2 a. vergrössert von der Seite angesehen; 2 b. die Rückenansicht.
Fig. 3. (Taf. II.) Der Kopf der Larve sehr stark vergrössert; 3a. (Taf. II.) die Seitenansicht davon mit dem zapfenför- migenFortsatze an der Brust; 3b. (Taf. 1l.) die Ansicht von oben; 3 ce. (Taf. III.) das hintere Ende der Larve mit dem Saugnapf, mittelst welchem sie an Pflanzen, Steinen u. s. w. im Wasser festsitzt.
Fig. 4. (Taf. I.) Die Puppen der Fliege in natürlicher Grösse im Gehäuse und ausser dem Gehäuse; 4 a. vergrössert.
Fig. 5. (Taf. I.) Die Puppe ausser dem Gehäuse.
Herr Professor Dr. Hyrtl übergab der Classe eine druckfer- tige Abhandlung mit Zeichnungen über die Wirbel und Lymph- herzen des Scheltopusik (Pseudopus Pallasi). Letztere weichen
1 N) 3 Schrötter. Über ein neues Normal-Barometer.
von der für die übrigen Ophidier geltenden Norm in so fern ab, als sie ihre Lymphe aus dem grossen Abdominalsinus mittelst eines, den Querfortsatz des einzigen Sacralwirbels durchbohrenden Ca- nales aufzunehmen, und in die Wurzel der Nabel-Vene treiben. — Der Herr Professor setzte den Inhalt dieser seiner Abhandlung in freiem Vortrage auseinander, und erläuterte denselben durch eine Zeichnung an der Tafel.
Professor Sehrötter erklärte eine von ihm erdachte neue Einrichtung des Barometers, durch welche es als Normal-Barometer dienen, und hinsichtlich der Sicherheit, Genauigkeit und Bequem- lichkeit der Ablesung des Barometerstandes mit allen bis jetzt versuchten Construetionen mit Vortheil in die Schranken treten kann, dabei aber nur halb so hoch zu stehen kommt, als das bis jetzt für das vorzügliehste Instrument dieser Art gehaltene Pistor’sche Normal-Barometer. Das Wesen der neuen Einrichtung besteht darin, dass von der oberen Kuppe der Barometerröhre im Innern des leeren Raumes eine Glasspitze herabgeht, welehe mit der Oberfläche des Quecksilbers durch Heben oder Senken der Röhre bei fixstehendem Gefässe in Berührung gebracht wird. Eine zweite Spitze geht von dem Deckel des Gefässes herab, und die Oberfläche des Quecksilbers darin wird auf die gewöhnliche Weise mittelst einer Bodenschraube gestellt. Das Barometerrohr ist am oberen Theile so weit, dass aller Capillar-Einfluss wegfällt. Zur feinen Verschiebung der Röhre dient eine Mikrometer-Schraube, und die Scale an der Röhre gibt den Barometerstand. Das Instru- ment, welches der Herr Professor vorzeigte, ist von dem ausge- zeichneten Künstler Herrn Kappeller in Wien auf das trefflichste ausgeführt.
Auf Antrag des Secretärs beschliesst die Classe den Ankauf dieses Instrumentes. Preis 75 Gulden.
Herr Bergrath Haidinger überreicht den Mitgliedern der Classe Exemplare eines in französischer Sprache gedruckten Send- schreibens des Herrn v. Morlot an Herın Elie de Beaumont und begleitet dasselbe mit folgendem Vortrage;
Haidinger übergibt Morlot’s Sendschreiben an Elie de Beaumont. 109
Es sei mir erlaubt, einige Worte über den Inhalt dieses Send- schreibens, und den Theil, welehen Herr v. Morlot darin meinen Ansichten angewiesen hat, kürzlich beizufügen. Der Gegenstand desselben ist die Bildung des Dolomits an der Stelle von früheren Kalkstein-Schichten durch den allmählichen Vorgang der Gebirgs- Metamorphose. Arduin hatte sie gemuthmasst, Leopold von Buch als unabweislich erkannt, und zur Erklärung des Vorgangs den Einfluss des Augitporphyrs und eine mögliche Verflüchtigung der Talkerde in Dämpfen angenommen. Elie de Beaumont hatte berechnet, dass, wenn in einem gewissen Raume ein Doppel-Atom Kalkstein (2Ca ©) durch ein Atom Dolomit (CaC + Mg) ersetzt wird, wegen des grösseren specifischen Gewichtes des Ganzen bei einem niedrigeren Atomgewicht der Talkerde eine Quantität von Drusen-Hohlräumen — 12 Procent des ganzen Volums übrig bleiben muss. Herr v. Morlot fand durch unmittelbare Untersuchung eines von ihm selbst am Prediel gesammelten Dolomites 12.9 Procent, ganz nahe übereinstimmend mit der Theorie. Ohne Zweifel wurde daher das ausgeschiedene Kalktheilchen nicht nur durch Magnesia ersetzt, sondern auch fortgeschafft. Hier ist es nun, wo Herr v. Morlot ganz in die Voraussetzung eingeht, welche ich bereits vor einiger Zeit der Erklärung zum Grunde legte, nämlich, dass bei dem vermehrten Drucke und etwas erhöhter Temperatur die Gebirgsfeuchtigkeit mit schwefelsaurer Magnesia beladen den Kalk- stein in Dolomit verwandelte, während Gyps ausgeschieden wurde. Gerade das Entgegengesetzte geschieht bei der gewöhnlichen Tem- peratur und Pressung der Atmosphäre. Eine Auflösung von Gyps durch Dolomit-Pulver filtrirt gibt Bittersalz und lässt kohlensauren Kalk zurück. Auch dafür indessen hat die Natur ihre Belege, und zwar vollendet in den sogenannten Rauchwacken. Aber mit den- selben findet sich nur Eisenoxydhydrat, während mit dem Dolomit Eisenoxyd und Schwefeleisen vorkommen, also gerade die elektro- chemischen Gegensätze des oxydirten und redueirten. Es war wün- schenswerth, die Zerlegung in dem letzteren Sinne zu beweisen, und dies gelang vollkommen in einem Versuche, den ich veranlasste, den aber Herr v. Morlot ausgeführt hat 1). Gleiche Proportion von
1) A. v. Morlot. Über Dolomit u. s. w. Naturwissenschaftliche Abhandlungen I. S. 305.
110 Russegger. Über geologische
Bittersalz und kohlensaurem Kalke wurde in einer zugeschmolzenen Glasröhre, die Herr v. Morlot wieder in einen Flintenlauf ein- schloss, einer Temperatur von 200° ausgesetzt. Die Zerlegung war vollständig, zu Gyps oder Anhydrit, und zu Dolomit, der wie der natürliche, nur schwach mit Säure brauste.
Wenn nun aber dieser Inhalt des Sendschreibens sich um die. Ansichten bewegt, zu denen ich selbst in dem Verfolge meiner Untersuchungen gelangt bin, und wenn ich mich insbesondere gegen den Verfasser desselben verpflichtet fühlen muss, der den ganzen Vorgang in seiner Wichtigkeit für die Theorie der Gebirgs- bildung mit Feuer erfasst und glänzend durchgeführt hat, so würde es doch sehr unrecht von mir sein, wenn ich nicht die Gelegenheit benützte, um anzuerkennen, dass man die Führung des letzten Beweises seiner aufmerksamen und beharrlichen Arbeit verdankt, so wie dass er auch in der Natur mit den theoretisch gewonnenen Wahrheiten die Erscheinungen aufmerksam verglich. Nicht ein einfaches Wiederholen ist es also, sondern das Resultat eigener Arbeit, welches ihn in den Stand setzen konnte, den schönen Abriss dieses interessanten Capitels der Gesteinbildung in dem Send- schreiben zu geben. Aber